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Blindes Grauen

Blindes Grauen

Titel: Blindes Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Abercrombie
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Fingerabdrücke drauf, zehn Jahre später.«
    Gooch konnte jetzt die Sirenen hören. Eine Schießerei mit einem Polizisten zu melden, würde eine Million Bullen herlocken. Sie würden die Bude auseinandernehmen. Was für ein Desaster.
    »Komm zur Sache«, sagte Gooch.
    »Ja, Sir. Natürlich. Klar!« Cody Floss schaute nervös zu dem blutenden Jungen am Boden. »Jedenfalls, als wir Melbert verhafteten, hat er was zu ihr gesagt, was bei mir hängen geblieben ist.«
    »Was hat er gesagt, Cody?«
    »Er hat gesagt: ›Wenn ich mich gut anstelle, bin ich in drei Jahren wieder draußen. Aber Sie sind in einem tot.‹«
    Die furchtbare Annahme, die Gooch langsam hegte, wurde immer deutlicher: Was, wenn die ganze Geschichte nur ein Trick war? Wenn die Lösung irgendeines schimmligen alten Mordes bloß ein Riesenwitz war, den dieser Melbert Reavis sich mit ihnen leistete? Angenommen, dass Reavis dahintersteckte. Und angenommen, dass er überhaupt nicht vorhatte, MeChelle aus diesem Zimmer zu lassen? Vielleicht spielte er einfach nur mit ihr, bevor er sie umlegte?
    Wenn das der Fall war, dann interessierte es keine Sau, wer Kathleen Bolligrew getötet hatte. Dann war das alles nur Zeitverschwendung gewesen, eine sinnlose Ablenkung. Das Einzige, was jetzt zählte, war rauszukriegen, wo MeChelle steckte.
    Gooch wurde klar, dass sie tief in der Tinte steckten. Und die nächsten Stunden hier herumzusitzen und Berichte auszufüllen, und Fragen der Dienstaufsichtsbehörde zu beantworten, würde endgültig alles ruinieren. Mal angenommen, wer auch immer MeChelle entführt hatte, hätte nicht gelogen, dann war sie in vier Stunden tot.
    Er ging nach nebenan, packte den Typen, den Cody angeschossen hatte, und zerrte ihn am Kragen hinter sich her.
    »Äh, Sir …«, sagte Cody.
    »Au!«, rief der Junge. »Was machen Sie da mit mir?«
    Gooch zerrte den Jungen durch das Loch in der Wand, dann quer durch das Haus, zur Tür hinaus und auf den Bürgersteig. Am Straßenrand ließ er den Kragen des Jungen los. »Verdammt, Mann!«, sagte der blutende Junge, als er auf dem Bürgersteig lag. »Was ist denn los mit Ihnen? Ich bin angeschossen!«
    Gooch begann davonzugehen.
    »Sir?« Cody Floss eilte hinter ihm her. »Sir, wo wollen Sie hin?«
    »Du scheinst dich doch mit Computern auszukennen«, sagte Gooch. »Glaubst du, du kannst das Ding flicken, das du da drin kaputt geschossen hast?«
    »Vielleicht, Sir … wenn ich genug Zeit habe, aber …«
    »Dann geh rein und mach das.« Gooch ging weiter.
    »Sir, wenn ich auf etwas hinweisen dürfte …«
    »Rein ins Haus. Mach dich an die Arbeit. Lass dich von niemand aufhalten. Es ist mir ganz egal, ob der verdammte Polizeichef hier auftaucht. Du machst die schwarze Kiste wieder heil. Wir dürfen den Kontakt zu MeChelle nicht verlieren. Wir lassen den Jungen hier draußen. So haben wir wenigstens eine vernünftige Chance, dass sie das Haus nicht absperren und uns sofort rauswerfen.«
    »Sir, es ist ein Schusswechsel mit einem Polizisten! Die Anweisung ist ganz klar, dass wir …«
    »Planänderung, Junge.« Gooch begann zu laufen. Dann rief er über die Schulter: »Mach dieses verdammte Telefon-Dings heil!«

38
    MeChelle wartete und wartete. Nach einer Weile begann sie das Ticken zu zählen. Sechzigmal Ticken war eine Minute. Dreihundert Mal waren fünf. Sie hatte schon bis über tausend gezählt. Wo zum Teufel war Gooch? Warum rief er nicht an?
    Zuerst war sie wütend gewesen, als müsste sie durch einen weiteren blöden Reifen springen, den der Sack hochhielt, der sie hier eingesperrt hatte. Aber dann wurde sie immer mutloser, sie hatte das Gefühl, im Stich gelassen zu werden. Es kroch ihr in die Finger und in die Brust, ein zittriges, krankes Gefühl.
    Bei ihrem letzten Gespräch mit Gooch war sie so wütend auf ihn geworden und hatte böse Dinge zu ihm gesagt. Vielleicht hatte er sie einfach aufgegeben? Oder war sie irgendwie von allem abgeschnitten worden?
    Plötzlich wollte sie mehr als alles andere auf der Welt mit Gooch reden. Hank Gooch! Ausgerechnet.
    Gooch hatte sich für sie eingesetzt. Und wie hatte sie es ihm gedankt? Sie hatte ihn angebrüllt. Sie hatte seinen Einsatz in Frage gestellt, seine Instinkte. Sie hätte es besser wissen müssen. Bittere Reue durchflutete sie.
    Schließlich hörte sie auf zu zählen und setzte sich auf den Boden. Okay, dachte sie, was jetzt?

39
    Glücklicherweise hatte sich Melbert Reavis keine Kaution leisten können. Er saß immer noch im Fulton County Jail

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