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Blinder Instinkt - Psychothriller

Titel: Blinder Instinkt - Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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teilte ihr mit, wie es um Detlef Kühl stand. Zwei Rippen sowie das Nasenbein waren gebrochen, ein Finger angebrochen, ein Ohr eingerissen, dazu kamen diverse Prellungen sowie zwei völlig zugeschwollene Augen und ein ausgeschlagener Schneidezahn. Die Ärzte hatten den Verdacht, dass die Milz gerissen war, mussten aber erst noch ein paar Untersuchungen durchführen. Viel Mitgefühl lag nicht in Pauls Stimme, als er die Verletzungen wie einen Einkaufszettel runterratterte.
    Nachdem sie das Gespräch beendet hatte, sah sie Max von der Seite an. »Wollen Sie wissen, wie es Kühl geht?«, fragte sie.
    Max sah sie von der Seite an. »Er lebt doch, oder?«
    »Ja.«
    »Das reicht mir, mehr muss ich nicht wissen.«
    »Vor Gericht sollten Sie später aber ein bisschen mehr Reue zeigen«, gab Franziska zu bedenken.
    »Dann werde ich wohl noch Schauspielunterricht nehmen müssen.«
    Seine lakonisch trockene Antwort entlockte ihr ein Lächeln, das sie ihm aber nicht zeigte. War die Welt eines Boxers wirklich so einfach gestrickt? Auge um Auge, Zahn um Zahn? Das Recht des Stärkeren, den Schwachen dominieren zu dürfen? Franziska war nicht wirklich überzeugt davon,
denn Max Ungemach hatte ja bereits eine ganz andere Seite von sich gezeigt. Eine verletzliche, einfühlsame. Oder war das nichts weiter als eine Reproduktion der Vergangenheit gewesen, wie es sie heute nicht mehr gab?
    Hoffentlich täusche ich mich nicht in dir, dachte sie.
     
    Die Ortschaft Hesterfeld erreichten sie nach vierzig Minuten.
    Sie war nichts weiter als eine Ansammlung von Häusern und Höfen, die von Wäldern eingerahmt waren. Eine Landstraße, die im Vergleich zu den mehrspurigen Stadtautobahnen wie ein Fahrradweg wirkte, führte mitten hindurch. Sie verfügte nicht einmal über einen Mittelstreifen, der Belag war rissig und oft geflickt. In der Mitte der Ortschaft befand sich eine kleine Kneipe. Ein Schild mit Bierwerbung hing über dem Eingang, aber es sah nicht so aus, als würde dort noch etwas ausgeschenkt werden. Es gab eine Schützenhalle, einen Sportplatz, einen Friedhof und einen Landmaschinenhändler, aber sonst nichts. Kein Laden, kein Frisör, kein Arzt, nicht einmal eine Kirche.
    Auf Franziskas Nachfrage hin sagte Max: »Die Kirche ist im Nachbarort, Pennigsahl. Dort gab es damals auch einen Laden, eine Grundschule und einen Allgemeinarzt, aber viel größer als Hesterfeld ist das Kaff auch nicht.«
    Franziska fiel auf, dass er die rechte Hand um den Haltegriff über der Beifahrertür gelegt hatte und ihn fest umschlossen hielt. Der Bizeps an seinem Oberarm trat deutlich unter dem T-Shirt hervor. Sein Blick ging starr aus dem Seitenfenster.
    »Es sieht noch alles wie früher aus«, sagte er leise.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie ihn. Sie konnte sich vorstellen,
welchen Aufruhr diese Zeitreise in ihm auslöste, wenn er seit damals nicht mehr hier gewesen war.
    Max nickte, ohne sie anzusehen.
    »Wo lang?«, fragte sie, als die Ortschaft zu Ende war.
    »Am besten parken wir vor der Schützenhalle«, sagte Max und wies ihr den Weg. Dort angekommen stiegen sie aus. Es war sehr still und deutlich kühler als in der Stadt.
    Max deutete mit dem Arm die schmale geteerte Straße entlang, die sanft ansteigend scheinbar endlose Getreidefelder durchschnitt und irgendwo am Horizont in der dunstig-feuchten Luft verschwand. Im Hintergrund drehten sich weiße Windräder auf einem Höhenrücken.
    »Dort entlang«, sagte er, zog seine Jacke an und ging los.
    Franziska verriegelte den Wagen, holte auf und ging neben ihm. Er schritt kräftig aus, sie hatte Mühe mitzuhalten. Seine Körperhaltung hatte etwas von einem Boxkampf, er schien sich in Deckung zu befinden, so als müsse er sich vor dem schützen, was ihn hier erwartete. Ihr fiel auf, dass er den Blick auf den Boden gerichtet hielt, weder nach rechts noch nach links sah. Sie glaubte den Grund zu kennen. Auf der linken Seite, in einiger Entfernung und teilweise hinter Bäumen versteckt, standen ein paar Häuser. Vielleicht war eines davon sein Elternhaus.
    Als sie die schmale Brücke erreichten, hinter der sie von der Straße auf einen Trampelpfad abbogen, nahm er den Kopf wieder hoch und sah nach vorn. Sie liefen noch zehn Minuten am Rand des Baches entlang, dann erreichten sie die Stelle, von der Max Ungemach so liebevoll und in farbigen Bildern erzählt hatte.
    Max blieb auf dem schmalen Sandstrand stehen und drehte sich im Kreis. Er wirkte hilflos und verlassen, wirkte wie
ein kleiner Junge, der

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