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Blinder Rausch - Thriller

Blinder Rausch - Thriller

Titel: Blinder Rausch - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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dass ihn nichts auf der Welt mehr aus der Ruhe bringen könnte. »Kannst kommen!«, hörte er ihre Stimme gedämpft durch die Tür. Mit dem Tablett in beiden Händen machte er sich leicht schwankend auf den Weg. Gerade überlegte er, wie er die Klinke bedienen könnte, als die Tür von innen aufgezogen wurde. »Überraschung!«, rief sie und öffnete die Tür in einem weiten Bogen, sodass er mit einem Blick alles erfassen konnte.
    »Uff«, entfuhr es ihm. Das Glas auf dem Tablett klirrte, so sehr zitterten seine Arme.
    »Überraschung geglückt?«, fragte sie. Sein Blick heftete sich auf den Glitzerschmetterling, der auf ihrer Brust tanzte, genau dort, wo er die ganze Zeit gesessen hatte. Das T-Shirt und ihre sonstigen Kleider waren alle hübsch an ihrem Platz geblieben. Alles andere war nicht an seinem Platz geblieben. Der Korbsessel war leer geräumt und zeigte, dass er eigentlich mit einem gestreiften Sitzkissen ausgestattet war, das Niklas seit Monaten nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Im Bücherregal stapelte sich in einem Fach sorgfältig zusammengelegte Kleidung. Alle Bücher standen im Regal wie Soldaten. Die Schreibtischplatte glänzte. Jeder Stift steckte ordentlich in einem Behälter. Niklas stand wie vom Donner gerührt. »Gefällt es dir nicht?«, fragte sie mit deutlicher Enttäuschung. »Doch, doch«, sagte er wenig überzeugend. Um etwas zu tun, durchschritt er das ungewohnt barrierefreie Zimmer und ging in die Knie, um das Tablett auf dem Schreibtisch abzustellen. Dabei knirschte es verdächtig in den Schulternähten des Seidenmantels. Als Niklas sich wieder aufrichtete und sich nach Denise umwandte, hatte sich der Bindegürtel in einer Armlehne des Schreibtischstuhls verfangen und fiel ab. Der Mantel sprang auf.
    »Hey, du bist ja nackt«, entfuhr es Denise. Er zog hastig die beiden Teile des Mantels zusammen und kam sich in dieser Haltung wie ein ertappter Exhibitionist vor. Denise ließ sich auf die Bettcouch fallen und begann zu lachen.

    Wie geplant verließ Leonie mit Jeans und Hemd bekleidet und ihrer großen Tasche unter dem Arm Hannas Elternhaus. Hanna hatte Tränen in den Augen, als Leonie sich verabschiedete. Am S-Bahnhof Stadtmitte suchte Leonie die öffentliche Toilette auf und zog sich in einer der engen Kabinen um. Die Tasche mit ihren Alltagskleidern und Schuhen verstaute sie in einem Schließfach. Zufrieden lächelnd verwahrte sie den Schließfachschlüssel in der kleinen Reißverschlusstasche an ihrem Schlüsselbund. So viel perfekte Planung, das kann man fast schon »kriminelle Energie« nennen, dachte sie verschmitzt. Dann studierte sie den Fahrplan, um herauszufinden, wann die nächste Bahn Richtung Dichterviertel abfuhr.
    Sie würde dann noch einmal in den Bus umsteigen müssen oder von der S-Bahnhaltestelle aus laufen, aber das würde bestimmt eine halbe Stunde dauern! Den Fahrschein zwischen den Zähnen eilte Leonie durch die Sitzreihen in der S-Bahn und prüfte dabei ihr Spiegelbild in den Seitenscheiben. Draußen war es bereits dunkel. Der Anschlussbus fuhr ihr vor der Nase weg.
    Es war schon fast halb elf, als Leonie endlich in dem Nobelviertel angekommen war. In ihrer Tasche meldete ein kleiner Gong das Eintreffen einer SMS . Hanna wünschte ihr viel Spaß. Den würde sie hoffentlich haben. Leonie schaltete das Handy leise und sah sich zaghaft um. Die meisten Grundstücke waren von dichten Hecken umgeben. In den Gärten war es totenstill. Anscheinend waren die meisten Bewohner irgendwo im Sommerurlaub. Wenige Eingangspforten waren mit Türschildern gekennzeichnet. Meistens wiesen nur die Initialen auf die Eigentümer hin. Immerhin waren die Straßenschilder gut lesbar angebracht. Als Leonie endlich in die Hölderlinstraße einbog, musste sie nur noch der Partymusik folgen, deren Bässe weit hörbar in den Abendhimmel wummerten. Hier gab es offensichtlich keine Frau Hofmeister, die sich über den Lärm beschwerte. Endlich stand Leonie vor einer weiß getünchten Villa mit einem ausladenden Dach und einem großen umlaufenden Balkon.
    Die Musik dröhnte aus dem Kellergeschoss. Draußen auf den Stufen saßen ihr unbekannte junge Männer und Frauen mit Flaschen und Zigaretten in der Hand vor der geöffneten Haustür. Sie waren schon deutlich angeheitert und lallten Leonie etwas entgegen, was sie nicht verstand. Ein Mädchen mit speckigem Gesicht und glasigen Augen kicherte und musterte Leonie, dann flüsterte sie ihrem Begleiter etwas ins Ohr und beide lachten laut. Leonie

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