Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
getan.«
»Schuldige Menschen.«
»Auch unschuldige«, erwiderte er ruhig. »Unter anderem sogar die Frau, mit der er heute verheiratet ist.«
Caroline beugte sich interessiert vor. »Er hat eine Mandantin geheiratet? Hört sich nach einer interessanten Geschichte an.«
Dodge warf ihr einen Blick zu. »Allerdings. Die Frau steckte in Schwierigkeiten, und er war derjenige, der sie da rausgeholt hat. Eine uralte Geschichte. Mann trifft Frau, sie braucht ihn, und siehe da – schon kommt er da nicht mehr raus.«
»Und verliert der Mann die Frau am Ende wieder?«, erkundigte sich Berry.
»Nein, zum Glück für Derek und Julie hatte ihre Geschichte ein Happy End«, sagte er, ohne den Blick von Caroline zu lösen. Einen Moment lang war die Anspannung im Raum förmlich mit Händen greifbar. Schließlich wandte Caroline den Blick ab.
Dodge verlagerte umständlich sein Gewicht auf dem knarzenden Schaukelstuhl und deutete auf das Tablett auf dem Couchtisch. »Als Sie dieses Tablett vorhin sahen, ist Ihnen etwas eingefallen. Sie sagten etwas von Weingläsern«, wandte er sich an Berry.
Sie setzte sich wieder in die Sofaecke und zog die Beine an. »Nach dem Essen haben Ben und ich beschlossen, uns den restlichen Wein in der Flasche zu teilen. Wir haben hier gesessen und unsere Gläser ausgetrunken, bevor wir nach oben gingen. Offenbar hat Deputy Nyland die Gläser auf dem Tisch stehen sehen und falsche Schlüsse daraus gezogen, was hier passiert ist.«
»Angesäuseltes Gefummel?«, fragte Dodge.
»Etwas in dieser Art.« Eine vertikale Furche erschien zwischen ihren Brauen. »Ich frage mich, ob er auch die Mülltonne durchwühlt und die Bier- und Weinflaschen gezählt hat.«
»Am meisten hat Mrs Lofland Ihre kleine Happy Hour auf die Palme gebracht«, bemerkte Dodge. Die beiden Frauen blickten ihn fragend an. »Ich habe mit ihr geredet.«
»Sie haben mit ihr geredet?«
»Wann?«, fragten die beiden wie aus einem Munde.
»Nach dieser hässlichen Szene vor dem Krankenzimmer. Sie beide haben die Köpfe zusammengesteckt, und Nyland kriegte einen Anruf. Deshalb dachte ich, es wäre vielleicht eine gute Idee, nach der kleinen Lady zu sehen und herauszufinden, was sie auf dem Herzen hat. Sie saß ganz allein mit einer Cola in der Cafeteria und weinte. Ich ging zu ihr, sagte ihr auf den Kopf zu, mir sei aufgefallen, wie durcheinander sie sei, und ob ich ihr vielleicht helfen könnte.«
Er gab nahezu wortwörtlich die Unterhaltung mit Bens Frau wieder – die so einiges erklärte. Und die in höchstem Maße besorgniserregend war.
Als er geendet hatte, brachten weder Caroline noch Berry es über sich, ihm in die Augen zu sehen. Die dünne Kette am Deckenventilator schlug leise klappernd gegen die Metallabdeckung. Dodge sog den Atem tief in seine geteerten Lungen und ließ ihn wieder entweichen. Der Schaukelstuhl gab ein Knarzen von sich, obwohl er hätte schwören können, dass er sich nicht vom Fleck gerührt hatte. All diese Geräusche verliehen ihrem Schweigen noch größere Eindringlichkeit.
»Stimmt das, Berry?«, fragte Dodge unverblümt.
Sie nickte.
Er runzelte die Stirn und sah zu Caroline hinüber, die auf ihre Hände starrte und sie abwechselnd zu Fäusten ballte und wieder löste. Er räusperte sich und stand auf. »Ich brauche eine Zigarette.«
Er hatte den Raum zur Hälfte durchquert, als Berry, ohne den Kopf zu heben, leise sagte: »Wenn Sie wieder hereinkommen, erkläre ich Ihnen alles.«
»Das würde uns enorm helfen.«
»Nur eines verstehe ich nicht …«
»Ja?«
Sie blickte auf und sah ihn an. »Kannten Sie Amanda Lofland denn?«
»Ich habe die Frau zum ersten Mal gesehen, als sie zu Ihnen gesagt hat, Sie sollen sich von ihrem Mann fernhalten.«
»Und trotzdem hat sie Ihnen nach nicht einmal einer halben Stunde ihr Herz ausgeschüttet. Wie haben Sie es geschafft, so schnell ihr Vertrauen zu gewinnen?«
»Das ist seine Spezialität«, sagte Caroline leise.
7
Houston, Texas, 1978
D ie Sondereinheit war der reinste Witz.
Zumindest in Dodges Augen. Ihr anzugehören, war nicht einmal ansatzweise so anspruchsvoll, wie man ihn glauben gemacht hatte, und bei Weitem nicht so spannend, wie er es sich selbst ausgemalt hatte. Er war heilfroh, keine Uniform tragen und keine Nachtschichten mehr schieben zu müssen, doch seine Tätigkeit bei der Einheit beschränkte sich bislang darauf, an Pflichtbesprechungen unter der Leitung aufgeblasener Egomanen teilnehmen zu müssen, die weder Konstruktives noch
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