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Blindlings

Blindlings

Titel: Blindlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Desmond Bagley
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murmelte Elin. »Aber wenn wir nach Geysir fahren, bin ich wieder okay.«
    Sigurlin ging durchs Zimmer und begann, die Kissen unter Elins Kopf aufzuschütteln. Ihre nüchterne Sachlichkeit verriet die geschulte Krankenschwester. »Du wirst nirgendwohin fahren«, erklärte sie in scharfem Ton. »Jedenfalls nicht in den nächsten zwei Tagen.« »Aber ich muß!« protestierte Elin.
    »Du mußt gar nichts. Deine Schulter sieht schlimm aus.« Mit zusammengepreßten Lippen blickte sie auf Elin hinab. »Du solltest wirklich einen Arzt aufsuchen.« »Ach wo«, sagte Elin.
    »Na schön, dann tust du aber, was ich sage.« Elin sah mich flehend an.
    »Ich muß nur jemanden aufsuchen«, sagte ich. »Im übrigen würde Jack Case in deiner Anwesenheit kein Wort reden. Du bist kein Clubmitglied. Ich fahre nach Geysir, unterhalte mich mit Jack und komme wieder hierher zurück. Zur Abwechslung hältst du mal deine Stupsnase aus der Sache raus.«
    Elin sah etwas bockig aus, und Sigurlin fügte hinzu: »Ich laß euch beide jetzt allein, damit ihr endlich Süßholz raspeln könnt.« Sie lächelte. »Euer zukünftiges Leben wird bestimmt sehr interessant.« Und schon hatte sich die Tür hinter ihr geschlossen.
    »Das klingt beinahe wie der chinesische Fluch - ›mögest du in interessanten Zeiten leben‹«, bemerkte ich düster. »Na gut«, Elin klang erschöpft. »Ich will dir keine Scherereien machen.
    Du kannst allein nach Geysir fahren.« Ich setzte mich auf den Bettrand. »Du machst keine Scherereien. Ich möchte nur, daß du dich aus der Sache raushältst. Außerdem kann ich mich dann nicht so gut konzentrieren. Wenn ich auf Schwierigkeiten stoße, will ich nicht auch noch auf dich aufpassen müssen.«
    »Bin ich dir auf den Wecker gefallen?« Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Elin, im Gegenteil. Aber es kann sich alles ändern. Ich bin quer durch Island gejagt worden. Ich hab das jetzt satt. Sobald es geht, möchte ich den Spieß umdrehen und selbst den Jäger spielen.« »Und dabei bin ich dir im Weg«, erwiderte sie matt. Ich lächelte sie an. »Du bist eine zivilisierte Person. Du achtest die Gesetze und steckst voller Skrupel. Ich bezweifle, daß du je ein Strafmandat wegen falschen Parkens bekommen hast. Möglicherweise bewahre ich mir selbst noch ein paar Skrupel, solange ich gejagt werde. Nicht viele, aber einige. Aber wenn ich der Jäger bin, kann ich sie mir nicht mehr leisten. Ich fürchte, du wärst über das, was ich tun muß, entsetzt.« »Du tötest«, es klang wie eine Feststellung. »Ich werde vielleicht noch Schlimmeres tun«, erwiderte ich grimmig, und sie schauderte. »Nicht daß ich wild darauf wäre.
    Ich bin kein Sadist. Am liebsten möchte ich mit alldem nichts zu tun haben, aber ich bin gegen meinen Willen hineingezogen worden.« »Du kleidest alles in wunderschöne Worte«, empörte sie sich. »Du müßtest nicht töten.«
    »Es sind keine schönen Worte«, erwiderte ich. »Ich will einfach überleben. Ein zur Armee eingezogener amerikanischer Collegestudent mag Pazifist sein, aber wenn die Vietcong mit russischen 7.62er Gewehren auf ihn schießen, schießt er zurück, verlaß dich drauf. Und wenn Kennikin mir auf die Pelle rückt, kenne ich auch kein Pardon. Ich hab ihn nicht aufgefordert, am Tungnaá auf mich zu schießen – er hat auch meine Erlaubnis gar nicht gebraucht –, aber bestimmt war er nicht sehr überrascht, als ich zurückschoß. Zum Teufel, er hat es nicht anders erwartet!«
    »Ich kapiere, was du meinst«, sagte Elin. »Aber verlange keine Sympathiekundgebungen von mir.«
    »Verdammt noch mal, glaubst du vielleicht, mir gefällt das alles?«
    »Tut mir leid, Alan«, murmelte sie und lächelte schwach.
    »Mir auch.« Ich stand auf. »Nach diesem Ausflug in die Tiefen der Philosophie frühstückst du jetzt am besten. Ich werde nachsehen, was Sigurlin zu bieten hat.«
     
    4
     
    Um acht Uhr abends verließ ich Laugarvatn. Pünktlichkeit mag eine Tugend sein, aber meiner Erfahrung nach sterben die Tugendhaften oft jung, während die Gottlosen ein hohes Alter erreichen. Ich hatte zwar versprochen, mich mit Jack Case um fünf Uhr nachmittags zu treffen, aber es konnte ihm nicht schaden, ein paar Stunden lang zu schmoren. Außerdem war mir eingefallen, daß dieser Termin bei einem Gespräch über Funk vereinbart worden war, das leicht abgehört werden konnte. Ich traf in Gunnars Volkswagen in Geysir ein und parkte den Käfer unauffällig im weiteren Umkreis des Sommerhotels. Ein paar Leute

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