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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Bergkamms, lief auf den Bergkamm zu, weg von ihnen. Er zog den Kopf wieder zurück, stand auf, ging um die Ecke, stützte sich am Felsen ab, zielte mit der Pistole gut anderthalb Meter zu hoch und begann den Abzug zu drücken. Zählte sieben Schüsse. Er hatte keine Ahnung, welchen Höhenausgleich er auf vierhundert Meter brauchte, aber es musste ziemlich viel sein, da die Pistole auf hundert Meter etwa zwölf Zentimeter zu tief schoss.
    Falls er etwas traf, wofür die Chancen verschwindend gering waren, war das prima. Doch in erster Linie wollte er, dass dem Kerl ein paar Kugeln wie Bienen um die Ohren schwirrten.
    Denn der Typ konnte auf gar keinen Fall das Risiko eingehen, getroffen zu werden, dachte er. Wenn er getroffen wurde oder wenn er auch nur gesehen wurde, war er erledigt …
     
    Also: Pattsituation. Virgil war unten am Pool und hatte keine Möglichkeit, den Kerl zu verfolgen. Aber er war außerdem bewaffnet und wachsam, und in dem Felsengewirr hier würde er nur schwer zu erwischen sein.
    Virgil stand dicht an der Felswand, bereit, in Deckung zu gehen, und beobachtete und beobachtete und sah nichts mehr. »Unter Wasser, genau wie ich, und in die Nische«, rief er Joan schließlich zu. »Er ist nicht mehr da, aber geh kein Risiko ein. Komm schnell hierher.«
    Sie nickte, stieß sich hinab und tauchte wenige Sekunden später wieder auf, kraulte zur Nische, kletterte über die Felskante und stand dann neben ihm.
    »Was nun?« Sie zitterte, war viel zu lange im kalten Wasser gewesen.
    »Ich beobachte das jetzt noch ein paar Minuten, dann schnapp ich mir unsere Klamotten.«
    »Virgil …«
    »Ich bin mir neunundneunzigprozentig sicher, dass er weg ist. Er kann sich nicht erlauben, gesehen zu werden. Dieses Gewehr konnte man eine Meile weit hören, oder sogar noch weiter, und es ist keine Jagdsaison. Er musste sehen, dass er wegkam.«
    »Fährt wahrscheinlich direkt nach Norden Richtung Holman. Da ist nichts, bevor man auf den Highway 7 kommt. Und wenn er erst mal auf dem Siebener ist, ist sein Auto nur eins unter vielen.«
    »Dann wird es wohl so sein«, sagte Virgil, stieß sich von der Wand ab, schnappte sich die Klamotten und kam zurück. Er reichte ihr BH und Bluse, dann drückte er sie gegen die Wand und küsste sie. »Macht mich immer ganz geil, wenn man auf mich schießt.«
    »Und dein Penis ist etwa anderthalb Zentimeter lang. Das passiert in kaltem Wasser immer. Irgendwie tragisch, findest du nicht?«
    Virgil blickte an sich hinab. »Das war nicht das kalte Wasser, Schätzchen. Das war schlicht und einfach Angst.« Er trat etwas zurück und blickte den Hügel hinauf. »Wenn er cool gewesen wäre, hätte er sich nah ranschleichen können, als wir im Tümpel rumgespielt haben, und peng! Er hätte uns beide erwischen können.«
    Sie löste sich von der Wand. »Warum hat er es dann nicht getan?«, fragte sie.
    »Er hatte es vielleicht vor, aber dann hat er sich die Sache vorher mit dem Fernrohr angesehen. Dabei hab ich ihn entdeckt. Ich glaube, er wollte warten, bis wir aus dem Wasser waren, damit er uns voll im Visier hatte, aber er ist ungeduldig geworden und hat angefangen, uns zu beobachten …«
    Während sie redeten, zogen sie sich an. Als sie fertig waren, sagte Virgil: »Ich geh unser Zeug holen.«
    »Scheiß auf das Zeug«, erwiderte sie.
    »Er ist weg«, sagte Virgil. »Er ist weg, aber wir halten uns trotzdem dicht an der Wand. Wenn er uns doch noch irgendwo auflauert, dann an der Stelle, wo wir aus der Schlucht kommen.«
     
    Virgil preschte wieder vor, schnappte sich das Essen und sprang zurück. Dann noch einmal, um Joans Matchbeutel zu holen, und wieder zurück. Er war nie länger als eine Sekunde ungedeckt. Zwar Zeit genug für einen schnellen Schuss, aber keinen guten, es sei denn, der Schütze könnte die Bewegung vorhersehen.
    Als sie bereit waren, sagte Virgil: »Quetsch dich dicht an der Wand entlang, und wenn wir ins Freie müssen, mach schnell. Einer nach dem anderen. Du zuerst.«
    Nachdem sie etwa fünfzehn Meter in die Schlucht gegangen waren, fühlten sie sich sicher. Sie blieben stehen, und Joan nahm den Quilt, um Virgil das Blut aus dem Gesicht zu wischen. »Du hast fünf kleine Schnittwunden.« Sie fuhr mit dem Zeigefinger über die Verletzungen an Schläfe und Wange. »Ich glaub nicht, dass das genäht werden muss, aber du könntest ein paar Pflaster vertragen.«
    »Hab ich im Auto.«
    An der Öffnung der Schlucht, dem idealen Punkt für einen Hinterhalt, hockten sie sich

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