Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
im Fleisch ihrer linken Brust, während ich im Kopf Körpertemperatur mit Raumtemperatur gegeneinander abwog und berechnete, wie weit fortgeschritten livor mortis und rigor mortis waren. Ich hörte Schritte, Gemurmel und wie jemand hustete. Ich schwitzte hinter meinem Gesichtsschutz.
    »Ich brauche mehr Platz«, sagte ich.
    Niemand rührte sich.
    Ich sah zu Bray und hielt inne.
    »Ich brauche mehr Platz«, sagte ich wütend. »Schicken Sie die Leute raus.«
    Sie machte eine Kopfbewegung, die allen außer mir galt. Polizisten warfen Latexhandschuhe in einen roten Sack und verließen den Raum.
    »Sie auch«, sagte Bray zu Anderson.
    Marino tat, als würde Bray nicht existieren. Bray ihrerseits ließ mich nicht aus den Augen.
    »Ich möchte nie wieder an so einen Leichenfundort kommen«, sagte ich zu ihr, während ich arbeitete. »Keiner Ihrer Polizisten, Ihrer Techniker, niemand - und ich meine niemand - berührt die Leiche oder macht sich in ihrer Nähe zu schaffen, bevor ich nicht da bin oder einer meiner Pathologen.«
    Ich sah auf zu ihr.
    »Haben wir uns verstanden?«, fragte ich.
    Sie schien ernsthaft über das nachzudenken, was ich gesagt hatte. Ich legte einen neuen Film in meine Fünfunddreißig-Millimeter-Kamera. Meine Augen wurden müde, weil das Licht so schlecht war, und ich ließ mir von Marino die Taschenlampe geben. Ich hielt sie schräg auf Kim Luongs linke Brust und anschließend auf ihre rechte Schulter. Bray trat näher, streifte mich, als sie sehen wollte, wofür ich mich interessierte, und es war merkwürdig und erschreckend zu riechen, wie sich ihr Parfum mit dem Geruch des sich zersetzenden Bluts mischte.
    »Der Tatort gehört uns, Kay«, sagte sie. »Ich nehme an, dass Sie in der Vergangenheit unter anderen Bedingungen gearbeitet haben - wenn auch vielleicht nicht überall und zu jeder Zeit.
    Das meinte ich, als ich sagte -«
    »Sie reden nichts als Scheiße!« Marino schleuderte ihr die unhöflichen Worte ins Gesicht. »Captain, Sie halten sich da raus«, schlug Bray zurück. »Sie sind diejenige, die sich raushalten sollte«, sagte er sehr laut.
    »Deputy Chief Bray«, sagte ich, »die Gesetze des Staates Virginia regeln, dass der Gerichtsmediziner für die Leiche verantwortlich ist. Die Leiche fällt in meinen Zuständigkeitsbereich.«
    Ich machte die letzten Fotos und sah ihr dann in die kalten hellen Augen.
    »Die Leiche darf nicht angefasst werden. Nichts darf an ihr verändert oder in irgendeiner Weise manipuliert werden. Habe ich mich klar ausgedrückt?«, sagte ich.
    Ich zog meine Handschuhe aus und warf sie verärgert in den roten Sack.
    »Sie haben dieser Frau gerade das Herz herausgeschnitten, was ihren Beweiswert anbelangt, Deputy Chief Bray.«
    Ich schloss meinen Koffer und verriegelte ihn.
    »Sie und der Staatsanwalt werden in diesem Fall hervorragend miteinander auskommen«, fügte Marino wütend hinzu, als auch er seine Handschuhe abstreifte. »In diesem Fall wird es keine Gerechtigkeit geben.«
    Er deutete mit einem dicken Finger auf die tote Frau, als hätte Bray sie höchstpersönlich abgeschlachtet.
    »Wenn wir den Täter Ihretwegen nicht erwischen!«, schrie er sie an. »Sie und Ihre kleinen Machtspiele und großen Titten! Mit wem sind Sie ins Bett gegangen, um diesen Posten zu ergattern?«
    Brays Gesicht wurde aschfahl.
    »Marino!« Ich fasste ihn am Arm.
    »Ich will Ihnen was sagen.«
    Marino war außer sich, entriss mir seinen Arm und schnaubte laut wie ein verwundeter Bär.
    »Das zusammengeschlagene Gesicht dieser Frau hat nichts mit Politik oder Fernsehinterviews zu tun, Sie gottverdammte elende Nutte! Wie würde es Ihnen gefallen, wenn es Ihre Schwester wäre? Ach, Scheiße! Was rede ich da?« Marino riss die mit Talkumpuder bedeckten Hände hoch. »Sie haben ja keine Ahnung, was es heißt, wenn man sich um jemand sorgt.«
    »Marino, hol die Sanitäter rein«, sagte ich.
    »Marino holt niemanden.« Brays Tonfall hörte sich an, als würde eine Metallschachtel zugeschlagen.
    »Was haben Sie vor? Mich feuern?« Marino konnte nicht aufhören, sie zu provozieren. »Nur zu. Und ich werde allen verdammten Reportern von hier bis Island erzählen, warum.«
    »Sie zu feuern wäre zu einfach«, sagte Bray. »Besser ist es, wenn Sie weiterhin ohne Gehalt vom Dienst suspendiert bleiben und leiden. Ja, das könnte noch sehr, sehr lange so weitergehen.«
    Sie war verschwunden wie ein roter Blitz, eine rachedurstige Königin, die ging, um ihren Armeen den Angriff auf uns zu

Weitere Kostenlose Bücher