Blindwütig: Roman
im Keller hat mich als komischen kleinen Einstein bezeichnet«, sagte Milo. »Wenn der wissen will, was wirklich komisch ist, sollte der mal in den Spiegel schauen.«
Während Penny den Wagen zur Straße steuerte, tippte ich auf meinem Wegwerfhandy die Nummer von Vivian Norbys neuem Wegwerfhandy ein und hoffte inständig, dass sie abhob.
Das war der Fall. Da nur ich diese Nummer kannte, meldete sie sich mit: »Cubby?«
»Vivian, es tut mir unheimlich leid, aber die bösen Jungs werden bald deinen Wagen in die Finger bekommen.«
»Und wie geht es euch ?«, fragte sie besorgt.
»Ich bin kahl, aber sonst geht’s uns allen prächtig.«
»Du erinnerst dich doch, dass ich gesagt hab, ich rieche was, und zwar einen Gestank, den ich schon mal gerochen habe?«
»Natürlich. So was präge ich mir ein.«
»Tja, vor etwa fünfundzwanzig Jahren hatte Wilfred einen Chef, der ihm mit einer ziemlich lahmen Begründung einen Fall weggenommen hat.«
Wilfred - Vivians verstorbener Mann, der bei der Kripo gearbeitet hatte.
»Wie sich herausstellte«, fuhr sie fort, »waren der Chef und ein halbes Dutzend von seinen Leuten korrupt. Sie ließen sich von einer Bande von Drogenhändlern bestechen, die den Mord begangen hatte, um den es ging. Und hier stinkt es auch nach Korruption irgendwo ganz oben. Das ist nicht nur ein armer Irrer, der dich auf dem Kieker hat, Cubby, das ist etwas viel Größeres!«
»Das haben wir inzwischen auch gemerkt, Vivian. Hör mal, sobald die bösen Jungs deinen Wagen haben, werden sie dich besuchen, und wenn sie herausbekommen haben, dass du für uns arbeitest, wissen sie auch, dass du ihn uns freiwillig geliehen hast.«
»Die sollen bloß mal versuchen, aus mir etwas herauszukriegen!«
»Ich will aber nicht, dass sie’s versuchen, Vivian. Die waren hier in Smokeville so rasch hinter uns her, dass die ganzen Recherchen, die du über Henry Casas und die anderen Künstler angestellt hast, auf irgendeiner Website einen Alarm ausgelöst haben müssen.«
»Diese Typen sind mir gründlich zuwider.«
»Von mir bekommen die auch nichts zu Weihnachten. Aber worauf ich hinauswill - womöglich wissen sie schon jetzt, dass du uns hilfst, und tauchen jeden Moment bei dir auf.«
»Na, toll«, sagte Vivian.
»So leid es mir tut, ich glaube, du verlässt lieber sofort dein Haus. Nimm mit, woran du am meisten hängst und was du auf keinen Fall verlieren willst. Dann fahr zu deiner Bank, heb
so viel Bargeld ab wie möglich und bereite dich auf eine große Veränderung vor.«
»Ich wünschte, Wilfred könnte das noch miterleben!«
»Fahr zum Büro der Booms in Anaheim. Die Sekretärin heißt Golda Chenetta und sieht aus wie Judi Dench. Sag ihr, du musst mit Grimbald sprechen, und dem erklärst du, ich hab gesagt, er soll dich in die Festung bringen.«
»In was für eine Festung?«
»Er weiß Bescheid. Hör jetzt gut zu, Vivian: Jede Minute ist kostbar.«
»Das ist doch immer so. Bin schon unterwegs. Gib Prinz Milo einen Kuss von mir.« Damit legte sie auf.
Im selben Augenblick bog Penny von der Straße auf den Rastplatz ab, auf dem Vivians Wagen stand. Er war noch immer von Nebel umhüllt.
»Was ist, wenn die uns hier erwarten?«, fragte Penny besorgt.
»Dann sind wir erledigt.«
56
Wie eine Zeitmaschine, die aus einem früheren, vernünftigeren Jahrhundert in die irre Gegenwart zurückkehrte, tauchte Vivians Wagen aus dem Nebel auf. Kein einziges Mitglied der Rotarmbande lauerte in seiner Nähe.
Penny schaltete die Scheinwerfer aus, ließ den Motor jedoch laufen. »Was hast du eigentlich genau vor?«, fragte sie.
»Holen wir aus dem anderen Wagen erst mal, was wir brauchen«, sagte ich. »Dann weihe ich dich ein.«
Lassie war überglücklich, uns wiederzusehen. Sie stupste mich mit der Schnauze sogar so liebevoll an, wie sie Milo und Penny anstupste. Wahrscheinlich hatte sie vor, mir den kahlen Schädel abzulecken.
Penny wollte den Koffer im Kofferraum unterbringen, doch ich hinderte sie daran. »Alles auf den Boden vor dem Rücksitz!«, sagte ich.
Als wir die paar Dinge, die wir brauchten, umgeladen hatten, stellten wir uns an die Kühlerhaube, um dort die Sachen zu begutachten, die Penny den zwei Killern abgenommen hatte.
In den Brieftaschen der beiden fand sich jeweils ein in Kalifornien ausgestellter Führerschein mit den uns bekannten Namen. Beide hatten aber auch noch einen zusätzlichen Führerschein mit demselben Foto besessen. Rink hieß darin Aldous Lipman, und Shucker trug den Namen
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