Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
habe ihn nur aus einem einzigen Grund nicht kaltgemacht: Weil Sie mich angebettelt haben, es nicht zu tun. Das bedeutet mir mehr als das Versprechen, das ich ihm an dem Abend gegeben habe, als ich ihn verprügelt habe.«
Die restliche Fahrt verlief schweigend. Er half ihr die Einfahrt hinauf zur Tür und folgte ihr ins Haus. Eine zerbrochene Vase und mehrere welke Rosen lagen auf dem Wohnzimmerboden. Auf dem Teppich prangte ein Fleck. Eines der Bilder an der Wand hing schief. Eine Stehlampe mit eingedrücktem Schirm lag auf dem Boden.
Inzwischen schämte sie sich nicht länger für die stummen Zeugnisse von Rogers Gewaltbereitschaft. Stattdessen machten sie sie wütend. Doch mindestens genauso wütend war sie auf sich selbst, weil sie all die Monate Ausreden für sein Verhalten gesucht, ihn viel zu lange hatte gewähren lassen. Trotzig nahm sie die Sonnenbrille ab und wandte sich Dodge zu.
Sein Kiefer spannte sich an, und er wippte rhythmisch auf den Fußballen vor und zurück, als drohe ihn die Wut zu übermannen. »Vielleicht überlege ich es mir ja noch mal und bringe ihn doch um.«
»Nein. Er ist es nicht wert.« Er schien etwas erwidern zu wollen, verkniff es sich jedoch. »Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie mich nach Hause gebracht haben. Danke«, sagte sie.
»Gern geschehen. Ich warte, bis Sie ein paar Sachen zusammengepackt haben.«
»Was für Sachen?«
»Ihre Sachen. Was Sie mitnehmen wollen. Sie bleiben erst mal eine Weile bei mir. Mein Apartment ist zwar nicht gerade ein Palast, aber …«
»Wovon reden Sie da? Ich kann nicht bei Ihnen bleiben.«
»Sie können und Sie werden.«
»Vergessen Sie’s.«
»Holen Sie jetzt Ihre Sachen.«
»Woher nehmen Sie das Recht, mich herumzukommandieren?«, fragte sie wütend. »Nur weil Sie eine Dienstmarke haben? Weil Sie recht hatten, was Roger angeht? Sie haben mir vorgeworfen, ich würde aus reiner Sturköpfigkeit bei ihm bleiben. Ja, na gut, Sie hatten recht, ich gebe es zu. Ich hätte diese Beziehung schon vor Monaten beenden sollen, habe es aus Stolz aber nicht getan. Ich wollte mir nicht eingestehen, dass ich mich in ihm getäuscht und seinen wahren Charakter nicht erkannt hatte. Im Gegensatz zu Ihnen. Das gibt Ihnen aber noch lange nicht das Recht, Rogers Platz einzunehmen und mich zu bevormunden.«
Sie richtete sich zu voller Größe auf, trotzdem überragte er sie immer noch um ein ganzes Stück. »Das war das letzte Mal, dass mich jemand terrorisiert hat, Dodge. Ich lasse mich nicht noch einmal herumschubsen, weder emotional noch körperlich noch sonst irgendwie.«
Er stieß den Atem aus. »Okay, Caroline, es fällt mir schwer zu sagen, was ich empfinde. Bei mir hört es sich immer an, als würde ich jemanden herumkommandieren, selbst wenn ich es gar nicht so meine. Und ich will es auch gar nicht. Das schwöre ich. Ich versuche nur, nett zu Ihnen zu sein … ein Freund. Sie brauchen Hilfe, und ich kann sie Ihnen geben. Aber wie ich es auch drehe und wende, und auch wenn Sie sich noch so sehr dagegen sträuben, ich werde Sie hier nicht allein zurücklassen. Ende der Diskussion.«
»Das klingt für mich definitiv nach Herumkommandieren.«
»Verklagen Sie mich doch.«
Ein Lächeln erschien auf ihren Zügen, verblasste jedoch sofort wieder. »Ich bin hier sicher. Roger sitzt im Gefängnis.«
»Er ist schon wieder auf freiem Fuß. Seit gestern Abend. Seine Familie hat die Kaution gestellt.«
»Aber er wird nicht mehr herkommen.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Weil er es gesagt hat. Er war stocksauer und meinte, er sei fertig mit mir.«
»Trotzdem kann er seine Meinung jederzeit ändern. Und ich will nicht, dass Sie dann hier sind. Sie sollten sich sogar eine ganz neue Bleibe suchen. Ich meine, Sie sind doch Maklerin. Verkaufen Sie das Haus und suchen Sie sich etwas anderes.«
Sie lachte freudlos. »Das wäre wahrlich ausgleichende Gerechtigkeit.«
»Was meinen Sie damit?«
»Genau das war der Punkt, der ihn so auf die Palme gebracht hat. Ich war völlig aus dem Häuschen wegen eines Auftrags. Wenn ich es schaffe, das fragliche Haus zu verkaufen, wird das mein bisher größter Deal. Ich habe mich so gefreut und die ganze Zeit davon geschwärmt, aber dann hat Roger gemeint, er könnte nur hoffen, dass ich den Deal noch unter Dach und Fach kriege, bevor ich kündige.« Sie hielt inne.
»Im ersten Moment dachte ich noch, ich hätte mich verhört, aber als ich gefragt habe, was er damit meint, hat er klipp und klar gesagt, dass ich nicht
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