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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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hermarschieren und ihm ins Gesicht sagen können, wie allein er war.
    'tschuldigung, Kumpel. Du bist in Bethnal Green, nicht auf dem dämlichen Land. Hier gibt's kein behagliches Feuerchen im Kamin mit 'nem schnarchenden alten Köter davor. Hier ist Bethnal Green, alter Junge, schreib dir das hinter die Ohren. Sei schlau, halt dich an das, was du kennst, und denk nicht soviel, capito?
    Aber Melrose lief weiter, und der Regen ließ nach, verwandelte sich wieder in den Gazenebel, vielleicht war er auch müde von seinem Zornesausbruch. Melrose blieb stehen, um zu lauschen, hörte nichts, ging weiter. Er wußte nicht genau, wo er war, und war zu traurig, als daß es ihn gekümmert hätte.
    Er kam in eine kleine Sackgasse vor eine kahle Mauer, die mit einem uralten Plakat dekoriert war, einer Reklame für Rowntree's Kakao. Und wie alles, was an dem Tag geschehen war, brachte ihm das wieder die Vergangenheit vor Augen. Da gibt's kein Entrinnen, Kumpel.
    Melrose senkte den Kopf, als könne er durch eine Geste der Demut Traurigkeit und Bedauern verscheuchen. Aber er wußte ja nicht einmal, wo diese Gefühle entsprangen. Als er das verblaßte, vollgekritzelte, abblätternde Plakat betrachtete, kam ihm eine Gedichtstrophe aus seiner Kindheit in den Sinn. Er war überrascht.
    Der Bettelmann wird vollgespritzt,
    Ein Spritzer Schlamm, mehr nicht.
    Der Kakaoverkäufer kann nichts sehn,
    An der Brandmauer in Bethnal Green.
ZWEITER TEIL
Sonnenuntergang Santa Fe
24
    Jury saß auf der Dachterrasse des Hotels La Fonda und sah, wie sich das Sonnenlicht auf den Westhängen der Sangre de Cristo Mountains spiegelte. Tief atmete er die schwerelose, trockene Luft New Mexicos ein. Der goldene Streifen wurde breiter, diffuser, rosagold, noch breiter und dann tief orangerot.
    Er war zu sehr an die trostlose, oft eisige Dämmerung in London gewöhnt, wo keine Farbe existierte und das Licht prosaisch war. In London diente das Licht nützlichen Zwecken, um sechs, sieben erschien es vor seinem Fenster und sagte ihm, Zeit, zur Victoria Street zu gehen, und am Ende des Tages erstarb es und sagte ihm, er solle mal lieber die Taschenlampe mitnehmen.
    Jury saß mit Jack Onate auf der Dachterrasse, dem Polizisten aus Santa Fe, der ihm den Namen der Bergkette genannt hatte. Insgesamt gebe es dreiundsiebzig Gebirgszüge, erzählte er, und er habe die Namen als Kind in der Schule auswendig lernen müssen, sie aber mittlerweile vergessen. Von der nördlichen Kette wußte er nur noch die Sangre-de-Cristo-Berge dort drüben, die Sandias, die Jemez, die Ortiz - die bekannteren eben -, vielleicht noch ein paar mehr.
    Jury war in einem Mietauto die fünfzig Meilen vom Flughafen in Albuquerque hierhergefahren, durch eine Wildnis von silbernem Beifuß und Pappeln, ein Land, übersät mit dunkelgrünen Nußpinien und Wacholdersträuchern. Er hatte sicher schon schönere Landschaften gesehen - den Lake District, die Hebriden -, aber diese hier war die unirdischste. Sie sah völlig unwirklich aus. Auf den Nummernschildern der vorbeifahrenden Autos stand »Land of Enchantment«, magisches Land. Das paßte.
    Mit weiteren Gästen, die der Februarkälte trotzten, um den Sonnenuntergang zu genießen, saßen Jury und Jack Onate , Bierflasche in der Hand, auf Klappstühlen und starrten auf die Sangre de Cristos. Jury erkundigte sich, ob und wo es schneite.
    »Auf manchen Bergen schmilzt der Schnee nie ganz weg«, sagte Jack. »Ich gehe öfter in die San Juans campen, und wenn man dort im Schnee gräbt, stößt man auf Eis. Gletscherschnee, sage ich immer.«
    »Wie weit sind die entfernt?« fragte Jury und betrachtete die Bergkette mit zusammengekniffenen Augen.
    »Keine Ahnung, vielleicht zwanzig Meilen.«
    »Sie sehen so nah aus.«
    »Hier sehen dreißig, vierzig Meilen aus, als könnte man sie zu Fuß zurücklegen. Das liegt an der Luft. Die ist so klar.«
    Sie schwiegen und sahen zu, wie die Sonne unterging. Dann schlug Jack Onate mit dem Seufzer »Zurück zum Geschäftlichen« einen der Ordner auf, die er in seiner abgewetzten Aktentasche mitgebracht hatte.
    »Also, Angela Hope.« Oñate hatte den gelbbraunen Ordner offen auf den Knien liegen und las den Namen von einem Blatt Papier ab. Er trank einen Schluck Bier und stellte die Flasche auf den Zementboden. »Zweiunddreißig Jahre, eins achtundsechzig, braune Augen, dunkelbraunes Haar. Angela Hope hatte einen kleinen Kunstgewerbeladen drüben in der Canyon Road. Wo Hinz und Kunz kleine Kunstgewerbeläden haben. Sie

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