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Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Titel: Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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werden irgendwann denken: Wäre ich nur dagewesen, dann wäre dies und jenes nicht passiert. Das ist Einbildung. Sie sind nur ein Mensch mit ein paar guten Fähigkeiten und gutem Urteilsvermögen. Versuchen Sie nicht, die Last der ganzen Welt auf Ihren Schultern zu tragen. Sonst gehen Sie daran zugrunde.«
    Ich sah hinauf in seine braunen Augen und sein Gesichtsausdruck verriet mir, dass er eine Erkenntnis an mich weitergab, zu der er selbst auf hartem Wege gelangt war. Eine andere Frau hätte vielleicht erwidert: Das klingt, als sprächen Sie aus Erfahrung. Aber ich arbeitete schon so lange mit Männern zusammen, dass ich wusste, wie ich mich zu benehmen hatte. Hudson öffnete sich, und das freiwillig. Er versuchte, mir zu helfen. Ihn auf etwas Persönliches anzusprechen, würde mich zur undankbaren Göre machen. »Ich war so lange die Einzige.«
    »Sind Sie allein in die Wohnung gegangen?«, fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Dann tun Sie nicht, als wäre es so gewesen. Haben Sie jemanden, der zu Hause auf Sie wartet?« Sein Ton war freundlicher als eben, als er mir gesagt hatte, ich solle nach Hause fahren.
    »Ja.«
    »Dann fahren Sie heim. Rufen Sie ihn von unterwegs an, damit er weiß, dass es jemand anderes ist, der den Einsatz nicht überlebt hat.« Die Namen der im Dienst ums Leben gekommenen Polizisten wurden erst an die Presse gegeben, wenn die Nachricht an die betroffenen Familien überbracht worden war. So lange standen alle Angehörigen von Polizisten, die gerade im Dienst waren, schreckliche Ängste aus. Alle warteten darauf, dass das Telefon klingelte oder, schlimmer noch, dass jemand an der Tür schellte. Niemand mit einem Polizeibeamten in der Familie wollte heute Nacht einen Kollegen auf seiner Türschwelle sehen.
    Ich dachte daran, wie ich Micah und Nathaniel auf dem Parkplatz zurückgelassen hatte. Wie ich ihnen gesagt hatte, sie sollten Ronnie nach Hause bringen. Dass ich mich nicht von ihnen verabschiedet, sie nicht mehr geküsst hatte. Meine Augen brannten, und ich hatte einen Kloß im Hals.
    Ich nickte, vielleicht ein bisschen zu hastig. Dafür war meine Stimme nur ganz wenig zittrig. »Ich fahre nach Hause und rufe von unterwegs an.«
    »Schlafen Sie, wenn Sie können. Morgen werden Sie sich besser fühlen.«
    Ich nickte, sah ihn aber nicht an. Nach zwei Schritten drehte ich mich noch mal um und sagte. »Aber ich gehe jede Wette ein, Hudson, dass das Labor meine Vermutung bestätigen wird. Die Dann-Spuren in den Bissen der ersten beiden Opfer werden sich nicht vollständig mit den toten Vampiren in der Wohnung decken.«
    »Sie wollen einfach nicht loslassen, hm?«
    Ich zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, wie, Sergeant.«
    »Hören Sie auf jemanden, der sich damit auskennt, Blake. Sie sollten das Loslassen lernen, sonst sind Sie über kurz oder lang ausgebrannt.«
    Ich sah ihm in die Augen und fragte mich, was er heute Nacht an mir gesehen hatte, dass er meinte, ich bräuchte die Burnout-Predigt. Hatte er recht? Oder waren wir alle bloß müde? Er, ich, wir alle.

80
    A uf dem Heimweg dachte ich an Vampire. Nicht an die netten, sondern an die, die wir gerade getötet hatten. Es war kurz vor drei, und ich war fast allein auf der Straße, als ich auf den Highway einbog. Acht tote Vampire und ein menschlicher Komplize. Ich tippte auf einen menschlichen Diener, weil er derjenige war, der Officer Baldwin mit dem Schwert erstochen hatte. Das sprach für vor langer Zeit erworbenes Können. Nur wenige Menschen unserer Zeit können so gut mit einem Schwert umgehen, dass sie einen mit einer MP5 bewaffneten Polizisten einer Sondereinheit damit ausschalten können. Acht deckte die Täterzahl ab, aber Vittorio war nicht dabei gewesen. Das wusste ich genau.
    Die Nacht war klar und als ich das Stadtgebiet hinter mir ließ, war der Himmel voller Sterne. Es sah aus wie verstreute Diamanten auf schwarzem Samt. Ich fühlte mich überraschend gut. Ich wusste nicht, warum, und wollte auch nicht so genau hinsehen, für den Fall, dass das Gefühl leicht zerbrechlich war. Ich fühlte mich gut und war auf dem Heimweg, und hatte jeden gerettet, den ich retten konnte, und jeden getötet, den ich töten konnte. Für heute Nacht war ich fertig.
    Unter den toten Vampiren waren mehrere Frauen gewesen, sodass wir Nadine und Nellie vielleicht erwischt hatten. Die dritte könnte sogar Gwenyth sein, Vittorios Schätzchen. Doch die Chancen standen wohl eher schlecht, dass alle drei zusammen sich ohne große Gegenwehr

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