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Blinder Instinkt - Psychothriller

Titel: Blinder Instinkt - Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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ihn aber nicht wahrzunehmen. Er lugte in die schmalen Gänge zwischen den Paletten mit den Bodenextrakten. Irgendwo dort drinnen spielten noch immer die Jungs Verstecken, geisterhaft hallte eine Stimme hervor:
    »… meinem Blick entgehst du nicht, kenne ich doch dein Gesicht.«
    »Sind Sie auf die Schoten aus?«, versuchte er es erneut.
Keine Antwort. Jetzt war der Kerl stehen geblieben, stierte regelrecht zwischen die Paletten und zitterte sogar. Müller konnte es deutlich an dem vibrierenden Zettel in dessen Hand sehen.
    So, jetzt reichte es ihm!
    »Stimmt etwas nicht?«, fragte er laut und mit fester Stimme. »Haben Sie ein Problem mit den Jungs?«
    Der Kopf des Mannes ruckte herum. Jetzt sah er ihm doch noch in die Augen. Einen kleinen Moment nur, aber der reichte, um dem Hallenmeister einen Schauer über den Rücken zu jagen.
    »Ich … Ich komme ein andermal wieder«, stotterte der Mann, wandte sich ab und verließ fluchtartig die Halle.
    Müller wollte ihm folgen, wollte sich das Kennzeichen vom Wagen dieses merkwürdigen Typen merken, doch plötzlich schossen die beiden Jungen zwischen den Paletten hervor und liefen ihm direkt vor die Füße.
    »Gefunden!«, schrien beide gleichzeitig und klatschten ihm auf den Hintern.
    Als Müller den Schreck verdaut hatte und hochsah, war der Mann verschwunden.

17
    Seine Laufschuhe klatschten in beständigem Rhythmus auf den Schotterweg, doch Max Ungemach hörte weder das Geräusch noch seine eigene Atmung. Die Kopfhörer seines iPhones steckten in seinen Ohrmuscheln und versorgten ihn mit der laut dröhnende Musik von Rammstein.
    Er lief durch den Stadtwald, hatte seine Umgebung aber
völlig ausgeblendet. Schweiß strömte an seinem Gesicht herunter, seine Oberschenkelmuskeln brannten bereits, weil er viel zu schnell lief, doch das war ihm alles egal.
    Nach dem Gespräch mit der Polizistin war er in hohem Tempo zurück nach Hamburg gerast. Aufgewühlt und verwirrt war er gewesen, völlig neben der Spur, darum hatte er seinen ursprünglichen Plan, sofort ins Gym zu fahren und mit Kolle zu sprechen, aufgegeben. Stattdessen war er zum Stadtwald gefahren, hatte sich am Auto umgezogen und war losgerannt.
    Aber nicht zum Ausdauertraining wie sonst immer. Der Lauf glich diesmal eher einem Kampf - einem Kampf gegen sich selbst, gegen seine Gedanken. Mit dieser Polizistin zu sprechen hatte einige Erinnerungen an die Oberfläche gespült, mit denen Max sich schon lange nicht mehr beschäftigt hatte, und bereits während der Rückfahrt hatte eine bestimmte Idee, die die Polizistin aufgebracht hatte, in ihm gegärt. Doch erst jetzt, während er sich völlig verausgabte und der Rammstein-Sound ihn immer noch aggressiver werden ließ, traute er sich, diesen Gedanken zu formulieren.
    Hatte sein Vater etwas mit Sinas Verschwinden zu tun?
    In den vergangenen zehn Jahren hatte er oft über Sina nachgedacht, hatte auch versucht, sich den Täter vorzustellen, doch niemals war ihm dabei sein eigener Vater in den Sinn gekommen. Dass er damals kurzzeitig verhaftet und verhört worden war, hatte Max beinahe vergessen, außerdem wäre es dem fünfzehnjährigen Max überhaupt nicht in den Sinn gekommen, dass sein Vater …
    War das möglich?
    Vielleicht ein Unfall, und in seiner Panik hatte er Sinas Leiche verschwinden lassen?

    Oder hatte er sich, stinkbesoffen, wie er damals gewesen war, an ihr vergangen?
    Max wurde übel bei der Vorstellung.
    Nein! Das konnte einfach nicht sein. Sein Vater war ein egozentrisches Arschloch und ein Säufer, und zwar nicht erst, seitdem er damals seinen Job verloren hatte. Schon vorher war er regelmäßig jedes freie Wochenende betrunken gewesen. Aber nicht aggressiv, jedenfalls nicht so extrem wie nach dem Unfall im Gaswerk.
    Hatte diese Geschichte ihn derart verändert, dass er es fertiggebracht hatte, seine Wut an seiner einzigen Tochter auszulassen? Hatte er ihr die Schuld für alles gegeben, weil sie blind war?
    Max zog das Tempo noch ein bisschen an.
    Sein ganzer Körper schien jetzt zu brennen.
    Er konzentrierte sich auf den Schmerz, auf seine Atmung, seinen Rhythmus, wollte nichts wissen von diesem Verdacht, der die körperlichen Schmerzen in den Schatten stellte.
    Gleichzeitig wusste er aber auch, dass die Fragen weiter nagen, fressen und knabbern würden, bis sie diesen einen Punkt erreichten, von dem aus es kein Zurück mehr gab.

18
    »Herr Kühl!«, rief Adamek laut aus.
    Franziska bereitete sich darauf vor, die Verfolgung aufzunehmen. Doch Kühl

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