Blinder Instinkt - Psychothriller
dumm.«
»Ich würde es nicht wieder tun, das können Sie mir glauben«, sagte Max.
Franziska warf ihm einen schnellen Seitenblick zu.
Nur zu gern wollte Franziska ihm glauben, wusste aber, dass dieser Drang teilweise ihrer fast schon verzweifelten Suche nach einer weiteren Verbindung zu Wilkens entsprang. Und zu einem anderen Teil ihren Gefühlen für Max Ungemach, und das war keine gute Mischung. Sie empfand etwas für ihn, da machte Franziska sich nichts mehr vor, nicht nach diesem intimen Moment am Fluss. Aber schon jetzt, bevor sie überhaupt ein persönliches Wort gewechselt hatten, begannen die Probleme. Privates und Dienstliches vermischten sich. Dabei war es eigentlich ganz einfach: Sie durfte mit Max nicht über Ermittlungsinterna sprechen. Wenn das rauskam, würde sie eine Menge Ärger bekommen. Andererseits hatte er sich durch sein Schicksal das Recht verdient, eingeweiht zu werden.
»Kann ich das wirklich?«, fragte sie ihn.
Er sah sie an und nickte.
Sie entschied sich kurzerhand für einen Umweg.
»Okay. Wenn wir zurück in der Stadt sind, lade ich Sie auf ein Bier ein und wir sprechen darüber. Natürlich nur, wenn Sie mögen.«
Max hatte sich in Kneipen nie wohl gefühlt, aber er fühlte sich in Franziskas Nähe wohl, deshalb hatte er die Einladung angenommen.
Das da draußen am Meerbach war eine merkwürdige Situation gewesen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass ihn seine Emotionen derart übermannen würden, aber es war geschehen, er hatte gar nichts dagegen tun können. Als sie ihn umarmt hatte, war es einfach nur ein gutes Gefühl gewesen, es hatte sich richtig angefühlt. Später, auf dem Rückweg
zum Wagen, war es Max peinlich gewesen, immerhin hatte er zum ersten Mal in seinem Leben vor einer Frau geweint. Er war Franziska dankbar, dass sie ihn während der Fahrt nicht darauf angesprochen, sondern das Gespräch auf die Ermittlungen gelenkt hatte.
Nun saßen sie an einem kleinen runden Tisch in einer ruhigen Ecke der Kneipe. Nachdem sie ihre Bestellung aufgegeben hatten, begann Max mit einem Bierdeckel zu spielen. Er wusste nicht, ob er etwas sagen oder die Gesprächseröffnung ihr überlassen sollte, und so schwiegen sie ein paar Minuten, taten beide so, als müssten sie die Einrichtung der Kneipe genauestens begutachten.
Schließlich begann Franziska doch. »Herr Ungemach«, sagte sie. »Ich weiß, das ist keine einfache…«
Der Wirt kam mit den zwei Hellen und unterbrach sie. Als er fort war, ergriff Max das Wort. »Ich habe eine Bitte.«
»Na, dann mal raus damit.« Sie sah ihn auffordernd an.
Max nahm sein Bierglas in die Hand. »Ich mag meinen Nachnamen nicht besonders. Und nach all dem … Ich meine, na ja, wir könnten ja auch zum Du übergehen, oder?«
Es kostete ihn eine Menge Mut, diesen Satz auszusprechen, mehr Mut, als es brauchte, um im Ring einem Gegner ins Gesicht zu schlagen.
Franziska lächelte ihn an. Dann nahm auch sie ihr Bierglas zur Hand. »Sehr gern. Ich bin Franziska.«
»Max.«
Sie stießen an, tranken, und Max betrachtete dabei ihre langen, feingliedrigen Finger, die er bereits einmal kurz berührt hatte.
Nachdem sie die Gläser abgestellt und sich den Schaum von den Lippen gewischt hatten, sagte sie: »Okay, ich versuch
es einfach. In der Hoffnung, dass du mein Vertrauen nicht missbrauchst.«
»Werde ich nicht.«
Sie nickte. »Sagt dir der Name Wilkens vielleicht etwas? Gut möglich, dass er damals dort draußen gelebt oder geangelt hat.«
Max dachte lange nach. »Nein. Tut mir leid.«
Er konnte sehen, wie er damit ihre Hoffnung zerstörte.
»Ich würde ja gern, aber …«
»Nein, ist schon in Ordnung«, sagte sie und machte eine Bewegung mit der Hand, die Gleichgültigkeit demonstrieren sollte. »Es war einen Versuch wert.«
»Was ist denn mit diesem Wilkens?«
»Nichts. Vergiss es einfach.«
Sie schwiegen, bis der Wirt ihre Baguettes brachte, dann machten sich beide mit Appetit darüber her. Während sie aßen, wurde das Gespräch immer persönlicher. Max erfuhr, dass Franziska in der verschlafenen Provinz in einem romantischen Haus am See aufgewachsen war, dass ihr Vater Schriftsteller war, der Kriminalromane unter einem Pseudonym schrieb und recht gut davon leben konnte, ohne wirklich reich zu sein. Ihre Mutter war früher Lehrerin für Deutsch und Mathematik gewesen, war aber mit fünfundvierzig ausgebrannt aus dem Beruf ausgeschieden. Franziskas Wunsch, Polizistin zu werden, war aus der Tätigkeit ihres Vaters hervorgegangen.
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