Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
ihn an wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Ihre Augen waren rot und verquollen vom Weinen. »Oh, hi«, sagte sie nervös. »Das ist, äh, Franklin. Mein Freund.«
Albright musterte ihn von oben bis unten. »Hübsche Uniform.« Er beugte sich vor und las den frei erfundenen Namen, der in roten Buchstaben auf Dodges linker Hemdbrust eingestickt war. »Marvin«, sagte er und grinste.
Dodge ignorierte ihn. »Wieso weinst du? Kann ich dir helfen?«, fragte er Crystal.
Franklin verpasste Dodge einen heftigen Schlag gegen die Schulter. »Ja, kannst du. Indem du dich um deinen eigenen Scheißkram kümmerst.«
Die Streitlust brodelte in Dodge, seit er auf den Parkplatz gefahren war, doch er unterdrückte den Impuls, dem Exsträfling eins zu verpassen. Stattdessen beschränkte er sich darauf, seine Hand abzuschütteln. »Achte gefälligst auf deine Ausdrucksweise in Gegenwart einer Dame.«
»Schon gut«, wiegelte Crystal eilig ab. »Ich habe gar nicht geweint. Das liegt nur an meiner Allergie. Ich nehme gleich eine Tablette, dann ist es bald besser.« Sie warf einen besorgten Blick auf Albright und nickte in Richtung Fabrikeingang. »Geh ruhig schon vor. Ich will nicht, dass du meinetwegen zu spät zur Arbeit kommst.«
»Hast du denn Medikamente dabei? Wenn nicht, besorge ich dir gern welche.«
»Ich habe ein Päckchen in meiner Schreibtischschublade liegen, danke. Und jetzt geh. Wenn du zu spät kommst, kürzen die dir noch den Lohn.«
»Du musst es ja wissen, Ms Gehaltsabrechnung«, gab er neckend zurück.
Sie lächelte zittrig, während Franklin Albright mit finsterer Miene danebenstand.
Dodge starrte ihn an – Franklin sollte ihn ruhig für einen Waschlappen halten, der den harten Kerl herauskehrte. Dann drehte er sich um und schlenderte in Richtung Werkstor, wo er einen letzten finsteren Blick über die Schulter warf. Klappt ja wie am Schnürchen , dachte er.
»Wie erwartet«, erklärte er den anderen Mitgliedern der Spezialeinheit am selben Abend beim Einsatztreffen, »hat mich der gute alte Franklin nach Feierabend abgefangen und ist mir auf den Pelz gerückt.«
»Auf den Pelz gerückt? Definieren Sie das genauer«, forderte der Captain ihn auf.
»Er hat mich bei den Schultern gepackt und gegen den Zaun gedrückt. Ich habe versucht, mich zu wehren, aber nicht allzu heftig. Schließlich sollte er nicht merken, dass ich ihn problemlos hätte fertigmachen können, wenn ich gewollt hätte.«
»Was hat er gesagt?«
»Dass ich mich von Crystal fernhalten soll.«
»Und was haben Sie geantwortet?«
»Dass ich tue, was mir verdammt noch mal in den Kram passt.«
»Und was hat er darauf erwidert?«
»Dass ich das natürlich gern machen könnte. Wenn ich es drauf anlegen wollte, dass er mir den Schädel abreißt und ihn als Kloschlüssel benutzt.«
»Franklin ist ein Typ, der gut mit Worten umgehen kann, was?«, warf einer der Officers ein.
»Haben Sie herausgefunden, wieso sie geweint hat?«
»In der Mittagspause hat sie mir erzählt, sie hätte ihn noch mal aufs Heiraten angesprochen, aber er hätte nur gesagt, das könnte sie sich in die Haare schmieren. Ich habe ihr zugehört und gesagt, der Typ sei nicht nur hässlich wie die Nacht, sondern auch noch dämlich.«
»Und wie hat sie reagiert?«
»Sie musste lachen. Sie findet mich süß und lustig und mutig, weil ich mich nicht von ihm habe runtermachen lassen. Aber sie hat mich gewarnt, ihn bloß nicht zu sehr zu reizen. Er könne ziemlich aufbrausend sein und hätte ein Messer, hat sie gemeint. Aber ich habe sie beruhigt, ich hätte keine Angst vor ihm.« Dodge zuckte selbstgefällig mit den Schultern. »Und jetzt bin ich ihr Held.«
»Das heißt, Ihre Deckung ist aufgeflogen.«
»Weil ich den Ritter gespielt habe? Wohl kaum.«
»Aber Albright hat Sie jetzt auf dem Kieker.«
»Der hält mich doch bloß für einen Schwachkopf, der auf seine Freundin abfährt. Wenn er jetzt mitkriegt, dass ich ihm hinterherspioniere, wird er nur glauben, ich sei scharf auf Crystal. Wäre ich allerdings ohne ersichtlichen Grund neugierig gewesen, hätte er sofort Verdacht geschöpft und wäre auf der Hut gewesen.«
»Und wie ist das Ganze ausgegangen?«, wollte der Captain wissen.
»Ja, genau, du hast uns noch nicht erzählt, was mit deinem Gesicht passiert ist«, bemerkte einer der Männer.
»Franklin war der Ansicht, wir wären uns einig. Er hat mir den Finger in die Brust gebohrt und gemeint: ›Du wirst Crystal in Zukunft nicht mehr volllabern, kapiert, Marvin?‹
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