Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
sich in sein Gesicht wie Klauen, als alle Anwesenden ihre Aufmerksamkeit ihm zuwandten, diesem Mann, auf dessen Hals ihr Fuß stand.
    »Waren weniger als sechzig Dollar in der Kasse wie bei den anderen Läden?«
    »Meinen Sie, dass Minimärkte zu dieser Jahreszeit professionell bewacht werden sollten?«
    Marino, unrasiert, voller Bier, blickte in die Kameras und sagte: »Wenn es mein Laden wäre, dann würde ich ihn bewachen lassen.«
    Bray kam auf mich zu.
    »Sie schreiben diese zwei Raubmorde also der Tatsache zu, dass Weihnachten vor der Tür steht?«
    »Ich schreibe sie einem kaltblütigen und gewissenlosen Irren zu.
    Er wird es wieder tun«, sagte Marino. »Wir müssen ihn dingfest machen, und das werden wir auch.«
    Bray stellte mich, als ich um die Streifenwagen herumging. Sie hatte das Cape fest um sich gezogen und war so kalt und erbarmungslos wie das Wetter.
    »Warum lassen Sie das zu?«, fragte sie mich.
    Ich blieb auf der Stelle stehen und sah ihr in die Augen. Mein Atem schwebte durch die Luft wie der Dampf einer Lok, die sie überfahren würde.
    »Das Wort lassen würde ich im Zusammenhang mit Marino nicht benutzen«, sagte ich. »Ich vermute, Sie werden das auf die harte Weise herausfinden.«
    Ein Journalist von einem örtlichen Klatschblatt erhob die Stimme und rief: »Captain Marino! Angeblich sind Sie kein Detective mehr. Was tun Sie hier?«
    »Deputy Chief Bray hat mich mit Sonderaufgaben betraut«, sagte Marino grimmig in die Mikrofone. »Ich leite diese Ermittlungen.« »Er ist erledigt«, sagte Bray zu mir.
    »Er wird nicht stillschweigend abtreten. Er wird einen Krach machen, wie Sie ihn noch nie in Ihrem Leben gehört haben«, versprach ich ihr und ging weiter.

24
    Marino wartete an der vorderen Tür auf mich. Die Erste, die wir sahen, als wir das Geschäft betraten, war Anderson. Sie stand vor dem Ladentisch und wickelte einen leeren Aschenbecher in braunes Papier, während Kriminaltechniker Al Egglestone die Registrierkasse auf Fingerabdrücke untersuchte. Anderson schien überrascht und gar nicht glücklich über unser Auftauchen.
    »Was wollen Sie hier?«, fuhr sie Marino an.
    »Bier kaufen. Wie geht's, Egglestone?«
    »Immer dasselbe, immer dasselbe, Pete.«
    »Wir sind noch nicht fertig«, sagte Anderson zu mir.
    Ich ignorierte sie und fragte mich, wie großen Schaden sie hier schon angerichtet hatte. Gott sei Dank machte Egglestone die wichtige Arbeit. Mir fiel sofort der umgeworfene Stuhl hinter dem Ladentisch auf.
    »Lag der Stuhl schon so da, als die Polizei eintraf?«, fragte ich Egglestone.
    »Soweit ich weiß.«
    Anderson verließ unvermittelt die Örtlichkeit, wahrscheinlich um Bray zu suchen. »Oh je, oh je«, sagte Marino. »Alte Petze.« »Das kannst du laut sagen.«
    An der Wand hinter der Theke waren bogenförmige Blutspuren, die nur von einer arteriellen Blutung stammen konnten.
    »Gut, dass du hier bist, Pete, aber du ärgerst eine Schlange mit einem Hölzchen.«
    Die Blutspuren führten um den Ladentisch herum und den Gang entlang, der am weitesten von der Vordertür entfernt war.
    »Marino, komm her«, sagte ich.
    »He, Egglestone, schau, ob du die DNS des Kerls irgendwo finden kannst. Steck sie in eine kleine Flasche, und vielleicht können wir ihn dann im Labor klonen«, sagte Marino, während er zu mir ging. »Dann wissen wir, wer zum Teufel er ist.«
    »Du bist ein Spitzenwissenschaftler, Pete.«
    Ich wies ihn auf die Blutspuren hin, die sich gemäß dem Auf und Ab von Kim Luongs systolischem Herzschlag verteilt hatten, während sie durch die Halsschlagader verblutete. Die Spuren befanden sich nahe am Boden und erstreckten sich über ungefähr sechs Meter auf Regalen mit Papierhandtüchern, Toilettenpapier und anderen Haushaltsartikeln.
    »Himmel«, sagte Marino, als ihm die Bedeutung der Blutspuren aufging. »Er schleift sie nach hinten, während das Blut aus ihr herausspritzt?«
    »Ja.«
    »Wie lange lebt man noch, wenn man so blutet?«
    »Ein paar Minuten«, sagte ich. »Maximal zehn.«
    Davon und von den schwachen, ausgefransten und eng beieinander liegenden Streifen abgesehen, die ihr Haar und ihre Finger hinterlassen hatten, als er sie durch ihr eigenes Blut zog, gab es keine weiteren Blutspuren. Ich stellte mir vor, dass er sie an den Füßen gepackt hielt, ihre Arme sich öffneten wie Flügel und ihr Haar hinter ihr herschleifte wie Federn.
    »Er hat sie an den Knöcheln gehalten«, sagte ich. »Sie hatte langes Haar.«
    Anderson war zurückgekommen und

Weitere Kostenlose Bücher