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Blindwütig: Roman

Titel: Blindwütig: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz , Bernhard Kleinschmidt
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wachem Zustand habe ich eine derartige Stille noch nie erlebt.
    Im Wohnzimmer gehe ich zum Telefon, aber die Leitung ist genauso tot wie alle anderen.
    Vor der Standuhr stehend, komme ich zu dem Schluss, dass der Affe nicht die Zeit ist, wie Onkel Ewen gesagt hat. Vielmehr stiehlt der Affe Zeit.
    Vorher war das Gesicht des Tiers schelmisch und verspielt. Nun ist es ein Affe aus einem anderen Dschungel. Er scheint höhnisch zu grinsen, und in seinen Augen sehe ich eine Bedrohung, die ich nicht benennen kann.
    Während ich vor der Uhr zurückweiche, meine ich, im Esszimmer eine Frau lachen zu hören. Tatsächlich, es ist das ansteckende Lachen meiner Mutter, aber merkwürdigerweise entlockt es mir nicht einmal ein Lächeln.
    Im Esszimmer höre ich das Lachen nicht mehr, und da steht auch kein Telefon, das ich ausprobieren könnte.
    Die Greife aus Messing stehen immer noch im offenen Kamin, doch die Holzscheite, die sie auf dem Rücken getragen haben, sind nun nur noch Asche und Glut.
    Wieder setzt Stille ein. Als ich in die Küche gehe, kann ich weder das Quietschen der Schwingtür hören noch meine Schritte.
    Das Telefon an der Wand neben dem Kühlschrank ist genauso nutzlos wie die drei Apparate, an denen ich es bisher versucht habe.
    An einem Fenster starre ich in die mondbeschienene Nacht hinaus. Im Garten ist auch niemand.
    Sie sind alle weggegangen.
    Ich wandere durchs Haus, die Treppe hinauf und hinunter und wieder hinauf. Dabei fühle ich mich verloren und allein. Zweimal glaube ich, irgendwo Schritte zu hören, aber
wenn ich ganz still stehen bleibe und lausche, höre ich nichts mehr.
    Irgendwann komme ich zum dritten oder vierten Mal in Onkel Ewens Arbeitszimmer. Das Telefon dort ist mir bisher gar nicht aufgefallen.
    Ich lege den Hörer ans Ohr und werde von einem Wählton überrascht.
    Wie ich später erfahre, haben Tray und seine Komplizen außerhalb des Hauses das Telefonkabel durchtrennt. Weil mein Onkel Ewen aber gelegentlich Gespräche führen musste, bei denen es um heikle finanzielle Fragen ging, hatte er eine separate Leitung in sein Arbeitszimmer legen lassen. Die hatte man übersehen.
    Auf der Tastatur gebe ich die zehn Ziffern der Telefonnummer zu Hause ein, die ich mir eingeprägt habe. Es läutet, bis sich der Anrufbeantworter meldet. Vom Tonband höre ich die Stimme meiner Mutter.
    Nach dem Piepton fällt mir keine Nachricht ein, die ich hinterlassen könnte. Obwohl ich sonst nichts gesagt habe, sage ich »Leb wohl«, bevor ich auflege.
    Nach einigem Nachdenken wähle ich die Notrufnummer.
    Als sich eine weibliche Stimme meldet, sage ich: »Alle sind weggegangen, und ich bin alleine hier.«
    Als Antwort auf die Fragen der unsichtbaren Frau sage ich ihr meinen Namen, dass ich sechs Jahre alt bin, dass ich mich im Haus von Ewen Durant befinde und seit acht Uhr abends alleine bin.
    Laut der Uhr auf dem Schreibtisch von Onkel Ewen ist es jetzt zwei Minuten nach halb fünf Uhr morgens.
    Neben der Uhr steht ein gerahmtes Foto von Tante Nora und meiner Cousine Colleen.
    »Ich hab etwa zwei Stunden geschlafen«, erzähle ich, »aber
seit Mitternacht gehe ich im Haus rum und suche, und niemand ist hier. Ich hab die Schuhe nicht ausgezogen, bevor ich mich in Colleens Bett gelegt hab, also wird man wahrscheinlich mit mir schimpfen.«
    Die Frau fragt mich, ob ich weiß, wo alle hingegangen sind, und als ich das verneine, sagt sie, ein Deputy wird kommen, um mir zu helfen. Ich bedanke mich, und sie sagt, ich soll keine Angst haben, und ich antworte, ich hätte keine Angst, ich sei bloß allein.
    Danach gehe ich zur Haustür, trete hinaus und bin überrascht, als ich die vielen Autos entlang der Einfahrt stehen sehe. Der Weg führt zur Landstraße, und an seinem Rand ist hintereinander ein ganzes Dutzend Fahrzeuge geparkt.
    Die Nacht ist mild und voller Sterne. Es riecht nach frisch gemähtem Gras.
    Ich sehe zu, wie im weichen gelben Schein der Verandabeleuchtung Motten durch die Luft segeln. Eine der beiden Glühbirnen ist durchgebrannt. Die Motten machen keinerlei Geräusch.
    Nach einer Weile setze ich mich auf die Verandatreppe, um zu warten.
    Das Motorengeräusch höre ich schon, bevor ich den Streifenwagen auf der Landstraße kommen sehe. Keine Sirene, kein Blinklicht. Der Wagen wird langsamer, biegt in die Einfahrt ein und hält am nahen Ende der geparkten Autoschlange.
    Der Deputy, der aussteigt, erinnert mich an den groß gewachsenen Motorradpolizisten in der Fernsehserie CHiPS, und ich weiß

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