Blindes Grauen
hätte man einen Holzklotz fallen gelassen. Danach rührte er sich nicht mehr.
»Hau ab«, sagte Gooch leise zu dem anderen Knacki.
»Sonst noch was?«
Gooch trat ihm in die Eier. Der zweite Typ knickte zusammen. Gooch schlug ihm mit der Faust auf den Hinterkopf. Der Kerl ging auf die Knie und gab ein lautes Keuchen von sich. Gooch rammte ihm das Knie in das Gesicht, dann lag der zweite Mann ebenfalls am Boden.
Reavis sah sich um, er schätzte den Abstand zum nächsten Aufseher, lächelte immer noch. »Was? Soll ich jetzt Angst haben?«
»Ist mir egal«, sagte Gooch. »Deswegen bin ich nicht hier.« Reavis lächelte weiter. »Bestens.«
»Ich bin hier, um Ihnen eine Frage zu stellen. Wenn ich meine Frage stelle, möchte ich, dass Sie antworten, indem Sie Ja oder Nein bedeuten.«
Reavis verdrehte die Augen. »Pssshhh.«
»Ich bin gerade vor einem Dutzend Überwachungskameras und tausend fiesen Knackis hier auf den Hof marschiert. Glaubst du, ich rede Scheiße, Knastbruder?«
Reavis’ Lächeln verblasste. Er sah Gooch in die Augen. Gooch konnte sofort erkennen, dass dieser Typ einen starken Willen hatte, gute Nerven. Er war ruhig, atmete nicht mal schwer, in seinem Gesicht stand keine Wut zu lesen. »Und?«, fragte Reavis. »Wollen Sie mich zu Mus hauen, während die Rednecks da oben auf der Mauer stehen und meinen Kopf im Visier haben? Hm? Wie wär’s damit?«
Gooch erlaubte sich kein Zögern. »Da haben Sie mich wohl verwechselt«, sagte Gooch. »Der einzige Grund, dass ich Ihre Freunde hier umgehauen habe, war, dass sie mir im Weg standen.«
»Und wenn ich Ihnen nicht im Weg bin, wieso sind Sie dann hier?«
»Ich will Ihnen nur eine Frage stellen.«
»Dann machen Sie mal.«
Gooch starrte Reavis weiter an. Schließlich lachte Reavis, löste seinen Blick von Gooch und wandte sich seinem Kumpel zu, dem Gooch zwischen die Beine getreten hatte. Der hatte das Bewusstsein wiedererlangt, lag da und stöhnte. »Guck dir den Kerl an, hm? Der würde sich gut im Knast machen, findest zu nicht? Der wäre König seines Blocks!«
Der Typ auf dem Boden stöhnte bloß und hielt sich die Eier.
»Also, was ist deine Frage, Mann?«, wollte Reavis wissen.
Gooch sagte: »Wenn MeChelle Deakes auch nur ein einziges Haar gekrümmt wird, stirbst du hinter diesen Mauern.«
»Das klingt für mich nicht wie eine Frage.«
»Die Frage ist: Hast du verstanden, was ich gerade gesagt habe?«
»Ich weiß nicht mal, wovon Sie reden.«
»Ich versuche es noch einmal. Wenn MeChelle Deakes etwas zustößt, sterben Sie hinter diesen Mauern. Bitte lassen Sie mich wissen, ob Sie das verstanden haben, indem Sie Ja oder Nein sagen.«
Reavis sagte gar nichts. Gooch versuchte, in seinem Gesicht zu lesen. Ein Typ wie Reavis war ziemlich gut darin, alles zu verheimlichen. Aber er schien ganz ernsthaft nichts zu sagen zu haben, als wüsste er gar nicht recht, wovon Gooch eigentlich redete.
»Ja oder nein?«, fragte Gooch.
»Hören Sie, ich habe sie beschimpft«, sagte Reavis, »vor sechs Monaten. Das hatte gar nichts zu bedeuten.«
»Das interessiert mich nicht. Wenn MeChelle Deakes etwas zustößt, stirbst du. Verstanden? Genau hier. An diesem Ort. Sag mir, dass du das verstehst.«
Reavis schaute hoch zur Mauer, von der aus ein Scharfschütze mit dem Gewehr auf ihn zielte. Er kniff im Sonnenlicht die Augen zusammen. Schließlich schaute er zurück zu Gooch. »Okay. Meinetwegen.«
Gooch wandte sich ab und ging davon.
Er hatte etwa zehn Schritte getan, als Reavis’ Stimme hinter ihm herhallte. »Hey! Mann, warte mal. Warte mal.«
Gooch blieb stehen, drehte sich aber nicht um.
»Nein, sieh mal, nein, warte mal! Was verschweigst du mir?«
Gooch stand weiterhin einfach nur da, ohne sich zu rühren.
»Moment mal, Mann!«
Gooch wandte sich um und wartete, bis der Dicke eilig auf ihn zugewatschelt kam.
»Hören Sie, es geht doch nicht um das Haus, oder?«, fragte Reavis.
Gooch legte die Arme über Kreuz.
»Wenn die Sache mit dem Haus etwas mit MeChelle Deakes zu tun hat, dann wusste ich nichts davon!« Reavis’ Stimme war drängend. »Welche Sache mit dem Haus?«, fragte Gooch.
Reavis schaute sich nervös um und senkte die Stimme. »Hören Sie, jemand hat mich um einen Gefallen gebeten.«
»Was für einen Gefallen?«
»Sie brauchten einen Haussitter.«
»Welche Adresse?«
Reavis Stimme wurde noch leiser. »502 Lincoln. Irgendwo unten im Nirgendwo. Ich sollte bloß einen meiner Jungs schicken, damit keiner einbricht und mit den
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