Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
Ronnie zu sehen war. Wie viele große, langbeinige blonde Frauen konnte es hier geben? Im Grunde jede Menge, denn der Laden war gerammelt voll. Mist.
Offenbar zögerten wir zu lange mit dem Reingehen, denn der DJ beugte sich über seine Brüstung und rief herab: »Eintritt an der Theke.«
»Was?«, rief ich zurück.
Er schrie es noch einmal.
Ich nutzte die Gelegenheit und fragte, ob er die Musik leiser drehen könne. Lächelnd schüttelte er den Kopf und verschwand hinter der Brüstung. Ich wollte in die Tasche greifen, aber Nathaniel hielt meinen Arm fest und neigte sich dicht an mein Ohr. »Biete ihm kein Geld an. Er könnte sich beleidigt fühlen.«
»Als ob mich das interessiert«, rief ich in sein Ohr.
Nathaniel schmunzelte und rief: »Er könnte sie noch lauter machen.«
Ich sah ihn mit großen Augen an, nahm aber die Hand aus der Tasche. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich die Lautstärke noch steigern ließ, aber ich wollte das Schicksal nicht herausfordern.
Rechter Hand war die Tanzfläche und mehrere kleine Bühnen mit glänzenden Stangen in der Mitte, links ein Billardtisch und hier und dort ein paar kleine Tische, an denen man sitzen konnte. Die Toiletten waren sehr auffällig hinten an der linken Seite. Die der Herren hatte keine Tür, und man blickte direkt in die Kabinen, die ebenfalls keine Türen hatten. Das fand ich seltsam. An der Wand gegenüber dem Eingang befand sich natürlich die Bar.
Drei größere Frauengruppen drängten sich um die nächste Bühne, obwohl die gerade leer war, aber von diesen abgesehen, bestand die Kundschaft aus Männern. Es gab zwei blonde Frauen, die Ronnie ähnlich sahen, aber als sie sich umdrehten, war es mit der Ähnlichkeit vorbei. Eine entpuppte sich als Mann. Wenn ihm sein Äußeres nicht gefiel, konnte er es als Grausamkeit der Natur betrachten, denn er hätte eine schöne Frau abgegeben. Die Schulzeit musste für ihn die Hölle gewesen sein.
Micah ging mit uns, jeder an einem Arm, die kleine Treppe hinunter in den Saal. Wir bahnten uns einen Weg durch die gut gelaunten, zumeist betrunkenen Leute und gelangten schließlich zur Bar. Wir bezahlten den Eintritt und verständigten uns pantomimisch, denn die Theke war zu breit, als dass man sich hätte hinüberbeugen und dem Kassierer ins Ohr schreien können.
Ich versuchte, ihn nach Ronnie zu fragen, aber er schüttelte nur lächelnd den Kopf und hielt ein leeres Glas hoch, auf das er fragend zeigte. Ich schüttelte ebenfalls den Kopf. Schade, dass ich keine Blondine wie Ronnie hochhalten konnte, um fragend in den Saal zu deuten. Wir rückten von der Theke weg, um anderen Platz zu machen, die etwas bestellen wollten.
Ein Mann in lockeren Boxershorts und Socken kam hinter einem schwarzen Vorhang neben der Theke hervor. Dort gab es anscheinend Umkleideräume.
Wir drängten uns zusammen und ich rief: »Ich sehe mal in die Toilette.«
Micah und Nathaniel nickten, und wir machten uns auf den Weg an der Bar entlang zur Damentoilette, vor der ein großer Vorhang hing. Vielleicht um zu verbergen, dass die Damentoilette eine Tür hatte, damit sich die Herren nicht benachteiligt fühlten. Mitten im Raum gegenüber dem Waschbecken gab es eine Toilette ohne Kabine, aber sie hatte Wasser und schien zu funktionieren. An der Wand gab es zwei Kabinen. An einer hing ein Schild »außer Betrieb«. Vor der anderen standen Frauen Schlange. Keine davon war Ronnie. Die Wand zum Saal war offenbar dicker, als sie aussah, denn ich konnte meine eigene Stimme hören. »Ronnie, bist du da drin?«
Keine Antwort. Schließlich wandte ich mich an eine große Braunhaarige und sagte: »Meine Freundin hat mich angerufen, damit ich sie abhole. Sie ist einsdreiundsiebzig, blond, graue Augen, attraktiv und stark betrunken.«
Die Frau schüttelte den Kopf. Die Frau in der Toilettenkabine rief: »Das trifft auf jede Blondine zu, die wir heute Abend gesehen haben.«
Als ich hinausging, beschloss eine der Frauen, die Toilette in der Mitte zu benutzen. Na ja. Ich öffnete die Tür, und entweder war die Musik leiser gedreht worden oder ich hatte mich daran gewöhnt oder wurde allmählich taub.
Micah und Nathaniel standen da, wo ich sie zurückgelassen hatte, aber ein Mann hatte sich zu ihnen gestellt, den ich nicht kannte. Er war größer als sie, aber so schmächtig, dass er kleiner wirkte. Er hatte kurze braune Locken und trug ein T-Shirt, Shorts und Socken. Keine Schuhe. Interessant.
Sowie ich in Reichweite kam, nahm Nathaniel meine
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