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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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das Chandonne-Kartell erzählen. Und bis dahin werden vielleicht nur zwei oder drei weitere Frauen abgeschlachtet.«
    »Bitte, sei nicht so verbittert«, sagte Jay.
    »Verbittert? Ich sollte nicht verbittert sein?«
    Wir bogen vom Boulevard des Itahens in die Rue Favard.
    »Ich sollte nicht verbittert sein, wenn ich hierher geschickt wurde, um ein Problem zu lösen - wenn ich ein Faustpfand in einem Plan war, von dem ich nichts wusste?«
    »Es tut mir Leid, dass du es so siehst«, sagte er.
    »Wir sind nicht gut füreinander«, sagte ich.
    Das Cafe Runtz war klein und ruhig, auf den Tischen grün karierte Tischdecken und grüne Gläser. Rote Lampen glühten, und auch der Kronleuchter war rot. Odette mixte an der Bar einen Drink, als wir eintraten. Ihre Art, Talley zu begrüßen, bestand darin, verzweifelt die Hände zu heben und ihn zu auszuschimpfen.
    »Sie wirft mir vor, zwei Monate lang nicht gekommen zu sein und jetzt nicht angerufen zu haben, bevor wir kommen«, übersetzte er für mich.
    Er beugte sich über den Tresen und küsste sie zur Wiedergutmachung auf beide Wangen. Obwohl das Cafe überfüllt war, schaffte sie es, uns an einen ausgesuchten Tisch in einer Ecke zu setzen, nur weil Talley diese Wirkung auf Menschen hatte. Er war es gewöhnt, zu bekommen, was er wollte. Er bestellte einen roten Santenay, weil er wusste, wie gern ich Burgunder trank, obwohl ich mich nicht erinnerte, wann und ob ich es ihm überhaupt erzählt hatte. Ich war mir mittlerweile nicht mehr sicher, was er bereits über mich gewusst und was ich ihm erzählt hatte.
    »Mal sehen«, sagte er mit dem Blick auf der Speisekarte. »Ich empfehle die elsässischen Spezialitäten. Als Vorspeise? Der salade de gmyere - geriebener Gruyere, der aussieht wie Pasta auf grünem Salat und Tomaten. Aber der macht satt.«
    »Vielleicht esse ich dann nur den«, sagte ich, da ich keinen Appetit verspürte.
    Er langte in seine Jackentasche und holte eine kleine Zigarre und einen Zigarrenschneider heraus.
    »Das hilft, damit ich weniger Zigaretten rauche«, erklärte er.
    »Möchtest du eine?«
    »Alle hier rauchen zu viel. Es ist Zeit, dass ich wieder aufhöre«, sagte ich.
    »Sie sind sehr gut.« Er schnitt die Spitze ab. »In Zucker getaucht.
    Diese hier ist mit Vanillegeschmack, ich habe aber auch Zimt und Sambuca.« Er entfachte ein Streichholz. »Aber Vanille mag ich am liebsten.« Er paffte. »Du solltest es wirklich probieren.«
    Er hielt sie mir hin.
    »Nein, danke«, sagte ich.
    »Ich bestelle sie bei einem Großhändler in Miami«, fuhr er fort, machte eine ausholende Geste mit der Zigarre und warf den Kopf zurück, um den Rauch auszustoßen. »Cojimars. Nicht zu verwechseln mit Cohibas, die wunderbar schmecken, aber illegal sind, wenn sie aus Kuba stammen, im Gegensatz zu denen aus der Dominikanischen Republik. Illegal in den USA zumindest. Und das weiß ich, weil ich beim ATF bin. Ja, Ma'am, ich weiß Bescheid über Alkohol, Tabak und Feuerwaffen.«
    Er hatte sein erstes Glas Wein bereits geleert. »Die drei Rs. Rennen, Rennen und Rennen. Je davon gehört? Das lernt man in der Schule der harten Schläge.« Er füllte sein Glas aufs Neue und schenkte mir nach. »Wenn ich zurück in die Staaten ginge, könnte ich dich dann sehen? Rein hypothetisch, was würde passieren, wenn ich mich sagen wir mal nach Washington versetzen lassen würde?« »Das habe ich nicht gewollt«, sagte ich. Tränen schossen ihm in die Augen, und er blickte schnell weg.
    »Das habe ich nicht gewollt. Es ist meine Schuld«, sagte ich leise.
    »Schuld?«, sagte er. »Schuld? Ich wusste nicht, dass Schuld etwas damit zu tun hat. Als ob es sich um ein Vergehen handeln würde.«
    Er lehnte sich vor und lächelte selbstgefällig, als wäre er ein Kriminalpolizist, dem ich auf eine Trickfrage die falsche Antwort gegeben hatte.
    »Schuld. Hmmmm«, sagte er und blies Rauch aus.
    »Jay, du bist so jung«, sagte ich. »Eines Tages wirst du verstehen -«
    »Für mein Alter kann ich nichts«, unterbrach er mich in einem Tonfall, der Blicke auf uns zog. »Und außerdem lebst du in Frankreich.« »Es gibt schlimmere Orte.«
    »Du kannst mit Worten jonglieren, so viel du willst, Jay«, sagte ich. »Aber die Wirklichkeit holt die Menschen immer ein.«
    »Es tut dir Leid, nicht wahr?« Er lehnte sich wieder zurück. »Ich weiß so viel über dich, und dann begehe ich so eine Dummheit.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass es eine Dummheit war.« »Es liegt daran, dass du noch nicht bereit

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