Blinder Hass
drückte eine Taste. »Habt ihr ihn?«, fragte er kurz darauf, hörte einen Moment zu, dann sagte er: »Bleiben Sie, wo Sie sind. Er hat die Benzinkanister also nicht aus dem Truck genommen?« Er hörte noch einen Augenblick zu. »Rufen Sie mich an«, sagte er schließlich. Zu Stryker: »Er ist vor einer Dreiviertelstunde zu Hause angekommen. Hat keine Garage. Hat den Truck irgendwo geparkt.«
»Er hat ein kaputtes Rücklicht«, sagte Virgil. »Sie könnten ihn wegen eines Verkehrsdelikts anhalten und einen Cop die Benzinkanister überprüfen lassen … Ist zwar ein bisschen dürftig, aber stichhaltig.«
»Was für ein glücklicher Zufall - die Sache mit dem Rücklicht«, sagte einer der Agenten.
Am Ende der Besprechung sagte Pirelli: »Okay, wir möchten, dass Sie sich beide heute freinehmen. Genießen Sie den Samstagnachmittag und auch den Sonntag. Ich rufe Sie am Montag an. Oder am Dienstag.«
»Montag«, sagte Virgil. »Oder Dienstag. Es wird ein Sioux-Indianer nach Madison, South Dakota, fahren, und dort wird sein Auto eine Panne haben. Er wird eine Weile dort bleiben, diese Fabrik beobachten und sich mit den Einheimischen unterhalten. Derweil heften wir uns wie der Teufel an die Fersen von Dale Donald Evans. Wenn es so ist, wie Sie meinen, rufen wir Sie an. Wir wissen die Hilfe von lokalen Behörden zu schätzen, und wenn wir uns diesen Reverend Feur schnappen, werden Sie dabei sein.«
Stryker schlug sich auf die Schenkel. »Ist doch ein Deal«, sagte er. Und an Virgil gewandt: »Klingt das für dich auch nach einem Deal?«
»Ist für mich okay, wenn alle anderen auch zufrieden sind«, sagte Virgil.
Darauf einer der Agenten zu Virgil: »Wissen Sie, die Musik von Modest Mouse klingt doch irgendwie schwul .«
FÜNFZEHN
»Ich will dich ja nicht frusten, aber ich glaube nicht, dass Feur Schmidt oder die Gleasons umgebracht hat«, sagte Virgil auf der Rückfahrt nach Bluestem. »Judd vielleicht schon, wobei ihm das mit den Gleasons wohl ganz gelegen kam.«
»Das frustet mich aber«, sagte Stryker
»Die Sache ist die, das mit den Gleasons und den Schmidts, das hat etwas Wahnsinniges an sich.«
Stryker: »Ich möchte dir ein Geheimnis verraten, Virgil. George Feur besteht zu hundert Prozent aus reiner erstklassiger Fledermausscheiße.«
»Aber in ganz anderer Hinsicht«, sagte Virgil. »Wenn wir in Bezug auf ihn recht haben, wenn die tatsächlich in dieser Äthanol-Fabrik große Mengen Meth herstellen, dann ist er ein Typ, der an Organisation, Netzwerke und Verschwörungen glaubt. Er richtet Scheinfirmen ein. Er treibt das Startkapital auf. Der Mann, der die Gleasons und die Schmidts getötet hat - dieser Mann glaubt an Chaos und Zerstörung. Er hält sich für das einzige wahre Wesen in einem Heer von Marionetten.«
»Ach, Scheiße.« Stryker starrte aus dem Seitenfenster und sah zu, wie ein herrlicher Sommertag verstrich. »Ach, verfickt noch mal.«
»Apropos ficken, wie läuft’s denn mit Jesse?«
»Halt die Klappe.«
Als Erstes fuhren sie zum Haus von Chris Olafson, der Steuerberaterin. Stryker hämmerte drei bis vier Minuten mit Unterbrechungen gegen die Tür, bis sie schließlich im Morgenmantel öffnete. »Kommt rein. Ich war gerade eingeschlafen.«
»Wir sind überhaupt noch nicht zum Schlafen gekommen«, sagte Stryker. »Was haben Sie rausgefunden?«
Sie schüttelte den Kopf. »Junior ist geliefert.«
»Wie schlimm?«
»Sehr schlimm.« Sie hielt kurz inne und fuhr dann fort: »Junior hatte alles an steuerfreien Schenkungen erhalten, was ihm zustand, einen Betrag von etwa zwei Millionen Dollar. Das bedeutet, dass das gesamte Vermögen versteuert werden müsste. Doch das Gesamtvermögen war niedriger als allgemein erwartet, nämlich etwas mehr als sechs Millionen, und darin waren die Darlehen an Junior als ›Vermögenswerte‹ in Höhe von zwei Millionen enthalten. Der Staat und die Bundesregierung werden etwa vier Millionen wollen. Das bedeutet, dass Junior nichts bekommt. Er braucht lediglich die Darlehen nicht zurückzuzahlen. Tatsache ist aber, wenn Jesse Laymon die Hälfte von dem Vermögen zusteht, dann schuldet Junior ihr eine Million. Wenn man seine Einkünfte aus den Subway-Läden für bare Münze nimmt, könnte er das so gerade schaffen. Allerdings …«
»Allerdings …«, wiederholte Stryker.
»Wenn man sich die Steuererklärungen ansieht, scheint alles okay zu sein. Aber ich weiß, was man mit einem Fastfood-Laden verdient, weil ich die Steuerklärungen für alle
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