Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
ich nicht mehr in den Spiegel sehen konnte. Ich habe Houston verlassen, um Oren aus dem Weg zu gehen. Aber auch, um zur Ruhe zu kommen und neue Perspektiven zu finden. Ich bin nach wie vor ehrgeizig und will ganz nach oben, aber ich bin nicht länger bereit, meine Seele dafür zu verkaufen.«
Sie musterte Ben eindringlich, doch statt ihren Blick zu erwidern, starrte er auf die zeltförmige Erhebung, die seine Füße unter der weißen Bettdecke am Fußende bildeten.
Keiner der Loflands hatte ihre Entschuldigung bislang angenommen, zumindest nicht ausdrücklich. Es sah so aus, als würden sie, vor allem aber Amanda, ihr auch weiterhin übel nehmen, was vorgefallen war. Und sie konnte ihnen noch nicht einmal einen Vorwurf daraus machen. Immerhin hatte der Vorfall Ben um ein Haar das Leben gekostet.
Doch sie konnte nicht mehr tun, als vor ihnen zu Kreuze zu kriechen. Allerdings würde sie sich nicht länger vor den beiden erniedrigen, da sie allem Anschein nach nicht bereit waren, ihr zu verzeihen.
»Ich fahre heute Abend noch nach Houston zurück. Und gleich morgen früh gehe ich ins Büro und präsentiere die Kampagne.«
Amanda fuhr herum. »Ohne Ben?«, rief sie.
»Ich werde dafür sorgen, dass er dieselbe Anerkennung dafür bekommt wie ich.«
»Ja, ganz bestimmt.«
»Ich werde alles daransetzen, Amanda, das verspreche ich.«
Amanda stieß ein abfälliges Schnauben aus.
Berry sah Ben an. »Ich werde mir den Erfolg nicht allein ans Revers heften, sondern sorge dafür, dass du auch gut dastehst.«
Er nickte. »Klar. Danke.«
Berry hatte sich einen positiveren Ausgang ihres Besuchs erhofft und war enttäuscht über den bitteren Nachgeschmack, doch sie hatte immerhin Gelegenheit gehabt, loszuwerden, was ihr auf der Seele gebrannt hatte. Eisige Stille herrschte im Raum. Ohne ein weiteres Wort ließ sie die Loflands zurück und ging.
Eine Pflegerin mit einem Haarnetz und grüner Krankenhauskleidung, die einen Metallwagen voller Patientenmahlzeiten vor sich herschob, trat neben sie. »Sie sind Ms Malone, stimmt’s?«
»Ja.«
»Ihr Freund kommt schon wieder auf die Beine.«
»Ja. Es scheint ihm schon besser zu gehen.«
Berry ging weiter, doch die Frau ließ sich nicht abschütteln. »Eine echte Schande, was mit dem Coldare-Jungen passiert ist. Mein Sohn spielt in derselben Baseballmannschaft.«
»Ja, es ist eine Tragödie.«
»Der Kerl, der ihn erschossen hat …« Die Frau schnalzte mit der Zunge. »Den müssen sie schnappen. Und zwar schleunigst.«
»Das sehe ich ganz genauso.« Inzwischen hatten sie den Aufzug erreicht. Berry drückte den Rufknopf.
Die Frau schob ihren Wagen an ihr vorbei. »Die Belohnung wird ganz bestimmt helfen.«
Berry sah ihr verwirrt nach. »Moment mal. Es gibt eine Belohnung? Seit wann das denn?«
»Ich hab’s vor einer halben Stunde im Radio gehört«, rief ihr die Frau über die Schulter zu. »Ihre Mutter hat das Geld zur Verfügung gestellt.«
17
R ausgeschmissenes Geld, wenn du mich fragst.«
»Tja, ich frage dich aber nicht.«
Carolines gelassene Erwiderung machte Dodge noch reizbarer und fahriger, falls das überhaupt möglich war. Wann immer er sich eine Zigarette anzündete, musterte sie ihn mit stummer Missbilligung, was ihm schlagartig die Lust am Rauchen nahm. Mittlerweile hatte ihm das ein dramatisches Defizit seiner täglichen Mindestnikotindosis beschert. Vermutlich fehlte ihm inzwischen mindestens ein Viertel. Seine Haut schien von innen zu jucken, und seine Übellaunigkeit wuchs mit jeder Stunde.
Sie saßen in ihrem Wagen, und selbst wenn er sich am liebsten über ihren Protest hinweggesetzt und sich eine angezündet hätte, konnte er sich nicht dazu durchringen. Aber sobald sie ihr Ziel erreicht hätten, würde er eine rauchen, bis zum Filter hinunter, und wenn es ihr nicht passte, hatte sie eben Pech gehabt.
Er hatte angeboten zu fahren, weil auf diese Weise wenigstens seine Hände beschäftigt waren. »Gibt es nur einen Walmart in Merritt?«
»Ja. Soll ich dir sagen, wie du fahren musst?«
»Nein. Ich habe ihn gestern schon gesehen.«
»Vor oder nach deinem Plauderstündchen mit Grace?«
Mit Genugtuung registrierte er, dass Caroline sich immer noch über seine Unterhaltung mit der Barfrau ärgerte, doch er beschränkte sich darauf, sie boshaft anzugrinsen. »Fünfundzwanzig Riesen?«, fragte er – das war die Summe, die Caroline dem Sheriff als Belohnung zugesagt hatte. »Damit bildet sich garantiert jeder kurzsichtige Hinterwäldler in
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