Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
einer Hand an Nathaniels Schulter hielt ich ihn auf und blickte Jason an. »Was soll das heißen?«
Er rang um einen neutralen Gesichtsausdruck und unterlag, sodass er schließlich sehr zufrieden aussah. »Du kannst dich nicht an Nathaniel sättigen, dazu ist es noch zu früh. Jean-Claude wird vorerst nicht aufwachen. Und wenn er nicht, dann Asher auch nicht.«
Ich kniff die Augen zusammen. »Und?«
»Falls ein anderer Gestaltwandler hier ist, an dem du dich lieber sättigen möchtest als an mir, hole ich ihn her. Graham ist nur ein paar Türen weiter.« Seine Miene sagte deutlich, dass er nicht damit rechnete.
»Du arroganter, kleiner –«
»Na, na, na«, sagte er. »Spricht man so mit jemandem, der einem von seiner Lebenskraft etwas abgeben will?«
Ich blickte ihn böse an, dann wandte ich mich Nathaniel wieder zu. Der wirkte vollkommen ausgeglichen. »Und du hast nichts dagegen?«
»Ganz ehrlich?«
»Ja.«
»Solange ich der Erste bin, habe ich nichts dagegen.«
»Ich könnte bleiben und beim Vorspiel helfen«, sagte Jason.
Ehe ich reagieren konnte, sagte Nathaniel: »Nicht beim ersten Mal, Jason. Ich möchte allein mit ihr sein.«
Jason grinste Nathaniel an, aber eigentlich grinste er über mich, weil er sah, was ich für ein Gesicht machte, nachdem Nathaniel so beiläufig einen Dreier in Aussicht gestellt hatte. »Ich werde mich jetzt im Badezimmer verstecken.« Er schloss die Tür hinter sich, und wir waren mit der Nachttischlampe allein.
Aufgebracht sah ich ihn an. »Danke, dass du über meinen Kopf hinweg einen Dreier vereinbarst.«
Er war verwirrt. »Ich schlafe fast jede Nacht mit dir und Micah.«
»Aber wir haben nicht alle gleichzeitig Sex.«
Er sah mich an, als betriebe ich Haarspalterei.
»Haben wir nicht«, beharrte ich.
»Anita, du wachst auf, du musst dich sättigen, und wen immer du vorfindest, der dir nicht schon am Tag vorher gedient hat, den fasst du an, wobei der andere Mann nicht immer das Bett verlässt. Ich habe dir mehr als einmal zugesehen, wie du mit Micah Sex hattest, und er hat zugesehen, wie du dich an mir gesättigt hast.«
Die Kopfschmerzen pochten hinter meinen Augen. Ich hatte Schwierigkeiten zu schlucken und fühlte mich einer Panik nahe.
»Ich weiß, dass du es mit Jean-Claude und Asher tust. Ihr habt ein echtes Dreiecksverhältnis.«
»Nicht immer«, wandte ich ein, und selbst in meinen Ohren klang es schwach.
Er zog die Brauen zusammen. »Es ist nichts Schlechtes, mit zwei Männern gleichzeitig Sex zu haben, Anita.«
Mir schlug das Herz im Hals und drohte mich zu ersticken. »Doch«, widersprach ich mit dünner Stimme.
»Warum? Warum ist das falsch?« Er neigte sich heran, wie um mich zu küssen, aber ich wich zurück, und das war dumm, denn dadurch landete ich auf dem Rücken, sodass ich zu ihm hochblickte. Es war unlogisch, dem Kuss auf diese Weise auszuweichen. Andererseits hatte die kreischende Panik in mir auch nichts mit Logik zu tun.
Er stützte sich auf die Arme und schaute mit diesem Lächeln auf mich herunter, das sagte: Jetzt bist du albern. In dem Moment wurde mir klar, dass mein Irrtum gewesen war, ihn als Kind zu betrachten. Sein Blick zeigte mir, dass er auf seine Weise so vorsichtig mit mir umgegangen war wie ich mit ihm. Dass er mich für behütet, für unschuldig hielt. Dass ich angesichts seiner Lebenserfahrung ein Kind war. Es war einer dieser Momente, wo sich eine Beziehung ändert, wo der Blick auf die Welt schlagartig weiter wird und die Welt von da an eine andere ist.
Wir starrten uns an, und ich weiß nicht, ob er es mir ansah oder ob es ihm selbst auch in den Sinn kam, jedenfalls hielt er inne, lächelte mich an und fragte dann: »Was ist?«
Die Frage erschien mir so albern, dass ich lachte. »Ach, ich weiß nicht, zwei Mal hätte ich Damian beinahe getötet. Ich dachte, es würde einfacher werden, sobald ich die Ardeur beherrsche, aber so ist es nicht. Ich hatte Geschlechtsverkehr mit Byron, ausgerechnet mit Byron. Ich hätte heute Nacht beinahe den ganzen Friedhof erweckt. Ich konnte es fühlen, ein Heer von Toten, das darauf wartete, von mir geweckt zu werden. Ich konnte es fühlen, Nathaniel, seine Kraft fühlen.« Ich weinte und hatte das gar nicht gewollt. »Heute ist so viel schiefgegangen.«
Sanft küsste er meine Tränen, wenn sie über den Rand flossen. »Dann lass uns dafür sorgen, dass etwas richtig läuft.« Er küsste mich und brachte das Salz der Tränen auf meine Lippen.
»Aber …«
Er küsste mich ein
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