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Blink! - die Macht des Moments

Titel: Blink! - die Macht des Moments Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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denen erwarten wir Erklärungen, wo keine möglich sind – was durchaus gravierende Folgen
     haben kann, wie wir später noch sehen werden. »Nach der Verurteilung von O.J. Simpson trat eine der Geschworenen vor die Fernsehkameras
     und sagte im Brustton der Überzeugung: ›Die Hautfarbe von O.J. Simpson hatte mit meinem Urteil
absolut nichts
zu tun‹«, erzählt der Psychologe Joshua Aronson. »Aber wie konnte sie das wissen? Meine und John Barghs Untersuchungen zum
     Thema Priming und Maiers Seilexperiment machen ganz deutlich, dass wir nur selten wissen, warum wir so handeln, wie wir handeln.
     Trotzdem
glauben
wir, dass wir es wissen. Wir müssten viel öfter unser Unwissen eingestehen und zugeben, dass wir nichts wissen.«
    |77| Wir können aber noch etwas aus Maiers Experiment lernen, was mindestens ebenso wichtig ist. Seine Testpersonen kamen nicht
     weiter und waren frustriert. Sie saßen zehn Minuten lang herum, und vermutlich hatten viele von ihnen das Gefühl, bei einem
     wichtigen Test zu versagen und als Idioten dazustehen. Aber sie waren alles andere als Idioten. Denn während der bewusste
     Teil des Gehirns blockiert war, durchsuchte das Unbewusste den Raum nach weiteren Möglichkeiten und nahm jeden Hinweis auf.
     Und in dem Moment, in dem es die Antwort fand, führte es die Testpersonen wirkungsvoll und ohne viel Aufhebens zur Lösung.

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    |78| Kapitel 3
Die Warren - Harding - Falle
    Das geheime Leben unserer Intuition
     
    Eines frühen Morgens im Jahr 1899 begegneten sich zwei Männer im Garten des Globe Hotels in Richwood, Ohio, als sie sich die
     Schuhe putzen ließen. Einer der beiden war Anwalt und Lobbyist in Columbus, der Hauptstadt des Bundesstaates Ohio. Sein Name
     war Henry Daugherty. Er war ein untersetzter Mann mit rotem Gesicht und glattem schwarzem Haar. Bei seinen Freunden und Feinden
     war er als brillanter Stratege und klassischer Machiavelli bekannt, der hinter den Kulissen die Strippen zieht. Vor allem
     jedoch galt er als ausgewiesener Menschenkenner. Der zweite Mann, der sich an jenem denkwürdigen Morgen im Hotelgarten einfand,
     war der Herausgeber einer regionalen Tageszeitung in Marion, Ohio, und sollte in der folgenden Woche in den Senat des Bundesstaates
     gewählt werden. Sein Name war Warren Harding. Daugherty sah Harding und war augenblicklich von dessen Anblick gefesselt. Der
     Journalist Mark Sullivan beschrieb diese folgenreiche Begegnung der beiden Männer:
    Harding war zu diesem Zeitpunkt 35 Jahre alt und sah extrem gut aus. Sein Kopf, seine Gesichtszüge, seine Schultern und sein
     ganzer Oberkörper waren von beeindruckender Größe und so proportioniert, wie sie zu allen Zeiten der Geschichte als männliches
     Schönheitsideal gegolten haben. Später, als Harding über die Grenzen Ohios hinaus bekannt geworden war, beschrieb man ihn
     gelegentlich als »Römer«. Wenn er vom Rednerpult herunterstieg, dann konnte man sehen, dass auch seine Beine sich diesem Ebenmaß
     fügten; sein Gang, seine |79| aufrechte Haltung und die Leichtigkeit seines Schritts unterstrichen diesen Eindruck der Attraktivität und Männlichkeit noch.
     Seine elegante Geschmeidigkeit, seine Größe, seine strahlenden Augen, sein schwarzes Haar und seine bronzene Haut verliehen
     ihm die Aura eines Maharadscha. Die Höflichkeit, mit der er aufstehen konnte, um einem anderen seinen Platz anzubieten, ließ
     ihn als ausgesprochenen Menschenfreund erscheinen. Seine Stimme war klangvoll, männlich und warm. Seine wohlgeputzten Schuhe
     ließen auf ein Stilbewusstsein schließen, wie man es in kleinen Provinzstädten nicht vermuten würde. Seine Art, Trinkgelder
     zu geben, verriet schließlich eine warmherzige Großzügigkeit, ein Interesse am Wohlergehen seiner Mitmenschen und das ehrliche
     Bedürfnis, anderen eine Freude zu machen.
    In diesem kurzen Moment, in dem Daugherty einen ersten Blick auf Harding warf, kam ihm eine Idee, die die Geschichte der Vereinigten
     Staaten von Amerika beeinflussen sollte: Würde dieser Mann nicht einen perfekten Präsidenten abgeben?
    Warren Harding war kein sonderlich intelligenter Mann. Er spielte leidenschaftlich gern Poker und Golf und war dem Alkohol
     nicht abgeneigt. Außerdem war er ein berüchtigter Frauenheld: Um seine Abenteuer ranken sich zahlreiche Legenden. Während
     er im Verlaufe seiner politischen Karriere immer weiter nach oben kletterte, tat er nichts, was ihn in irgendeiner Weise ausgezeichnet
     hätte. In

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