Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
es.«
»Rogers Eltern sind mit ihm und seiner Frau befreundet.«
»Hm. Kommen sie auch zur Hochzeit?«
»Sie stehen auf der Gästeliste.«
»Und wer kommt von Ihrer Seite? Ihre Familie?«
»Ich habe keine Familie. Meine Eltern sind tot, und Geschwister habe ich keine.«
»Oh. Tut mir leid.«
»Muss es nicht. Meine Eltern waren schon etwas älter, als ich zur Welt kam. Sie hatten die Hoffnung auf Nachwuchs längst aufgegeben. Und dann kam ich auf einmal, das Menopausen-Überraschungsbaby.«
»Und was für eine wunderbare Überraschung.«
Sie lächelte. »Mom und Dad waren überglücklich, und ich hatte großes Glück, sie als Eltern zu haben. Sie waren typische Mittelstandsbürger und stolz darauf. Meine Mutter war eine echte Lady und mein Vater ein Gentleman. Meine Eltern liebten Gott, ihr Heimatland und mich. Eigentlich starben sie nicht ungewöhnlich früh, trotzdem war ich noch sehr jung, als ich sie verloren habe. Es ist nicht schön, Waise zu sein.«
»Es hat aber auch seine Vorteile.«
Sie sah ihn verblüfft an.
Er rollte die Schultern nach hinten, als sei ihm sein Jackett mit einem Mal zu eng geworden. »Meine Mom war ganz okay. Sie ist gestorben, als ich in der siebten Klasse war. Mein Dad und ich haben uns nicht sonderlich gut verstanden, deshalb sind wir uns so weit wie möglich aus dem Weg gegangen, bis ich alt genug war, um von zu Hause auszuziehen.«
»Und wie alt waren Sie damals?«
»Siebzehn. Zwei Tage nach dem Highschoolabschluss habe ich meine Sachen gepackt. Ich wollte noch nicht mal bis zum Herbstsemester warten, sondern habe mich noch im selben Sommer auf der Texas Tech eingeschrieben.«
»Ihr Vater muss sehr stolz auf Sie gewesen sein.«
»Eigentlich nicht. Als ich ihm erzählt habe, dass ich Polizist werden will, hat er nur gelacht und gemeint, als Verbrecher hätte ich wahrscheinlich mehr Erfolg.«
»Aber bestimmt hat er seine Meinung geändert, als Sie Officer waren.«
»Das hat er nicht mehr erlebt. Er ist in dem Glauben gestorben, dass aus mir nichts Anständiges werden würde.«
Ihr fiel keine Erwiderung ein, die nicht banal geklungen hätte, also schwieg sie.
»Und wer führt Sie dann zum Altar?«, fragte er schließlich.
»Rogers Trauzeuge.«
»Wie praktisch.«
»Hmhm.«
»Und haben Sie Ihr Kleid schon?«
»Vergangene Woche war die letzte Anprobe.«
»Hübsch?«
»Ich denke schon.«
»Sie werden bestimmt toll aussehen.«
»Ich hoffe, mein Bräutigam sieht das so.«
»Er müsste blind sein.«
Hier endete die Unterhaltung, und Caroline fragte sich, weshalb die Diele geschrumpft zu sein schien, seit Dodge das Haus betreten hatte. Auch die Luft war mit einem Mal viel drückender als zuvor, so als hinge ein intensiver Moschusgeruch in den alten Räumen. Und obwohl sich keiner von ihnen vom Fleck gerührt hatte, schienen sie einander näher zu sein. Mittlerweile war sie noch dankbarer für den Klapptisch zwischen ihr und diesem Mann, der sie so nervös machte.
Sie warf einen Blick auf die Uhr. »Die Zeit ist fast um. Ich kann wohl langsam zusammenpacken.«
»Schade, dass sich niemand gefunden hat, der das Haus kaufen will.«
»Ja, ich muss den Verkäufern wohl nahelegen, sie müssen ein bisschen aggressiver werden.«
»Aggressiver?«
»Mit dem Preis heruntergehen.«
Er lachte leise.
Sie ging davon aus, dass er sich verabschieden und gehen würde, doch er rührte sich nicht. »Tja«, sagte sie mit einer knappen Geste.
»Ich warte lieber auf Sie. Könnte sein, dass der Kater ziemlich sauer auf Sie ist.«
Sie befreiten den Kater aus der Vorratskammer. Er war sichtlich verdrossen über seine Gefangenschaft, schien jedoch keine Rachegelüste zu hegen. Caroline drehte die Lichter ab, nahm das Tischtuch und faltete es zusammen. Dodge bestand darauf, den Tisch und den Stuhl zusammenzuklappen und alles im Kofferraum ihres Wagens zu verstauen. Schließlich nahm er eine ihrer Visitenkarten und schob sie in seine Tasche. Dann standen sie am Straßenrand.
Verlegen spielte sie mit den Wagenschlüsseln. »Danke, dass Sie vorbeigekommen sind.«
»Gern geschehen.«
»Es war nett, ein wenig Gesellschaft zu haben. Dadurch ging die letzte halbe Stunde wenigstens schneller vorbei.«
»Zumindest habe ich dafür gesorgt, dass Sie nicht einschlafen.«
»Und sollten Sie es sich wegen des Hauses noch mal überlegen …«
»… lasse ich es Sie wissen.«
Sie lächelte.
Er wartete einen Moment, dann sagte er: »Haben Sie vielleicht Lust, einen Kaffee trinken zu
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