Blinder Hass
sich gut an.«
»Wo wirst du sein?«, fragte Stryker Virgil.
»Ich werd in meinem Truck sitzen, hinter Jane’s Nagelstudio. Ich möchte mich gern etwas abseits im Dunkeln aufhalten, aber ich muss andererseits auch im Bereich des Senders bleiben, um das Treffen überwachen zu können.«
»Ich hab noch ein paar Fragen«, sagte Brooks.
»Okay«, sagte Virgil. »Dann besprechen wir jetzt die Einzelheiten. Aber wir müssen eine Stunde, bevor Jesse sich mit Williamson trifft, an Ort und Stelle sein. Das heißt um neun. Williamson ist zurzeit in seinem Büro. Wir dürfen ihn nicht verlieren …« Er trat an eine Karte von Bluestem, die hinter Strykers Schreibtisch an der Wand hing, und tippte auf zwei Straßenecken. »Ich denke, dass Stryker und Jensen hier und da sein sollten, um die Vorderund die Hintertür des Zeitungsgebäudes im Auge zu behalten.«
Als er mit seinen Ausführungen fertig war, fragte Carr: »Was ist, wenn Todd gar nichts macht? Fahren wir dann einfach nach Hause?«
»Nein. Wir werden ihn so sehr unter Druck setzen, dass er nicht wollen wird, dass Jesse Laymon mit mir spricht. Ich glaube, dass er handeln muss. Wenn Williamson nach Hause geht oder zurück in sein Büro oder sonst wohin, nachdem Jesse losgefahren ist, werden wir ihn weiter beobachten. Zumindest diese Nacht. Und nur für den Fall, dass er es trotzdem schafft, sich fortzuschleichen, möchte ich, dass Padgett und Brooks diese Nacht bei Jesse bleiben.« Er nickte den beiden Männern zu. »Wenn nichts passiert, komme ich morgen früh ebenfalls dorthin und bringe Jesse zurück in ihr Versteck. Unterwegs überleg ich mir dann was Neues.«
»Scheint mir alles ein bisschen auf wackligen Beinen zu stehen«, sagte Brooks.
»Auf sehr wackligen sogar«, erwiderte Virgil. »Aber ehrlich gesagt, mit dem, was ich jetzt habe, glaube ich nicht, dass wir genug für eine Verurteilung haben. Er würde ungestraft davonkommen, es sei denn, er bringt noch jemanden um und wird dabei erwischt. Wir müssen diesen Versuch wagen.«
»Hab ja nichts dagegen«, meinte Brooks. »Wollt’s nur sagen.«
»Ich hab’s verstanden«, sagte Virgil. »Und es beunruhigt mich noch mehr als Sie.«
»Und wenn er’s nun wirklich nicht getan hat?«, fragte Jensen.
Virgil lächelte. Auf diese Frage hatte er gewartet. »Das wär fast genauso gut. Wenn wir ihn als Täter ausschließen können, werd ich vermutlich folgern können, mit wem wir es tatsächlich zu tun haben. Wir kennen nämlich schon eine Menge Details«, sagte Virgil.
»Was für Details?«, fragte Stryker.
Virgil zuckte mit den Schultern. »Ich hab mir’ne ganze Reihe Notizen gemacht. Kleinkram. Zeig ich dir später.«
Sie gingen alles noch einmal durch, aber es war nicht so kompliziert, und um Viertel vor neun waren sie damit fertig. Alle waren voller Tatendrang. Um neun rief Virgil aus seinem Truck Jesse an. »Bist du bereit?«
»Ja. Ich bin bloß ein bisschen nervös.«
»Das ist gut, das solltest du auch sein. Wir überwachen das Lokal bereits«, sagte Virgil. »Margo Carr wird draußen sitzen, und zwar so nah, dass sie sofort bei dir sein kann, wenn du schreist. Und sie ist bewaffnet. Ich bin nur fünf Sekunden entfernt an der Ecke bei dem Sherwin-Williams-Farbenladen. Vergiss nicht, den Sender zu kontrollieren. Wenn du dich dem Lokal näherst, rufst du mich auf deinem Handy an, damit wir Margo losschicken können, und wenn du in die Dairy Queen reingehst, schalt den Sender ein. Ich sorge dafür, dass dir beim Reingehen nichts passiert. Steig nicht aus dem Truck, bevor ich dir das Okay gebe.«
»Okay. Ich fahr hier Punkt halb zehn los.«
»Bleib mit mir in Verbindung«, sagte Virgil. »Du hast ja meine Handynummer. Ruf mich an, wenn irgendwas ist.«
Um zehn nach neun hockte Virgil zwischen zwei Recyclingtonnen aus Plastik und der Rückwand von Jane’s Nagelstudio, in einem Ohr einen Stöpsel von seinem Handy, im anderen den vom Polizeifunkgerät. Stryker meldete sich. »Alles klar, ich hab Williamson gesehen. Er ist im Büro. Konnte seinen Kopf deutlich im Fenster erkennen.«
»Sein Haus ist dunkel«, meldete sich Jensen. »Ich geh jetzt zum Judd-Gebäude und werfe einen Blick in die Gasse dahinter.«
Eine Minute später. »Ich bin jetzt an der Gasse. Sein Van steht da.«
Nach einer weiteren Minute meldete sich Stryker erneut. »Hab ihn wieder gesehen. Er arbeitet.«
Stryker sah ihn noch zweimal, während sich der Zeiger der Uhr im Schneckentempo auf halb zehn
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