Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
ein sengendes Hitzeband über meinen Körper, das mir einen Schrei entriss.
Jean-Claude setzte die Lippen auf meine und schickte seine Macht in den Kuss. Eine wohltuende Kühle glitt mir über die Zunge in den Rachen und breitete sich in mir aus, um die Hitze zu löschen. Und als hätte Richards Macht nur darauf gewartet, stürmte sie dagegen an, und ich war plötzlich von ihren Kräften eingehüllt, als wäre mein Körper der Docht für Richards Flamme und die Tülle für Jean-Claudes kaltes Wasser. Doch man kann nicht zugleich Flamme und Wasser sein, nicht brennen und löschen zur selben Zeit. Mein Körper versuchte beides zu sein, kalt und heiß, Flamme und Wasser, Leben und Tod. Augenblick mal, mit dem Letzten kannten wir uns aus, meine Macht und ich. Mit Leben und Tod, besonders mit dem Tod.
Meine Macht stieg nicht bloß auf, sie sprengte meine Schilde wie einen Damm und stürzte, lang angestaut, mit Wucht hervor, um sich über uns drei zu ergießen. Sie schwemmte uns nicht auseinander, sondern trieb uns zusammen. Wir waren auf Knien auf dem Bett, Richard an meinen Bauch, Jean-Claude an meinen Rücken gepresst. Es heißt, es gibt kein Licht ohne Schatten, nicht Gutes ohne das Böse, das Männliche nicht ohne das Weibliche, kein Recht ohne Unrecht. Nichts existiert ohne sein Gegenteil. Ich weiß nicht, ob das wahr ist, aber in dem Moment verstand ich, dass zwei Gegensätze gleichzeitig vorhanden sein können. Es gibt zwei Seiten einer Medaille, aber was ist dazwischen? Was liegt zwischen Gut und Böse, Licht und Dunkel? Was ist es, das sie verbindet und doch auf ewig trennt? Ich weiß es nicht. Zwischen Richard und Jean-Claude war jedenfalls ich.
Ich war es, was sie trennte und verband. Ich war die Medaille und sie meine verschiedenen Seiten. Immer getrennt, immer zusammen, verschieden, aber eins. Richard drückte sich vorne an mich, so brennend heiß, als hätte er die Sonne in sich, und Jean-Claude presste sich von hinten an mich, kalt wie Wasser aus der Tiefe des Meeres, wo kein Licht hingelangt und fremde Wesen hin und her gleiten. Wer zu lange in die Sonne schaut, erblindet; wer zu tief ins Meer taucht, ertrinkt.
Ich schrie, schrie, weil ich nicht wusste, wohin mit der Macht, weil ich nicht wusste, wie ich uns zu einem Stück verschmelzen sollte. Es war, als versuchte ich, drei Leute in einem Körper unterzubringen. Wie fängt man an? Wer wird wo hineingeschoben?
Doch nicht ich war hier der Meister, es war nicht meine Aufgabe, drei so große Stücke zu einem zu verbinden. Jean-Claudes kalte Macht floss über mich, linderte das Brennen, berührte Richards Macht und brachte uns alle zurück an die Oberfläche unserer metaphysischen See. Er sagte fast wörtlich, was ich dachte. »Ich kann sie nur für einen Moment zurückhalten. Wenn wir gleich darin untergehen, dürfen wir uns nicht wehren. Wir müssen sie und einander bereitwillig aufnehmen.«
»Was heißt aufnehmen?«, fragte Richard mit angestrengter Stimme, als hielte er ein großes Gewicht, und vielleicht war es so.
»Du dringst in Anita ein, und ich sättige mich an dir.«
Es blieb keine Zeit, um ja oder nein zu sagen. Die Macht war plötzlich da, als hätten wir eine Tür geöffnet und das Gebäude stürzte rings um uns zusammen. Die Zeit war um. Entweder bezwängen wir die Macht oder gingen darin zugrunde, zusammen mit allen, die wir liebten, mit allen, denen wir Schutz versprochen hatten. Vage dachte ich, dass es mit dem vierten Zeichen einfacher wäre, doch der Gedanke verflüchtigte sich unter dem Druck von Richards Körper. Er war hart und hatte dafür gesorgt, dass Jean-Claude es nicht war. Vielleicht hätten wir uns mit einer anderen Methode verbinden können, doch Richard hatte Jean-Claude und mich um diese Möglichkeiten gebracht, indem er die Blutspende zuvor verweigerte. Komisch, wie man mitunter ein Übel umgeht und dadurch dem nächsten in die Arme läuft.
Richard stieß in mich hinein. Ich war eng, und er war dick, doch sowie er es tat, ließ das schreckliche Gewicht der Macht nach, so als hätte er eine Barriere durchbrochen, als wäre mein Körper eine Tür und wir drängten hinein.
»Du bist so eng.« Richard klang angestrengt. »Ich will dir nicht wehtun.« Auf die ausgestreckten Arme gestützt lag er auf mir, und die Aussicht für mich war perfekt. Ich konnte genau sehen, wie er ihn in mich schob.
Ich fasste seine Arme. »Hör nicht auf, bitte, hör nicht auf.«
»Du bist zu eng.«
»Nicht mehr lange.«
»Ist sie
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