Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
einige Momente lang in die Augen. »Aber es war gar nicht Roger Campton, stimmt’s, Mutter?«
Caroline schüttelte den Kopf.
»Nach Daddys Tod habe ich dir immer wieder zugeredet, dich nach einem neuen Partner umzusehen, aber du hast gesagt, du hättest kein Interesse, eine neue Beziehung einzugehen. Du hättest eine gute Ehe mit einem wunderbaren Mann geführt. Du hättest die Liebe deines Lebens bereits gefunden, hast du damals zu mir gesagt. Und ich dachte, du meinst ein- und denselben Mann damit.« Berry lächelte wehmütig. »Aber so war es nicht.«
Caroline ließ sich auf die Bettkante sinken.
»Mein leiblicher Vater war die Liebe deines Lebens.«
Ihre Mutter nickte.
»Dodge.«
Tränen quollen aus Carolines Augen und liefen ihr über die Wangen.
21
Houston, Texas, 1978
D odge wartete auf Caroline, als eine Schwester sie im Rollstuhl zum Klinikeingang fuhr. Eigentlich brauchte sie keinen, doch das Krankenhaus hatte nun mal seine Vorschriften.
Er hatte seinen Wagen im Halteverbot am Straßenrand abgestellt, doch das 20 mal 23 Zentimeter große Schild mit dem Logo der Houstoner Polizei verlieh ihm einen offiziellen Charakter, sodass er keine Gefahr lief, einen Strafzettel zu kassieren.
Lässig, mit gekreuzten Knöcheln und vor der Brust verschränkten Armen, stand er gegen die Fahrertür gelehnt da. Als die Schwester den Rollstuhl durch die Automatiktür schob, stieß er sich ab und ging auf sie zu.
Caroline blickte durch die dunklen Gläser ihrer Sonnenbrille zu ihm hoch. »Ich habe ein Taxi bestellt.«
»Und ich habe dem Fahrer schon zehn Mäuse in die Hand gedrückt. Ich werde Sie jetzt nach Hause bringen.«
Sein Tonfall ließ keinen Widerspruch zu. Er bedeutete der Schwester, den Rollstuhl zu seinem Wagen zu fahren. »Ms King?«, fragte sie zögernd und wartete darauf, dass Caroline nickte.
Sie trug dieselben Sachen wie bei ihrer Einlieferung drei Tage vorher und hatte nichts außer ihrer Handtasche bei sich. Dodge nahm sie ihr ab und legte sie auf den Rücksitz, ehe er ihr die Hand reichte und ihr half, aus dem Rollstuhl aufzustehen. Sie bedankte sich bei der Schwester, die ihr alles Gute und eine schnelle Genesung wünschte, ehe sie kehrtmachte und den Stuhl zum Eingang zurückschob.
Dodge fragte Caroline, ob sie sich lieber auf den Rücksitz legen wollte.
»Nein, ich setze mich auf den Beifahrersitz.«
Einen Moment lang schien er Einwände erheben zu wollen, vor allem, als er sah, wie steif und vorsichtig sie sich bewegte, doch dann half er ihr, es sich so bequem zu machen, wie es ihr Zustand erlaubte. Dann ging er um den Wagen herum und setzte sich hinters Steuer. Drei Häuserblocks lang herrschte Schweigen.
Schließlich blieb er an einer Ampel stehen und wandte sich ihr zu. »Wie fühlen Sie sich?«
»Schwach. Als hätte ich drei Tage nur im Bett gelegen.«
»Haben die Ihnen denn nichts zu essen gegeben?«
»Doch, aber ich hatte keinen Appetit.«
»Kann ich mir denken«, meinte er und verzog das Gesicht. »Krankenhauskost.«
»Waren Sie schon mal im Krankenhaus?«
»Nein, noch nie. Aber ich habe es mir sagen lassen.«
Sie lächelte, doch ihre Lippen zitterten ein wenig.
»Tut es weh?«, fragte er.
»Nicht so sehr, wie man annehmen würde. Es sieht nur schlimm aus. Ich glaube, eine der Schwestern hatte großes Mitleid mit mir. Von ihr habe ich die Sonnenbrille.«
Er versuchte, hinter die dunklen Gläser zu spähen, um sich ein Bild vom Ausmaß des Schadens zu machen, doch in diesem Augenblick sprang die Ampel auf Grün, und der Fahrer hinter ihm begann zu hupen.
»Wie haben Sie davon erfahren?«, fragte sie.
»Jimmy Gonzales hat es mir erzählt.«
»Aber er war doch gar nicht da.«
»Er hatte an dem Abend frei, aber trotzdem ist es sein Revier. Er hat es am nächsten Morgen gehört. Allerdings war ich ein paar Tage nicht erreichbar, deshalb konnte ich erst gestern Abend mit ihm reden. Ich habe gleich heute Morgen im Krankenhaus angerufen und erfahren, dass Sie entlassen werden.«
»Müssen Sie heute denn nicht arbeiten?«
»Ich habe mich krank gemeldet.«
Minutenlang fuhren sie schweigend weiter. »Haben Sie sich Roger vorgeknöpft?«, fragte sie dann.
»Das hätte ich am liebsten getan. Und würde es immer noch gern. Ich könnte den Kerl umbringen.« Seine Finger umklammerten das Steuer so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. »Aber ich werde es nicht tun.«
Sie wartete schweigend.
Schließlich bremste er an der nächsten Ampel und sah sie wieder an. »Ich
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