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Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Titel: Blitz: Die Chroniken von Hara 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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aufs offene Meer zu bringen. Die kleine Nussschale fuhr durch den Spalt im Fels und stürzte sich in die Gischt, den Schaum und die Wellen.
    Wir blieben allein zurück.
    Der Pfad stellte in der Tat eine kleine Herausforderung dar. Er war schmal und gewunden, rechter Hand klaffte der Abgrund. Hier und da lagen uns kleine Steine im Weg, die von oben heruntergefallen waren und auf denen man leicht ausrutschen konnte. Mittlerweile befand sich die Bucht gut zwanzig Yard unter uns. Aus dieser Höhe wirkte sie winzig. Das Meer war überhaupt nicht mehr zu hören.
    Ich ging voraus und half Lahen an den schwierigsten Stellen. Shen stapfte schwer schnaufend als Letzter hinterdrein. Immer wieder blieb er stehen, um sich gegen die lotrechte Felswand linker Hand zu lehnen. Die Fahrt auf dem Schiff steckte ihm noch in den Knochen. Trotzdem setzte er alles daran, nicht hinter uns zurückzubleiben.
    »Hast du eigentlich Höhenangst?«, wollte er von mir wissen, als wir kurz verschnauften.
    »Nein.«
    »Warum nicht? Bist du aus Eisen?«
    »Ich musste schon mal eine Wand hinauf, die war sechsmal so hoch wie dieser Hang. Und zwar nur mit Hilfe meiner Hände und Füße.«
    »Wann soll das denn gewesen sein?«
    »In den letzten Tagen des Krieges gegen die Spitzohren.«
    Er glaubte mir nicht, was mich aber kaum kratzte.
    Irgendwann verbreiterte sich der Pfad endlich, und wir erreichten jenen Platz, von dem Dash gesprochen hatte. Er war breit genug für uns alle, außerdem überragte ihn ein Felsvorsprung, sodass er vorzüglich Schutz vor Regen bot.
    Jemand hatte Steine zu einer Feuerstelle zusammengelegt und etwas Brennholz gesammelt sowie trockenes Gras zum Schlafen ausgebreitet. Shen wollte sich bereits aufs Gras setzen, doch ich hielt ihn zurück: »Sieh lieber erst mal nach, ob da Skorpione sind!«
    »Freut mich, dass hier schon alles vorbereitet ist«, sagte Lahen, die unterdessen den Sack von den Schultern nahm und die Armbrust gegen den Fels lehnte. »Vermutlich waren das Dashs Freunde.«
    »Das nehme ich auch an«, pflichtete ich ihr bei. »Ich hoffe, die Schmuggler haben nichts dagegen, wenn wir uns mit ihren Vorräten ein Feuer machen.«
    Shen kam zu uns, warf die Tasche zu Boden und setzte sich drauf: »Hier gibt’s keine Skorpione«, erklärte er.
    Ich band den Sack, den Dash uns gegeben hatte, auf und fand einen großen Laib Schafskäse darin, drei Zwiebeln, ein frisch gebackenes, gesalzenes Brot, das in ein sauberes Tuch eingewickelt und noch immer warm war, ein schönes Stück Schinken, Unmengen von Zwieback, vier fast steif gedörrte Fische und, was mich am meisten erstaunte, eine bauchige Flasche mit Traubenschnaps.
    »Was ist bloß in den guten, alten Kapitän gefahren?«, murmelte ich. »Oder will er uns vielleicht vergiften?«
    »Weshalb sollte er?«, fragte Shen völlig ernst.
    »Damit wir sterben, nehme ich an. Warum sonst sollte man einen Menschen vergiften?«
    »Gib mal her«, bat er und streckte die Hand aus.
    Ich reichte ihm die Flasche.
    Er roch ausgiebig an dem Schnaps, dann nahm er vorsichtig einen Schluck. »Nein, der enthält kein Gift.«
    »Kein Gift, keine Skorpione – dieser Tag steckt doch voller Enttäuschungen, was, Shen?«, fragte ich lachend.
    »Ach, hör doch auf!«, fuhr er mich an.
    Noch immer lachend verschloss ich die Flasche wieder mit dem Korken. »Nimm’s nicht so schwer, du wirst in deinem Leben schon noch genug Gift in die Finger bekommen. Mehr als genug sogar.«
    Er warf mir einen verstohlenen Blick zu, verzichtete aber auf jeden Streit und machte sich über das Essen her. Als ich Lahen etwas Brot und Käse reichte, schüttelte sie bloß den Kopf. Offenbar war sie nicht hungrig.
    »Was meint ihr, wie es jetzt in Alsgara aussieht?«, fragte Shen, nachdem ich schon vermutet hatte, es habe ihm vollends die Sprache verschlagen.
    »Das kann uns inzwischen egal sein, denn wir haben die Stadt zum Glück hinter uns gelassen.«
    »Du bist wirklich ekelhaft!«
    »Und ganz ohne Gewissen. Denn wenn ich das hätte, wäre ich in Alsgara geblieben, um auf den Stadtmauern mit meiner Brust den unfehlbaren Hintern der Mutter zu schützen«, erwiderte ich grinsend. »Das wolltest du mir doch wohl unter die Nase reiben, oder? Aber bevor du jetzt zu einer flammenden Rede ansetzt: Vergiss nicht, dass du zusammen mit uns aus der Hochburg der Schreitenden abgehauen bist.«
    »Keine Sorge, ich will weder mein Verhalten schönreden noch dich anklagen. Wir haben beide nur getan, was man uns gesagt hat. Trotzdem

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