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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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hat.«
    Talley lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und griff nach seinem Wasserglas.
    »Er hatte ausreichend Gelegenheit, sich zu bilden«, fuhr er fort.
    »Vermutlich kleidet er sich gut. Thomas stand in dem Ruf, eine Vorliebe für schnelle Autos, Designerkleidung und Schmuck zu haben. Vielleicht hat der bedauernswerte, im Keller versteckte Bruder Thomas' abgelegte Sachen bekommen.«
    »Die Jeans, die der Tote trug, waren in der Taille etwas weit«, erinnerte ich mich.
    »Thomas' Gewicht hat vermutlich geschwankt. Er tat alles, um schlank zu bleiben, und er war sehr eitel. Wer weiß?« Talley zuckte die Achseln. »Eins steht fest, wenn sein angeblicher Bruder so eine merkwürdige Gestalt ist, wie die Leute behaupten, dann geht er sicherlich nicht einkaufen.«
    »Glauben Sie wirklich, dass der Mann nach einem Mord nach Hause geht und seine Eltern seine blutige Kleidung waschen und ihn schützen?«
    »Jemand hat ihn beschützt«, beharrte Talley. »Deswegen fanden diese Fälle vor der Tür des Leichenschauhauses ihr Ende. Wir wissen nicht, was außer dem, was wir Ihnen gezeigt haben, dort drin noch vor sich ging.«
    »Der Richter?«
    »Jemand, der großen Einfluss hat. Das können viele sein.«
    »Wie sind Sie an die Autopsieberichte gekommen?«
    »Auf dem normalen Weg«, sagte er. »Wir haben sie bei der Pariser Polizei angefordert. Mehr haben wir nicht. Keine Beweise, die in Labors untersucht wurden, Kay. Es gab keine Verdächtigen. Keine Prozesse. Nichts. Nur dass die Familie es jetzt wahrscheinlich satt hat, ihren psychopathischen Sohn zu beschützen.
    Er ist nicht nur eine Peinlichkeit, er ist ein potentielles Risiko.«
    »Wenn wir beweisen, dass Loup-Garou der psychopathische Sohn der Familie Chandonne ist, wie wird Ihnen das helfen, das Hundertfünfundsechziger-Kartell dingfest zu machen?«
    »Zum einen hoffen wir, dass Loup-Garou reden wird. Wenn wir beweisen können, dass er die Morde begangen hat, besonders den in Virginia. Dann haben wir etwas in der Hand, womit wie ihn unter Druck setzen können. Ganz zu schweigen davon« - er lächelte - »dass wir einen stichhaltigen Grund haben, uns das schöne, dreihundert Jahre alte Familiendomizil auf der Ile Saint-Louis und ihre Büros und Frachtbriefe und so weiter anzuschauen, wenn wir die Söhne des Monsieur Chandonne identifizieren.«
    »Vorausgesetzt wir schnappen Loup-Garou«, sagte ich.
    »Das müssen wir.«
    Er sah mir für einen langen angespannten Moment in die Augen.
    »Kay, wir müssen beweisen, dass der Mörder Thomas' Bruder ist.«
    Er hielt mir seine Schachtel Zigaretten hin. Ich rührte sie nicht an.
    »Sie sind unsere einzige Hoffnung, Kay«, fügte er hinzu. »Sie sind unsere bislang beste Chance.«
    »Marino und ich könnten uns in größte Gefahr bringen, wenn wir uns darauf einlassen«, sagte ich.
    »Die Polizei kann nicht in das Pariser Leichenschauhaus gehen und Fragen stellen«, sagte er. »Nicht einmal Underco-ver-Polizisten. Und wir von Interpol können es erst recht nicht.«
    »Warum nicht? Warum kann die Pariser Polizei das nicht tun?«
    »Weil die Rechtsmedizinerin, die die Fälle bearbeitet hat, nicht mit ihnen spricht. Sie vertraut niemandem, und ich kann es ihr nicht verübeln. Aber sie scheint Ihnen zu vertrauen.«
    Ich schwieg.
    »Was mit Lucy und Jo passiert ist, sollte Grund genug für Sie sein.« »Das ist nicht fair.«
    »Es ist fair, Kay. Weil diese Leute so bösartig sind. Sie haben versucht, Ihrer Nichte das Gehirn aus dem Kopf zu blasen. Dann haben sie versucht, sie fertig zu machen. Das ist nichts Abstraktes für Sie, nicht wahr?«
    »Gewalt ist nie etwas Abstraktes für mich.« Mir brach der kalte Schweiß aus.
    »Aber es ist etwas anderes, wenn jemand betroffen ist, den man liebt«, sagte Talley. »Stimmt's?«
    »Erzählen Sie mir nicht, wie ich mich fühle.«
    »Abstrakt oder nicht, man spürt die grausamen kalten Klauen der Gewalt, wenn sie jemanden vernichten, den man liebt.« Talley ließ nicht locker. »Lassen Sie nicht zu, dass diese Arschlöcher noch mehr Leute umbringen. Sie haben eine Schuld abzutragen. Lucy wurde verschont.«
    »Ich sollte bei ihr zu Hause sein«, sagte ich.
    »Dass Sie hier sind, wird ihr mehr helfen. Und Jo ebenfalls.«
    »Sie brauchen mir nicht zu sagen, was das Beste für meine Nichte oder ihre Freundin ist. Oder für mich.«
    »Für uns ist Lucy eine unserer besten Agentinnen. Für uns ist sie nicht Ihre Nichte.«
    »Vermutlich sollte mir das schmeicheln.«
    »Das sollte es auf alle

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