Blinder Passagier
Gewalttätigkeit in mir die Gewalttätigkeit in ihm liebte, weil ich mich nicht an Benton erinnern wollte, der gewusst hatte, wie er mich langsam glatt wie einen Stein schleifen und durch erotische Wasser manövrieren konnte.
Ich zog Talley ins Schlafzimmer, und er war mir nicht gewachsen, weil ich Erfahrungen und Talente besaß, von denen er nichts wusste. Ich beherrschte ihn. Ich dominierte ihn. Ich bediente mich bei ihm, bis wir erschöpft und schweißnass waren.
Benton war in diesem Zimmer nicht anwesend. Aber hätte er gesehen, was ich gerade getan hatte, er hätte es verstanden.
Der Nachmittag schritt voran, wir tranken Wein und sahen zu, wie sich die Schatten an der Decke veränderten, als die Sonne des Tages überdrüssig wurde. Als das Telefon klingelte, nahm ich nicht ab. Als Marino gegen die Tür hämmerte, machte ich nicht auf. Als das Telefon erneut klingelte, schüttelte ich den Kopf.
»Marino, Marino«, sagte ich.
»Dein Leibwächter.«
»Diesmal hat er keine gute Arbeit geleistet«, sagte ich, während Talley so viel von mir in den Mund nahm, wie hineinpasste. »Ich werde ihn wohl feuern müssen.«
»Ich wünschte, du tätest es.«
»Sag mir, dass ich heute nicht noch eine Straftat begangen habe.«
»Da bin ich mir nicht so sicher.«
Marino schien mich aufgegeben zu haben, und als es dunkel wurde, duschten Talley und ich zusammen. Er wusch mir das Haar und machte einen Witz über unseren Altersunterschied. Er meinte, das sei ein weiteres Beispiel dafür, wie konträr er wäre.
Ich meinte, wir sollten etwas essen gehen. »Wie wäre es mit dem Cafe Runtz?«, fragte er. »Ja?«
»Es ist, was die Franzosen chaleureux, ancien et familial nennen - anscheinend alt und familiär. Es ist neben der Opera-Comique, und an den Wänden hängen Fotos von Opernsängern.«
Ich dachte an Marino. Ich musste ihm sagen, dass ich nicht irgendwo in Paris verloren gegangen war.
»Es ist ein netter Spaziergang«, sagte Talley. »Ungefähr eine Viertelstunde. Höchstens zwanzig Minuten.«
»Ich muss erst mit Marino sprechen«, sagte ich. »Wahrscheinlich ist er in der Bar.«
»Soll ich ihn für dich suchen und ihn heraufschicken?«
»Ich bin sicher, das wüsste er sehr zu schätzen«, sagte ich.
Marino fand mich, bevor Talley ihn fand. Ich trocknete mir noch das Haar, als Marino vor meiner Tür stand, und seine Miene sagte mir, dass er wusste, warum ich für ihn nicht zu erreichen gewesen war.
»Wo zum Teufel bist du gewesen?«, sagte er, als er eintrat.
»Im Institut Medico-Legal.«
»Den ganzen Tag?«
»Nein, nicht den ganzen Tag«, sagte ich.
Marino warf einen Blick auf das Bett. Talley und ich hatten es gemacht, aber es sah nicht ganz so aus wie am Morgen, als das Zimmermädchen aufgeräumt hatte.
»Ich will ausgehen, um -« setzte ich an.
»Mit ihm«, sagte Marino sehr laut. »Ich wusste, dass das passieren würde. Ich kann's nicht fassen, dass du dich darauf eingelassen hast. Himmel Herrgott noch mal. Ich dachte, du stündest über -«
»Marino, das geht dich überhaupt nichts an«, sagte ich müde.
Er blockierte die Tür, Hände in die Hüften gestemmt wie ein strenges Kindermädchen. Er sah so lächerlich aus, dass ich lachen musste.
»Was ist los mit dir?«, rief er. »Im einen Augenblick hast du Bentons Autopsiebericht und im nächsten vögelst du mit diesem Playboy herum, mit diesem verwöhnten Rotzbengel! Du konntest nicht einmal vierundzwanzig Stunden warten, Doc! Wie konntest du Benton das bloß antun?«
»Marino, sprich um Himmels willen leiser. In diesem Zimmer wurde schon genug geschrien.«
»Wie konntest du bloß?« Er sah mich angewidert an, als wäre ich eine Hure. »Du kriegst diesen Brief und lädst Lucy und mich ein, und letzte Nacht hast du hier gesessen und geweint. Und jetzt? Alles nicht passiert? Du fängst einfach von vorn an, als ob nichts geschehen wäre? Mit einem schwuchteligen Schürzenjäger?«
»Bitte geh jetzt.« Ich hatte genug.
»Oh nein.« Er begann, auf und ab zu wandern, und drohte mir mit dem Finger. »Oh nein. Ich gehe nirgendwohin. Wenn du mit dem hübschen Jungen vögeln willst, kannst du es gleich vor meinen Augen tun. Weißt du warum? Weil ich es nicht zulassen werde. Jemand muss hier das Richtige tun, und wie es ausschaut, bin ich das.«
Er ging auf und ab und wurde mit jedem Wort zorniger.
»Es geht nicht darum, ob du etwas zulässt oder nicht.« Meine Wut steigerte sich. »Wer zum Teufel glaubst du eigentlich, dass du bist, Marino? Misch dich
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