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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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von diesen großen dünnen Typen, sonnenverbrannt mit trockenen, rotblonden Haaren, Jeans, Cowboystiefeln und Sonnenbrille. Sie schüttelten sich die Hand, und Jensen fragte: »Ist Ihnen drinnen irgendwas aufgefallen?«
    »Nein. Ich würd aber gern noch mal wiederkommen und die Aktenschränke durchgehen.«
    »Können Sie gern machen.« Jensen drehte sich um und winkte dem Mann im nächsten Garten zu, und dieser winkte zurück. »Das ist der Kerl, der Sie verpfiffen hat.«
    »Zu dumm, dass er nicht in der Nacht, als die Gleasons ermordet wurden, auf Beobachtungsposten gewesen ist«, sagte Virgil.
    »Da haben Sie recht.«
    Jensen war ganz umgänglich, ging mit ihm ins Haus und erklärte ihm, wie sich seiner Meinung nach die Morde abgespielt hatten. Seine Rekonstruktion der Tat stimmte mit der von Virgil überein. Sie sahen sich den Rest des Hauses an, einschließlich des Kellers, und auf dem Weg nach oben sagte Jensen: »Ich hab das Gefühl …« Er zögerte.
    »Ja?«
    »Ich hab das Gefühl, dass wir es hier mit etwas zu tun haben, was lange vor sich hin geschmort hat. Ich bin alle geschäftlichen Transaktionen durchgegangen, die die Gleasons in den letzten zehn Jahren getätigt haben, hab mit jedem einzelnen Menschen gesprochen, den sie gekannt haben, hab die Kinder und deren Ehepartner befragt. Ich hab das Gefühl, dass das hier auf etwas zurückgeht, von dem wir nichts wissen. Ich meine, Russell war Arzt. Wenn er nun irgendjemandem was Schlimmes angetan hat? Sie wissen schon, ein ärztlicher Kunstfehler zum Beispiel. Wenn vielleicht vor vielen Jahren jemand durch seine Schuld ums Leben gekommen ist oder wenn er versäumt hat, jemanden zu retten, die Frau oder den Vater von irgendjemandem, und derjenige hat all die Jahre seinen Zorn in sich hineingefressen und ist jetzt ausgerastet? Ich meine, Russell hat in seiner beruflichen Laufbahn mit vielen Todesfällen zu tun gehabt, er war nämlich jahrelang Coroner des County. Wenn das hier nun auf etwas zurückgeht, das einfach … passiert ist? So wie es allen Ärzten passiert.«
    Virgil nickte. »Das ist aber ein riesiger Bereich.«
    Jensen nickte. »Als ich genauer darüber nachgedacht habe, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass dann jeder im County verdächtig sein könnte. Also hat es keinen Sinn.«
    »Ich möchte Sie was fragen, aber nehmen Sie’s mir bitte nicht übel«, sagte Virgil.
    »Fragen Sie ruhig.«
    »Hat Ihr Sheriffbüro je.357er ausgegeben? An die Deputys?«
    »Ja, die Frage ist allerdings wirklich nicht sehr nett«, sagte Jensen. »Solche Waffen wurden ausgegeben, aber vor vielen Jahren. Wir haben zu Hochleistungswaffen Kaliber.40 gewechselt, als das FBI das getan hat.«
    »Was ist aus den.357ern geworden?«
    »Das war vor meiner Zeit. Soweit ich weiß, hat man den Kollegen erlaubt, sie zu einem ermäßigten Preis zu kaufen. Einige haben das gemacht, andere nicht. Ehrlich gesagt, ein paar Waffen sind verschwunden, und wir haben keine Ahnung wohin. Damals wurde nicht so genau Buch darüber geführt, wie das eigentlich hätte sein sollen. Das war unter dem vorletzten Sheriff, also hat Jim nichts damit zu tun.«
    »Aber Sie haben daran gedacht«, sagte Virgil.
    »Klar.«
     
    Sie redeten noch eine Viertelstunde, und Jensen erzählte, dass er gerade dabei sei, die medizinischen Unterlagen bei den Ärzten durchzusehen, die Gleasons Praxis übernommen hatten, und auch die Unterlagen im regionalen Krankenhaus. »Da ist es irgendwo begraben. Vielleicht hat derselbe Kerl auch Bill Judd umgebracht, wenn Judd tatsächlich tot ist. Er und Gleason waren fast genau im gleichen Alter, deshalb muss da irgendeine Verbindung bestehen. Vielleicht sitzt der Killer irgendwo in der Nähe und plant bereits den nächsten Mord.«
    »Den Hinweis hätten Sie sich allerdings auch sparen können«, sagte Virgil.
     
    Virgil fuhr hinter Jensen her zurück in die Stadt, ihre Wege trennten sich jedoch, als Jensen Richtung Norden zum Gerichtsgebäude abbog. Der Mann an der Motelrezeption hatte ihm zwei Lokale zum Mittagessen empfohlen, Ernhardt’s Café und Johnnie’s Pizza, beide auf der Main Street. Virgil beschloss, Ernhardt’s auszuprobieren, weil er für ein italienisches Essen nicht hungrig genug war.
    Das Café entpuppte sich als Mischung aus deutschem Feinkostladen und Bäckerei. Kalter Aufschnitt, frisch gebackenes Kartoffelbrot, Gurken und Sauerkraut. Virgil nahm Roastbeef auf Roggenbrot mit Körnersenf, eine Gurke und ein halbes Pfund goldgelben Kartoffelsalat und trug

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