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Blinder Instinkt - Psychothriller

Titel: Blinder Instinkt - Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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blieb nun abrupt stehen, drehte sich zu ihnen um und fixierte sie. Binnen weniger Sekunden hatte er sie als Polizisten erkannt. Sein Körper versteifte sich und schien etwas kleiner zu werden.

    »Sie sind Detlef Kühl?«, fragte Adamek, als sie auf zwei Meter heran waren.
    Ihr Gegenüber nickte. »Bin ich, ja. Was gibt es denn?«
    Detlef Kühl war ein untersetzter Mann, nicht größer als ein Meter siebzig, mit hängenden Schultern und einem massiven Kopf, der nur noch von einem dünnen, grau-schwarzen Haarkranz gesäumt wurde. Seine Ohren standen erstaunlich weit vom Schädel ab und schienen zu leuchten. Über den Hosenbund quoll eine Wampe, überhaupt schien er mehr aus Fett denn aus Muskeln zu bestehen. Er trug eine Bluejeans, ein schwarzes T-Shirt, darüber ein Sweatshirt, dessen Reißverschluss geöffnet war, und Sneakers.
    Franziska beobachtete seine erste Reaktion genau und stellte sich sogleich die Frage, ob jemand wie Kühl in der Lage war, nachts ungesehen in ein Heim zu schleichen, ein Kind zu entführen und einfach so zu verschwinden. Sie glaubte es nicht, aber die Erfahrung hatte sie auch gelehrt, dass Menschen sich verstellen konnten. Gerade die schlimmen Jungs beherrschten das besonders gut. Kühl wich ihrem Blick aus, sah sie nicht direkt an, so als ahnte er, dass Franziska in seinen Augen lesen würde, sobald sie Zugang bekam.
    Adamek ließ Kühl einen Blick auf seinen Dienstausweis werfen, während Franziska ihn taxierte.
    Detlef Kühl stöhnte auf.
    »Nicht schon wieder!«, sagte er und sah sich dabei um. »Egal was es ist, ich bin es nicht gewesen.«
    »Um das rauszufinden sind wir ja hier«, sagte Franziska. »Und wenn Sie uns in Ihre Wohnung bitten, können wir alle Unklarheiten schnell ausräumen, ohne dass die gesamte Nachbarschaft es mitbekommt.«
    Kühl schnaufte verächtlich. »Das glauben Sie doch selbst
nicht. In diesem Moment sehen uns mindestens zweihundert Augenpaare, und die wissen alle, dass Sie beide Bullen sind. Sie hätten mich auch anrufen können, oder?«
    »Ich komme um vor Mitleid«, sagte Paul Adamek. »Lassen Sie uns einfach reingehen, und ersparen Sie uns Ihr Gelaber.«
    Dafür erntete er einen feindseligen Blick von Kühl. In diesem Blick lag etwas, das Franziska schlecht deuten konnte, aber es hob sich deutlich ab von dem anfangs tumben Eindruck, den Kühl auf sie gemacht hatte. Etwas verschlagen Intelligentes lauerte darin. Der Blick machte ihr keine Angst, aber er ließ sie vorsichtiger werden.
    Unterschätz den Typen nicht, sagte sie still zu sich selbst.
    »Also gut, kommen Sie mit. Ich kann es ja sowieso nicht verhindern«, sagte Kühl, wandte sich ab und ging voraus.
    Franziska folgte ihm Schulter an Schulter mit Paul. Dabei ließ sie ihren Blick an der gewaltigen Fassade des Gebäudes emporgleiten. Kühl hatte recht. Unzählige Gesichter klebten ganz unverhohlen an den Scheiben. Im Hausflur schlug ihnen ein Geruch entgegen, wie Franziska ihn nur selten erlebt hatte. Ein Konglomerat aus den unterschiedlichsten Essensdüften, alt, abgestanden und unterwandert von Urin. Möglich, dass man sich an diesen Gestank gewöhnte, wenn man nur lange genug hier lebte, aber Franziskas Magen rebellierte dabei, und wenn sie Pauls mimische Entgleisung richtig deutete, ging es ihm genauso. Vielleicht war er ihr jetzt sogar dankbar, nicht zum Essen gekommen zu sein.
    »Wir nehmen den Fahrstuhl, es ist in der achten Etage«, sagte Kühl und betrat als Erster eine leere Kabine. Es gab vier Aufzüge nebeneinander.
    Die Türen schlossen sich. In der Kabine war der Geruch
noch kompakter und schien von der Enge in die Poren gedrückt zu werden. Franziska wandte ihren persönlichen Trick an: Sie sah zu Boden und stellte sich mit offenen Augen vor, am Ende des Steges zu stehen und auf den See zu schauen. Das half gegen ihre leichte Klaustrophobie. Als der Fahrstuhl in der achten Etage hielt, trat sie als Erste hinaus und atmete tief ein - jetzt spielte der Geruch keine Rolle mehr.
    Sie gingen einen langen, fensterlosen Gang hinunter. Hinter mehreren Türen dudelte orientalische Musik. Der Fußboden war abgetreten und schmutzig, die getünchten Wände zerkratzt und mit gesprayten Sprüchen verziert.
    Kühl schloss die Tür zu seiner Wohnung auf und ging hinein. Er wartete nicht, lief durch ins Wohnzimmer und riss dort ein Fenster weit auf. Adamek drückte die Tür zu, dann folgten sie Kühl. Er starrte sie an.
    »Ich hasse diesen Gestank«, sagte er.
    Franziska nickte. In der Wohnung roch es

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