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Blindes Grauen

Blindes Grauen

Titel: Blindes Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Abercrombie
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haben noch ungefähr zwei Minuten. Erzähl mir alles, was du über Melbert Reavis weißt.«
    Cody Floss schaute sich unsicher um.
    Im Zimmer nebenan stöhnte der Typ, den er angeschossen hatte, immer noch.
    »Konzentrier dich!«, befahl Gooch.
    Cody Floss rieb sich die Augen und sagte dann: »Tut mir leid.« Er räusperte sich. »Wie ich schon sagte, MeChelle hat ihn letztes Jahr hopsgenommen.«
    »Ich kenne den Namen«, sagte Gooch. »Er hatte was mit Gangs zu tun, oder?«
    »Die CGs«, sagte Cody.
    Genau. Jetzt erinnerte er sich. Melbert Reavis war ein CG gewesen, Mitglied einer weißen Gang aus einer Gegend namens Cabbagetown im Osten Atlantas.
    »Vom alten Cabbagetown ist nicht mehr viel übrig«, sagte Cody Floss. »Sie wissen ja, die Gegend um die alte Fulton Bag Mill war …«
    »Jetzt lass mal die Geschichtsstunde«, Gooch wusste um die Vergangenheit der eigenartigen Gegend, in der die CGs herumhingen. Etwa um die Jahrhundertwende waren die Besitzer einer großen Baumwollmühle hoch in die Appalachen gezogen und hatten eine Menge Hillbillies zusammengetrommelt, die sie dann in ihrer Mühle arbeiten ließen. Ein kleines Mühlendorf war um die Mühle herum entstanden. Der Geruch von gekochtem Kohl, der über der Gegend hing, gab ihr den Namen. Cabbagetown hatte sich zu einer engen Gemeinschaft entwickelt, die noch jahrelang an den Gebräuchen und Dialekten der Appalachen festhielt.
    Mit der Zeit waren die weißen Arbeiter aus der umliegenden Gegend alle weggezogen, bis Cabbagetown schließlich das einzige weiße Eckchen in einem schwarzen Getto geworden war. Als die Jobs in der Mühle, von denen die Menschen dort gelebt hatten, wegfielen, stürzte Cabbagetown ebenso ab wie der Rest der Innenstadt – Arbeitslosigkeit, Armut, Verbrechen.
    Die CGs waren aus diesem Boden gewachsen wie jede andere Innenstadt-Gang. Das einzig ungewöhnliche an ihnen war, dass sie weiß waren.
    Cabbagetown war vor etwa zehn Jahren modernisiert worden, und die CGs verdorrten schließlich und lösten sich auf. Aber zu ihrer Zeit waren sie knallhart gewesen, gewalttätig, gefürchtet. Umgeben von schwarzen Gangs war ihnen gar nichts anderes übrig geblieben. Entweder das, oder sie wären niedergemacht worden.
    Cody Floss sagte: »Na ja, dann wissen Sie sicher auch, dass die CGs im Grunde ausgestorben sind, als die alten Cabbagetownies wegzogen. Melbert hat sich hochgearbeitet, zum Großhändler – mexikanisches Heroin, Crystal Meth, alles Mögliche. Schließlich kaufte er ein paar Läden – einen Stripclub, eine Kneipe, einen Gebrauchtwagenhändler – die meisten von ihnen in den schwarzen Gegenden am Memorial Drive. Es heißt, dass er am Ende gar nichts mehr mit Drogen zu tun hatte.
    Wie auch immer, die Sache lief so, kaum dass Sie weg waren, Sergeant, kam dieser Typ angetanzt und sagte, er wolle ein paar alte Gang-Schießereien klären. Er hieß Isaac Mudge. Toller Name, was?«
    Gooch starrte ihn bloß an. Er hasste es, wenn Polizisten ihren Atem für Kommentare verschwendeten. Vor allem, wenn wenig Zeit war.
    »Tut mir leid«, sagte Cody. »Wie auch immer. Dieser Mudge-Typ, der war Ex-Alki, er hatte die zwölf Schritte absolviert und wollte jetzt klar Schiff machen. Also setzte er sich mit Me-Chelle hin und erzählte ihr von dieser Schießerei von vor zehn, zwölf Jahren. Es sollte ein Schlag gegen einige East Side Kings werden, damals, als die CGs noch schwer mit Crack zu tun hatten und alle Gangs miteinander kämpften. Aber sie vermasselten es und erschossen stattdessen ein kleines Mädchen und einen pensionierten Postbeamten. Offenbar hatte damals jeder gewusst, dass es eine CG-Geschichte gewesen war, und dass Melbert Reavis dahintersteckte. Aber niemand hatte irgendetwas gesehen, niemand sagte aus. Egal, dieser Isaac-Mudge-Typ erzählte die ganze Geschichte. Uhrzeit, welchen Wagen sie gefahren hatten, wer geschossen hatte und was schiefgegangen war, sodass die Schüsse ihr Ziel verfehlten. Der Fahrer hatte den Wagen verrissen, um einem Eichhörnchen auszuweichen. Deswegen klappte es mit dem Zielen nicht. Dieser Typ, Mudge, hat MeChelle sogar gezeigt, wo die Waffen abgeblieben waren. Er nahm uns mit in sein Haus in Cabbagetown. Ein paar nette Schwule wohnten dort seit acht Jahren oder so – die keine Ahnung davon hatten, dass mitten in der Wand ein paar Meter neben ihnen eine Knarre lag. Sie war in einen öl-durchtränkten Lappen gewickelt und einfach eingegipst worden. Ist das zu glauben? Hatte immer noch Melberts

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