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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Kühlschrank.
    Ich duschte im Umkleideraum und zog mich an, verscheuchte Phobien und Empörung aus meinen Gedanken. Anschließend trank ich in aller Ruhe eine Tasse Kaffee; er war alt, der Boden der Kanne schwarz. Mit zwanzig Dollar, die ich meiner Büroverwalterin gab, legte ich den Grundstein für eine neue Kaffeekasse.
    »Jean, haben Sie den Chat verfolgt, den ich angeblich im Internet veranstalte?«, fragte ich sie.
    Sie schüttelte den Kopf, aber ihr war unbehaglich zumute. Als nächstes versuchte ich es bei Polly und Cleta und stellte ihnen die gleiche Frage.
    Cletas Wangen wurden rot, und sie sagte mit niedergeschlagenem Blick: »Manchmal.«
    »Polly?«
    Sie hörte auf zu tippen und wurde ebenfalls rot. »Nicht immer«, antwortete sie. Ich nickte.
    »Das bin nicht ich«, sagte ich zu ihnen. »Jemand gibt sich als mich aus. Ich wünschte, ich hätte eher davon gewusst.«
    Meine beiden Mitarbeiterinnen schienen verwirrt. Ich war nicht sicher, ob sie mir glaubten.
    »Ich kann verstehen, warum ihr mich nicht darauf angesprochen habt, als ihr von diesen so genannten Chat-Sitzungen erfuhret«, fuhr ich fort. »Hätte ich umgekehrt wahrscheinlich auch nicht. Aber ich brauche eure Hilfe. Wenn ihr eine Idee habt, wer das sein könnte, würdet ihr es mir sagen?«
    Sie schienen erleichtert.
    »Das ist schrecklich«, sagte Cleta erbittert. »Wer immer so was tut, sollte dafür ins Gefängnis.«
    »Tut mir Leid, dass ich nichts gesagt habe«, schloss sich Polly zerknirscht an. »Ich habe keine Ahnung, wer so etwas tun könnte.«
    »Wissen Sie, dass Problem ist, dass es irgendwie nach Ihnen klingt, wenn man es liest«, fügte Cleta hinzu.
    »Es klingt irgendwie nach mir?«, fragte ich stirnrunzelnd.
    »Ja, es gibt Ratschläge, wie man Unfälle vermeidet, zu Sicherheitsproblemen, wie man mit Trauer umgeht und alle möglichen medizinischen Sachen.«
    »Sie meinen, es hört sich an, als hätte ein Arzt geschrieben oder jemand, der im Gesundheitswesen ausgebildet ist?«, fragte ich zunehmend ungläubig.
    »Na ja, wer immer es ist, scheint jedenfalls zu wissen, wovon er spricht«, sagte Cleta. »Aber es ist mehr wie eine lockere Unterhaltung. Nicht, als würde man einen Autopsiebericht lesen.«
    »Ich finde nicht, dass es sehr nach ihr klingt«, meinte Polly. »Jetzt wo ich drüber nachdenke.«
    Mein Blick fiel auf eine aufgeschlagene Fallakte auf ihrem Schreibtisch. Zu sehen waren digitale farbige Autopsiefotos eines Mannes, dessen von einer Schrotflinte zerfetzter Kopf wie ein grusliger Eierbecher aussah. Ich erkannte in ihm das Mordopfer wieder, dessen Frau mir aus dem Gefängnis geschrieben und mich der Inkompetenz und der Bestechlichkeit geziehen hätte. »Was ist das?«, fragte ich.
    »Offenbar haben der Times-Dispatch und das Büro des Generalstaatsanwalts von der Verrückten gehört, und Ira Herbert hat vor einer Weile hier angerufen und nach ihr gefragt«, sagte sie.
    Herbert war der Polizeireporter der örtlichen Zeitung. Wenn er anrief, hieß das wahrscheinlich, dass ich angezeigt worden war.
    »Und dann rief Harriet Cummings bei Rose an, um sich eine Kopie der Akte schicken zu lassen«, erklärte Cleta. »Wie es scheint, lautet die jüngste Version dieser Irren, dass er sich die Flinte in den Mund gesteckt und mit dem Zeh auf den Abzug gedrückt hat.«
    »Der arme Mann trug Armeestiefel«, erwiderte ich. »Er konnte den Abzug nicht mit dem Zeh abdrücken, und er wurde aus der Nähe von hinten in den Kopf geschossen.«
    »Ich verstehe einfach nicht, was mit den Leuten los ist«, sagte Polly und seufzte. »Alles, was sie tun, ist lügen und betrügen, und wenn sie eingesperrt werden, sitzen sie rum und sorgen für Ärger und zeigen andere Leute an. Es macht mich krank.«
    »Mich auch«, pflichtete Cleta ihr bei.
    »Wisst ihr, wo Dr. Fielding ist?«, fragte ich die beiden.
    »Ich hab ihn vor kurzem noch hier rumlaufen sehen«, sagte Polly.
    Ich fand ihn in der medizinischen Bibliothek, wo er in Ernährung in Gymnastik und Sport blätterte. Er lächelte, als er mich sah, aber er schien müde und nicht ganz auf dem Damm.
    »Ich esse nicht genug Kohlehydrate«, sagte er und tippte mit dem Zeigefinger auf eine Seite. »Immer wieder sage ich mir, dass mein Glycogenspiegel auf null sinkt, wenn nicht fünfundfünfzig bis siebzig Prozent dessen, was ich esse, aus Kohlehydraten bestehen. In letzter Zeit mangelt es mir an Energie ...«
    »Jack.« Mein Tonfall ließ ihn innehalten. »Ich möchte, dass Sie absolut offen zu mir

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