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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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zuständig ist. Die können Sie weiterverbinden.«
    Bei dem Gedanken an Lucy verkrampfte sich mein Magen. Ich hatte die Beherrschung verloren und Dinge gesagt, die ich nicht so gemeint hatte. Rose warf mir einen Blick zu. Irgendwie wusste sie Bescheid.
    »Captain«, sagte sie zu Marino, »Sie sehen heute Morgen ja todschick aus.«
    Marino knurrte. Glas schepperte, als er ein Gefäß mit Zitronenbonbons von ihrem Tisch nahm und sich bediente.
    »Was soll ich mit dem Brief dieser Verrückten machen?« Rose sah mich durch die offene Tür an, ihre Lesebrille auf der Nasenspitze, während sie in der Schublade suchte.
    »Ich denke, es ist an der Zeit, die Akte der Dame - falls Sie sie je finden - an den Staatsanwalt zu überstellen«, sagte ich. »Für den Fall, dass sie Anzeige erstattet. Was sie wahrscheinlich als Nächstes tun wird. Guten Morgen, Marino.«
    »Redet ihr noch immer von der Irren, die ich eingebuchtet hebe?«, fragte er und saugte an dem Bonbon.
    »So ist es. Diese Irre war einer deiner Fälle.«
    »Dann wird sie mich vermutlich auch anzeigen.«
    »Wahrscheinlich«, murmelte ich, während ich vor meinem Schreibtisch stand und die telefonischen Nachrichten des gestrigen Tages durchsah. »Warum ruft alle Welt an, wenn ich nicht da bin?«
    »Mir gefällt es allmählich, angezeigt zu werden«, sagte Marino.
    »Gibt mir das Gefühl, was Besonderes zu sein.« »Ich kann mich an Sie in Uniform einfach nicht gewöhnen, Captain Marino«, sagte Rose. »Soll ich salutieren?« »Machen Sie mich nicht an, Rose.«
    »Ich dachte, deine Schicht fängt erst um drei an«, sagte ich.
    »Das Angenehme ist, dass die Stadt zahlen muss, wenn ich angezeigt werde. Ha, ha. Geschieht ihnen recht.«
    »Wir werden sehen, wer als Letzter lacht, wenn Sie doch zahlen und Ihren Pickup und Ihren Swimmingpool aufgeben müssen.
    Oder den vielen Weihnachtsschmuck und die Extrasicherungskästen, Gott bewahre«, sagte Rose zu ihm, während ich meine Schreibtischschubladen aufzog und wieder schloss.
    »Hat jemand meine Kugelschreiber gesehen?«, fragte ich. »Es ist keine einziger verdammter Kugelschreiber mehr da. Am Freitag hatte ich noch eine ganze Schachtel davon. Das weiß ich hundertprozentig, weil ich sie selbst gekauft habe, als ich das letzte Mal bei Ukrops war. Ich kann's nicht glauben. Mein Waterman-Füller ist auch weg.«
    »Wenigstens können Sie nicht behaupten, ich hätte Sie nicht davor gewarnt, wertvolle Dinge im Büro zu lassen«, sagte Rose.
    »Ich muss rauchen«, sagte Marino zu mir. »Ich hab genug von diesen Gebäuden, in denen man nicht rauchen darf. In diesem Laden liegen zig Tote herum, und der Staat macht sich Sorgen wegen des Rauchens. Was ist mit den Formalindämp-fen? Die hauen sogar ein Pferd um.«
    »Verdammt!« Ich knallte eine Schublade zu und riss eine andere auf. »Und ratet mal, was noch fehlt. Das Advil, das BC-Pulver und das Sudafed. Jetzt werde ich aber wirklich wütend.«
    »Die Kaffeekasse, Cletas Handy, Lunchpakete und jetzt ihre Stifte und Tabletten. Ich nehme mittlerweile meine Brieftasche überallhin mit. Wer immer es ist, das Büro nennt ihn den >Leichendieb<«, sagte Rose zornig. »Was ich überhaupt nicht witzig finde.«
    Marino ging zu ihr und legte den Arm um ihre Schulter. »Schätzchen, man kann es einem Kerl nicht verübeln, wenn er Ihre Leiche klauen will«, säuselte er ihr ins Ohr. »Das will ich schon, seitdem ich Sie zum ersten Mal gesehen habe, damals als ich dem Doc alles beigebracht habe, was sie weiß.«
    Rose küsste ihn geziert auf die Wange und lehnte den Kopf an seine Schulter. Sie sah niedergeschlagen und plötzlich sehr alt aus.
    »Ich bin müde, Captain«, murmelte Rose. »Ich auch, Schätzchen. Ich auch.« Ich blickte auf meine Uhr.
    »Rose, bitte sagen Sie allen, dass die Personalbesprechung ein paar Minuten später beginnt. Marino, reden wir.«
    Das Raucherzimmer war eine Ecke im Einfahrtsbereich mit zwei Stühlen, einem Getränkeautomaten und einem verbeulten schmutzigen Aschenbecher, den wir zwischen uns stellten. Wir zündeten uns beide eine Zigarette an, und ich verspürte die alte Hitze der Scham.
    »Warum bist du gekommen?«, fragte ich ihn. »Hast du dir gestern nicht schon genug Scherereien eingehandelt?«
    »Ich habe darüber nachgedacht, was Lucy gestern Abend gesagt hat«, sagte Marino. »Über meine derzeitige Situation. Wie es wäre, wenn ich einfach streike, den Dienst quittiere und fertig.
    Doc, ich halte es nicht aus, wenn du die Wahrheit wissen willst.
    Ich

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