Blinder Rausch - Thriller
die Mundwinkel und schüttelt ihren nassen Ärmel aus. Sie sieht Benny direkt in die Augen. »Nein!«, erklärt sie unmissverständlich. Bennys verhärtete Gesichtszüge glätten sich wieder. »Nein?«, fragt er nach. »Nein!«, kommt es noch einmal deutlich und klar von ihr. Benjamin lächelt sie an. »Das sah aber einmal ganz anders aus.« Leonie nickt bestätigend und sagt dann leise, aber mit fester Stimme: »Das verstehe ich jetzt selbst nicht mehr. Ich habe mir etwas zusammengeträumt, was er gar nicht ist. Ich bin auf seine Schau hereingefallen, und er hat mich belogen und ausgenutzt. Und dich auch, Benny. Du solltest ihn nicht länger schützen! Frederik hat etwas mit Denises Tod zu tun und du könntest helfen, das endlich aufzuklären.«
Bennys Augen gleiten forschend über Leonies Gesicht. Seine Oberlippe zittert. Er atmet schwer gegen etwas an, das ihn bedrückt. Schließlich sagt er: »Wenn du es dir wünschst, dann …« Weiter kommt er nicht, denn Leonie reißt ihr brummendes Handy aus der Tasche. »Nik! Mensch, Nik«, ruft sie begeistert. »Weißt du, wie lange ich schon darauf warte, endlich mit dir zu reden? – Wie. Ihr wart ein Internat anschauen? – Nein! Das ist keine Lösung. Bitte. Ich will, dass du bleibst. Wir kriegen das schon hin. Und wenn sie in der Schule alle schlecht reden über dich, dann können die was von mir hören und von Hanna und Sercan auch. Wir sind deine Freunde! Vergiss das nicht!« Leonie lauscht mit strahlenden Augen auf das, was Niklas ihr erzählt. »Klar, versteh ich das!«, sagt sie darauf. »Sag, wann du endlich wieder nach Hause kommst. Sonntagmittag? – Das ist gut. Ich freu mich riesig auf dich! – Du, wir schreiben uns nachher bei MYFRIENDS , O.K. ? Oder hat deine Oma etwa kein Internet? – Wie? Sie ist selbst ein Internetjunkie? – Wow!« Leonie kichert. »Ciao – bis dann!« Sie steckt das Handy wieder ein. Ihr Lächeln erstarrt, als sie aufsieht und in Bennys Gesicht blickt. Seine Haut ist grauweiß, er presst die Lippen aufeinander. Er wendet sich zur Seite und lehnt sich über die Holzbrüstung. »So ist das also«, stößt er hervor und schaut hinaus in den Regen. Leonie runzelt die Stirn. Sie versteht nicht, was er meint. Sie überlegt, worüber sie sich vor dem Telefongespräch unterhalten haben, nimmt den Faden wieder auf und verknüpft ihn mit Benjamins letzter Bemerkung. »Ja, so ist das. Ich finde, du musst der Polizei sagen, was du weißt.« »Gar nichts muss ich«, faucht Benjamin. Er richtet sich bedrohlich vor ihr auf und sieht sie mit schmalen Augen an: »Du bist doch selbst dran schuld! Du wolltest es doch nicht anders! Warst hinter ihm her wie eine rollige Katze! Und Denise! Die erst recht. Weißt du, was ich denke? Sie hat den Tod verdient!« Leonie erstarrt. Benjamin steht am ganzen Körper bebend vor ihr. Aus seinem Hals kommt ein trockener Laut, ein verzweifeltes Schluchzen. Er packt Leonie an beiden Schultern und durchbohrt sie mit Blicken. Seine Stimme ist ein sprödes Wispern: »Ja, da staunst du jetzt, nicht wahr, dass der liebe, doofe Benny plötzlich so etwas Böses sagt. Aber du weißt eben nicht, wie das ist, wenn sie dich – egal wo du hingehst – als den Loser, die Schwuchtel beschimpfen. Immer, wenn du irgendwo dazukommst, hören plötzlich alle auf zu reden. Sie schau’n dich an und grinsen, und es steht auf ihren Stirnen geschrieben, was sie gerade wieder über dich gedacht und gelästert haben. Ständig hecken sie etwas Neues gegen dich aus. Mal findest du deine Sachen im Müll, mal stecken sie dir Hundescheiße in die Brotdose. Und Denise, die hat zwar selbst kaum etwas gemacht, aber sie hat am lautesten mit den anderen darüber gelacht, wenn der Streich gegen den Loserbenny mal wieder gelungen war. Ihr Lachen war für die der Lohn, es das nächste Mal noch toller zu treiben. Denn alle wollten ja mit der superobertollen Denise befreundet sein! Eine Hexe war die, eine widerliche Scheißhexe! Ich habe eine Weile gebraucht zu verstehen, dass eigentlich sie hinter allem steckte. Alle wollten sich gut mit ihr stellen und dazu gehörte, dass man die Leute fertigmacht, die sie fertigmachte. Sie hat dafür gesorgt, dass ich keine Chance mehr hatte. Oli und Andy hat sie auf mich gehetzt wie ihre Hunde! Bei jeder passenden Gelegenheit. Weißt du, wie man sich dabei fühlt?« Leonie schaut angstvoll in Benjamins schmerzverzerrtes Gesicht. »Es tut mir sehr leid, Benny. Auch wenn das jetzt wahrscheinlich nicht gut für dich
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