Blindwütig: Roman
getroffenem Metall. Waxx war damit beschäftigt, das Schloss zu zerschießen.
Trotz der gummierten Stufen war es nicht möglich, sie völlig lautlos zu benutzen. Unsere Schritte sandten Vibrationen durch die gesamte Struktur der Wendeltreppe, ein bienenartiges Summen, das von den Wänden widerhallte.
Ich blickte mich um und sah Penny hinter mir herkommen. Die Geheimtür war fest geschlossen. Ich hoffte, dass sie so gut gedämmt war, dass man unsere Geräusche vom Schlafzimmer aus nicht hören konnte.
Vielleicht war es sogar egal, ob Waxx uns hörte oder nicht. Schließlich besaß er keinen elektronischen Schlüssel, wusste nicht, wo die Tür verborgen war, und konnte keine Marmorplatten zerschießen.
Eigentlich hätte ich mich sicher fühlen sollen. Stattdessen hatte ich den Eindruck, in der Falle zu sitzen.
30
Weil Milo beide Hände brauchte, um sein elektronisches Dingsbums zu tragen, konnte er das Geländer nicht benutzen. Als ich ihn unsicher vor mir hinuntersteigen sah, hatte ich Angst, er könnte stürzen. Auch wenn die Treppe nicht rutschig war, so war sie doch steil und eng, und bei einem Sturz konnte man sich leicht die Knochen brechen.
»Komm schon«, sagte ich leise, »lass mich das tragen, Milo.«
»Nein.«
»Ich verspreche dir, dass ich es nicht benutze. Ich werde es nicht mal anschalten.«
»Nein.«
»Ich weiß noch nicht mal, was es ist.«
»Und ich weiß noch, was du mit dem Staubsauger angestellt hast.«
»Das hätte jedem passieren können.«
»Nicht jedem«, widersprach er.
»Es war kein Bedienungsfehler. Das Ding hat nicht richtig funktioniert.«
»Wer hat das gesagt?«
»Niemand. Ich spekuliere nur.«
»Lassie hatte monatelang Albträume.«
»Die ist einfach zu empfindlich. Sie sollte öfter über das Leben lachen.«
»Außerdem«, stellte Milo fest, »ist die Treppe jetzt zu Ende.«
Am Grund des Schachts kam eine Stahltür. Auch sie konnte
nur geöffnet werden, wenn man den elektronischen Schlüssel an ein Lesegerät hielt.
Hinter der Tür befand sich der Bunker, ein feuersicherer Raum von etwa achtzehn Quadratmetern, ausgestattet mit einer speziellen Telefonleitung, einer Toilette, einem Waschbecken, einem Bett und zwei Kästen Mineralwasser.
Ich griff nach dem Telefon. Kein Rufton.
»Wir bleiben sowieso nicht hier«, sagte Penny. »Während er oben nach uns sucht, machen wir uns ganz davon.«
Eine weitere Stahltür bot einen zweiten Ausgang aus dem Bunker. Als Penny sie aufzog, standen wir vor etwas, das aussah wie eine nackte Wand.
In Wirklichkeit handelte es sich um eine Schiebetür, die sogleich zur Seite rollte. Dahinter sah ich eine Kammer, in der das Wasseraufbereitungssystem des Hauses untergebracht war.
Penny eilte um das Gerät herum, zog die Tür an der anderen Seite einen Spalt weit auf, um die Lage zu peilen, und führte uns dann in die Garage mit den drei restaurierten Oldtimern und unserem eigenen Wagen.
»Cool«, sagte Milo, eine Einschätzung, der ich nur beipflichten konnte.
Während Junge und Hund auf den Rücksitz kletterten und ich den Beifahrersitz wählte, schwang Penny sich hinters Lenkrad. Sie gab mir den Schlüsselbund, an dem auch die Fernbedienung für die Garagentore baumelte.
»Oberster Knopf, aber drück ihn erst, wenn ich es dir sage. Sobald Waxx hört, dass das Tor aufgeht, kommt er garantiert angerannt.«
Milo hatte sich bereits selber angeschnallt. Ich rief ihm zu, er solle Lassie gut festhalten.
Bevor Penny den Motor anließ, löste sie erst die Handbremse und schaltete dann die Scheibenwischer an. Sobald
sie den Rückwärtsgang eingelegt hatte, gab sie mir ein Zeichen.
Da ich mir lebhaft vorstellte, wie Waxx das ferne Rattern des Rolltors hörte und losrannte, schien das Tor ewig zu brauchen, um uns Platz zu machen.
Den Blick hatte ich auf die Tür gerichtet, die auf normalem Weg ins Haus führte. Waxx hatte sie halb offen gelassen. Bestimmt stürzte er da gleich heraus und begann zu feuern, sobald er die Schwelle überquert hatte.
Als das Tor sich so weit gehoben hatte, dass wir mit dem Dach nicht mehr hängen blieben, trat Penny aufs Gas und raste rückwärts die kurze Einfahrt entlang.
Außerhalb der Hauptsaison herrschte in dieser Gegend nicht besonders viel Verkehr. Penny verließ sich auf unser pures Glück, als sie, ohne zu stoppen, auf die Straße zurückstieß und scharf nach links lenkte.
Hätte ich am Steuer gesessen und dasselbe Manöver mit genau derselben Geschwindigkeit ausgeführt, so hätten wir nicht
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