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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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»Was ist denn das? Schauen Sie, die Kabel sind ja alle angeschlossen, Sir. Das ist gefährlich. Damit kann man das Haus abbrennen.« Er schüttelte den Kopf.
    »Wahrscheinlich«, sagte Jury und betrachtete die bunten Bilder, die auf dem Fernseher herumzappelten. Irgendein Zeichentrickfilm lief.
    »Du stehst im Weg, Kumpel«, sagte eine weibliche Stimme vom anderen Ende des Zimmers. Unter einem Dutzend verstreuter Kissen lümmelte sich die Gestalt auf dem Sofa. Ihr rotes Haar glühte, als sei auch ihr Kopf an elektrische Kabel angeschlossen.
    Jury lächelte. »Beatrice Slocum, hab ich recht? Ich bin von der Kripo, Scotland Yard.«
    Bea Slocum versuchte einen auf gelangweilt zu machen, als gelte ihr Interesse lediglich den Trickfilmfiguren. Kichernd schlug sie die Hand vor den Mund. Es war beinah so, als spräche man mit Carole-anne Palutski.
    »Ich bin Richard Jury, das ist Sergeant Wiggins, Scotland -«
    »Gut, aber das sind Ren und Stimpy, also trollt euch.« Ihr Haar hatte eine wunderschöne bläulichschwärzlich-rötliche Farbe wie auf einem Werbeplakat, sah aber gefärbt aus, auberginenfarben, und ihr hübsches Gesicht war von den Regenbogenfarben des Lidschattens verunziert - ein halbes Dutzend Töne konkurrierten miteinander. Sie sah sanft und verdrießlich aus und hatte den Mund leicht nach unten verzogen, ein Zeichen, daß sie in zehn Jahren vielleicht hart und zynisch sein würde. Sie trug eine Art kugelsichere grüne Weste und abgesäbelte Jeans, und ihre Füße steckten in schweren kurzen Stiefeln. Mit der Fernbedienung in der Hand stellte sie die Lautstärke höher, woraufhin, von den Geräuschen ihres Lieblingstrickfilms angelockt, etliche Cripps-Sprößlinge aus der Küche angerannt kamen und Wiggins fast umstießen. Blitzschnell verteilten sie sich auf dem Boden und fingen sofort an, sich gegenseitig zu knuffen und zu kneifen.
    Durch den Fernsehlärm hub Jury an: »Wenn Ren und Stumpy vielleicht -«
    »Stimpy, Sir«, korrigierte Wiggins ihn. »Das ist der Hit im Moment.«
    Für Wiggins auch, danach zu urteilen, wie eifrig er auf den Bildschirm starrte. »Setzen Sie sich aber nicht auch noch auf den Boden, Sergeant.«
    Ren (oder Stimpy) sah aus wie ein langgezogenes Karamelbonbon mit Zähnen. Die anderen sahen aus wie etwas, das Picasso weggeworfen hatte. Sie schienen ihre Zeit damit zu verbringen, blutrünstig zu schreien oder sich zu bemühen, alles in ihrer Reichweite zu zerstören. Mit den typischen tausend ausgeklügelten Boshaftigkeiten von Trickfilmfiguren purzelten sie zeternd und kreischend durch die Gegend. Niemand schenkte Scotland Yard auch nur die geringste Aufmerksamkeit, nicht einmal sein eigener Sergeant.
    Ren und Stimpy waren natürlich sehr inspirierend für den Crippsschen Nachwuchs. Als Ren (oder Stim-py) Stimpy (oder Ren) würgte, schickte sich der ältere Junge mit der Stachelfrisur an, seiner kleinen Schwester das gleiche anzutun. Er schüttelte sie wie eine Lumpenpuppe, bis Jury ihn am Schlafittchen packte und wegzog. Wenn es denn eine Regel gab, an die sich die Jungs der Familie hielten, dann die, sich nie mit jemandem anzulegen, der so alt, so groß oder vom selben Geschlecht war wie man selbst. So reduzierte man die Gefahr, sich weh zu tun. Daß die Kinder sich in den letzten zehn Jahren scheinbar nicht verändert hatten, lag natürlich an einer optischen Täuschung. Die großen waren weg, und es waren immer neue nachgewachsen. Wenn es sich bei dem halbwüchsigen Knaben dort drüben um Friendly handelte, war er um einiges größer, hatte aber immer noch den verschlagenen, durchtriebenen Blick, den er schon zur Perfektion gebracht hatte, als er sieben oder acht gewesen war. Ja, das mußte Friendly sein, dachte Jury, der Art nach zu urteilen, wie er sich mit der Hand zwischen die Beine fuhr. Vielleicht steckte diese Bewegung den Cripps aber auch in den Genen. Ein Blick auf den Vater genügte.
    »He, Mister, ham Se mal zehn Pence? Na, mach'n Se schon!«
    Eins der kleineren Mädchen zerrte mit einer Hand, an der die Spuren eines Abendessens aus Kartoffelbrei und Ketchup klebten, an seinem Ärmel. Ihre Dreistigkeit ermutigte auch die anderen, Forderungen herauszukreischen.
    »Halt die Klappe, Alice!« Zwar kein Machtwort, aber doch ein Wort von White Ellie. Mit zwei angeschlagenen Bechern Tee kam sie ins Wohnzimmer zurückgestampft. Sie hielt sie Jury und Wiggins entgegen. »Prost!«
    Jurys Dankeschöns gingen in dem Getöse unter, das Alice, Petey und das Baby verursachten, welch

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