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Blink! - die Macht des Moments

Titel: Blink! - die Macht des Moments Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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Hausfrauen im Vorhinein nicht beeinflussen
     wollte, nannte er seine Veranstaltungen nicht Margarine-Tests, sondern lud die Frauen zu einem Vortrag mit Imbiss ein. »Ich
     kann mir gut vorstellen, dass die Damen alle weiße Handschühchen trugen«, meint Davis Masten, der heute einer der Partner
     in der Beraterfirma ist, die Cheskin seinerzeit gründete. »Cheskin lud Redner ein und ließ Essen auftragen. Darunter waren
     kleine Schälchen mit Butter für die einen und kleine Schälchen mit Margarine für die anderen. Die Margarine war goldgelb.
     Er sagte den Frauen nicht, dass es einen Unterschied gab. Als die Teilnehmerinnen am Ende der Veranstaltung gebeten wurden,
     die Redner und das Essen zu bewerten, gaben sie an, die ›Butter‹ sei in Ordnung gewesen. Die Marktforscher hatten behauptet,
     die Margarine sei tot. Und Louis dachte sich, versuchen wir’s doch mal durch die Hintertür.«
    Damit war sehr viel klarer, wie man die Verkäufe von Margarine ankurbeln konnte. Cheskin riet seinen Klienten, sie sollten
     ihre Margarine »Imperial« nennen und eine imposante Krone auf die Packung drucken. Wie er bei seinen Testveranstaltungen gelernt
     hatte, war die Farbe das Wichtigste: Sie musste goldgelb sein. Außerdem empfahl er der Firma, das Produkt in Silberfolie zu
     verpacken, weil dieses Material damals als Zeichen besonderer |161| Qualität galt. Bei Tests, in denen man Versuchspersonen zwei identische Brothäppchen probieren ließ – das eine mit weißer,
     das andere mit der goldgelben, in Folie verpackten »Imperial«-Margarine bestrichen –, setzte sich das zweite Brotstückchen
     mit Abstand gegen das erste durch. »Sie würden nie jemanden direkt fragen: ›Hätten Sie’s gern in Alufolie?‹, denn die Antwort
     wäre immer nur: ›Weiß nicht‹ oder ›Ist mir egal‹«, erläutert Masten. »Sie fragen einfach, welche der beiden besser schmeckt,
     und durch diese indirekte Methode finden Sie heraus, was wirklich der motivierende Faktor hinter einem Geschmacksurteil ist.«
    Vor ein paar Jahren lieferte Cheskins Firma einen weiteren eleganten Beleg für diese Übertragung von Empfindungen, als sie
     die beiden Billigweinbrände Christian Brothers und E&J miteinander verglich (um Ihnen einen Eindruck von dem Marktsegment
     zu geben, in dem wir uns hier bewegen, sei gesagt, dass E&J bei seiner Klientel als »Easy Jesus« bekannt ist). Cheskins Klient,
     Christian Brothers, wollte herausfinden, warum ihr Weinbrand nach Jahren der Marktführung mit einem Mal Boden gegenüber dem
     Konkurrenzprodukt E&J verlor. Ihr Weinbrand war nicht teurer, er war im Laden ebenso gut zu finden, die Konkurrenz hatte kein
     höheres Werbebudget (an diesem Ende des Segments spielt Werbung ohnehin kaum eine Rolle). Wie konnte es also sein, dass die
     Verkäufe von Christian Brothers mit einem Mal gegenüber dem Konkurrenzprodukt zurückgingen?
    Cheskin veranstaltete einen Blindtest mit 200 Weinbrandtrinkern. Die beiden Marken schnitten in etwa gleich ab. Also entschied
     sich Cheskin, etwas anderes auszuprobieren. »Wir veranstalteten einen neuen Test mit 200 weiteren Versuchspersonen«, erklärt
     Darrel Rhea, ebenfalls Partner von Cheskin. »Diesmal sagten wir den Leuten, in welchem Glas Christian Brothers war und in
     welchem E&J. Das heißt, die Empfindungen, die die Versuchspersonen mit dem jeweiligen Namen hatten, wurden auf das Getränk
     übertragen. Diesmal war Christian Brothers eindeutiger Sieger des Vergleichstests.« Das konnte doch nur heißen, dass die |162| Testpersonen eindeutig positivere Assoziationen mit dem Namen Christian Brothers als mit E&J hatten. Das machte die Sache
     jedoch nur noch mysteriöser: Wenn Christian Brothers den stärkeren Markennamen hatte, wie konnte es dann sein, dass ihr Produkt
     Marktanteile verlor? »Also führten wir einen weiteren Test mit 200 Personen durch. Diesmal stehen die jeweiligen Flaschen
     mit auf dem Tisch. Wir stellen zwar keine Fragen über die Verpackung, aber sie ist im Versuch präsent. Und was passiert? Mit
     einem Mal gewinnt E&J im Test die Oberhand. Damit hatten wir herausgefunden, wo das Problem von Christian Brothers war. Das
     Problem ist weder das Produkt noch der Markenname. Es ist die Verpackung.« Rhea zog ein Bild der beiden Weinbrandflaschen
     in ihrer damaligen Gestaltung hervor. Christian Brothers sah aus wie eine Weinflasche mit einem langen, schlanken Hals und
     einem schlichten beigefarbenen Label. Die Flasche von E&J war dagegen

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