Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
Überwachungskamera gehalten«, sagte ein anderer.
»Und?«
»Wenn unser Mann also so unverschämt ist, wie du behauptest, wäre ihm so was doch ohne Weiteres zuzutrauen, oder nicht? Unser Bankräuber ist ein elender Klugscheißer, der sich mit seinen Taten gern mal ein bisschen brüstet.«
»Hinter seiner Maske.«
»Kann ja sein, aber trotzdem …«
Eine Debatte brach los. Dodge, der die Meinung des ersten Kollegen teilte, hatte nichts dazu beizutragen, deshalb hielt er sich zurück und unterdrückte vergeblich ein Gähnen.
»Hanley!«
Dodge setzte sich auf seinem Stuhl auf. »Ja, Sir?«
»Wie weit sind Sie mit Madisons Freundin?«
Tommy Ray Madison, einer ihrer Verdächtigen, hatte wegen Überfalls auf ein Fast-Food-Restaurant gesessen, war jedoch inzwischen auf Bewährung draußen. Ihre Täterbeschreibung passte in puncto Körpergröße und -gewicht auf ihn.
»Wenn Sie es genau wissen wollen, bin ich nicht mal ansatzweise rangekommen, Sir«, antwortete Dodge.
»Nicht mal ein bisschen fummeln?«, gackerte einer seiner Kollegen. »Gib’s zu, du hast den Schwanz eingezogen.«
»Genau so war’s.«
»Wie das? Ich dachte, Sie sind unser Romeo hier im Department, Hanley.«
»Die Chemie stimmt nicht mehr. Das Mädchen hat einen Braten in der Röhre.«
»Oh, scheiße. Von wem denn? Von Madison?«
Dodge reckte den Daumen. »Sie ist im vierten Monat. Sie und Tommy Ray lieben sich heiß und innig. Er wird jetzt solide, liebt sie und das Baby und will heiraten.«
»Du sagtest doch, die Kleine hätte was in der Birne.«
»Diesen Eindruck habe ich zumindest von ihr.«
»Aber Madison ist ein beschissener Verbrecher!«, schrie der Captain. »Und sie fällt auf diesen Schwachsinn mit Blümchen und Herzchen herein?«
Dodge zuckte die Achseln. »Vielleicht ist das ja ihre Vorstellung von Liebe, Sir. Außerdem sagt sie, Tommy Ray hätte im Knast zu Jesus gefunden.«
»Wie das? Hat Jesus etwa einen Abstecher nach Huntsville gemacht?«, fragte einer der anderen in die Runde.
»Immer dort, wo man ihn am wenigsten vermuten würde«, warf ein anderer ein.
Wieherndes Gelächter brach los. Der Captain bedeutete seinen Männern, sich wieder zu beruhigen, und wandte sich erneut an Dodge. »Was glaubt die Schlampe, wer Sie sind?«
»Nur ein Stammgast, der immer die Fajita mit zweierlei Fleisch bestellt. Sie stellt mir ein Corona hin, sobald ich mich hinsetze. Mit zwei Zitronenschnitzen. Ich gebe ihr ein anständiges Trinkgeld und kann gut zuhören.«
»Sie reden also viel mit ihr?«
»So gut es geht, ohne dass sie Verdacht schöpft. Ich bleibe meistens bis kurz vor der Sperrstunde. Wenn es allmählich leerer wird, hat sie ein bisschen Zeit, mit mir zu plaudern. Ich glaube, ich habe inzwischen ihr Vertrauen gewonnen.«
»Und welche Story haben Sie ihr aufgetischt?«
»Dass ich nichts habe, wo ich sonst hin könnte. Dass ich es hasse, in meiner Wohnung herumzuhocken, die ich mir genommen habe, weil meine Frau einen Kerl aufgegabelt hat, mit dem sie inzwischen in unserem gemeinsamen Haus lebt.«
»Ich fang gleich an zu heulen«, warf einer von Dodges Kollegen ein und betupfte seine staubtrockenen Augenwinkel.
»Klingt wie ein rührseliger Country-Song.«
Der Captain runzelte die Stirn und wandte sich wieder an Dodge. »Und wie schätzen Sie die Sache ein?«
Dodge hatte ausgiebig über Tommy Ray Madison und seine Freundin nachgedacht. Ihm war sonnenklar, dass seine Einschätzung seinen Kollegen nicht gefallen würde, trotzdem hielt er nicht damit hinterm Berg.
»Sie ist ein nettes Mädchen. Viel zu nett für Madison, aber man weiß nie, wo die Liebe hinfällt. Und vielleicht hat er ja tatsächlich zu Jesus gefunden und ist heute ein anderer Mann als früher. Allerdings bin ich sicher, sie würde Tommy Ray in die Wüste schicken, wenn sie wüsste, dass er Banken ausraubt oder auch nur gegen seine Bewährungsauflagen verstößt, Baby hin oder her. Ich glaube, sie würde ihn notfalls sogar verpfeifen, nur zu seinem eigenen Besten. Die Frau ist für absolute Ehrlichkeit und so, deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass sie ihn decken würde, wenn er unser Mann wäre.«
»Ist er aber nicht. Das wollen Sie doch damit sagen, stimmt’s?«
»Beschwören kann ich es nicht, Captain, aber er steht jedenfalls nicht ganz oben auf meiner Liste.«
Inzwischen war Ruhe eingekehrt. Die Männer saßen nachdenklich auf ihren Stühlen. Es war schmeichelhaft, dass sie seinen Worten so große Bedeutung beimaßen. Der Captain fuhr
Weitere Kostenlose Bücher