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Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Titel: Blitz: Die Chroniken von Hara 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Weise volle Entfaltung zu ermöglichen. Deshalb fürchtete sie zuweilen, der Flatterer könnte ihr durchgehen. Andererseits wusste sie, dass sie jedes Pferd, selbst eines, das sich gern an Menschenfleisch labte und wie der zum Leben erwachte Albtraum eines Wüstennomaden aussah, schon seit ihrer Kindheit zu bändigen vermochte.
    Gerade als sie das Tier tatsächlich gezähmt hatte, ging ein grauenvoller Schlag, von dem die ganze Welt zu erzittern schien, auf das Haus nieder. Ein riesiger Steinquader – wer mochte den geschleudert haben? – hatte den Ostflügel des Hauses getroffen, das Dach durchschlagen und die Außenwand eingerissen, um dann im Garten zu landen, wo er eine der alten Eichen fällte.
    Thia lehnte sich aus dem Fenster und fluchte. Viel hätte nicht gefehlt, und dieser Steinblock hätte auch sie unter sich begraben. Nun nahm sie dieses Ungetüm genauer in Augenschein. Zunächst meinte sie, sie täusche sich, doch dann begriff sie, dass sie sich keineswegs irrte.
    Rowan! Diese Ausgeburt eines Grabwurms! Hatte er also doch eine Lösung gefunden! O nein, er steckte Alsgara nicht in Brand! Er griff zu einer weit wirkungsvolleren Methode: zur Larve des Shoy-chash, einem Wesen aus dem Reich der Tiefe! Bei dem es sich nicht um einen lächerlichen Gow handelte, sondern um einen Dämon, mit dem man rechnen musste.
    Und der verheerender als jedes Feuer war. Vor allem da die Kampfmagie der Schreitenden diesem Geschöpf nichts anhaben konnte, sondern es im Gegenteil nur noch stärkte: Ein Shoy-chash saugte die lichte Gabe auf wie ein Schwamm. Deshalb richtete man gegen diese Kreatur auch nur mit Stahl und zahllosen Soldaten etwas aus. Oder mit der Hilfe eines sehr erfahrenen Dämonenbeschwörers. In Alsgara gab es zwar Angehörige des Purpurnen Ordens – aber
so
erfahrene, dass sie ein solches Wesen vernichten konnten, wohl kaum.
    »Du weißt, was du zu tun hast, Farid. Mach dich also ans Werk«, verlangte Thia, um anschließend mit einem Blick auf Shen an den Flatterer der Tiefe heranzutreten. »Und wir beide, mein guter Heiler, unternehmen jetzt einen kleinen Ausritt.«
    Ein fernes Donnern kündete davon, dass die Katapulte unserer Feinde nach dem ersten Schuss weiterwüteten. Der nächste Steinblock war auf Alsgara niedergegangen. Die Hörner auf den Mauern und Türmen bliesen unablässig Alarm. Das Signal hallte durch die ganze Stadt, weitergetragen von den Glocken der zahlreichen Meloth-Tempel.
    »Das schaffen wir nie«, murmelte Lahen.
    Mittlerweile stürmten aus allen Häusern, Werkstätten, Schenken und Läden Menschen, um zu erfahren, was hier vor sich ging.
    Ein weiteres, kaum zu hörendes Donnern drang zu uns herüber: Im Hafenviertel musste ein Stein eingeschlagen sein. Wenn der Beschuss in diesem Tempo anhielt, würde am Abend halb Alsgara zermalmt sein.
    Rechter Hand von uns tauchte bereits der Meloth-Tempel mit dem alten Friedhof auf. Ich bog in die Straße ein, die uns zum Altzer Tor bringen sollte.
    »Aus dem Weg!«, schrie ich lauthals und schmiegte den Kopf gegen den Hals des Pferdes. »Aus dem Weg!«
    Mein Geschrei dürfte vermutlich sogar im Lager der Verdammten zu hören gewesen sein. Nun stimmten auch noch Luk und Ga-nor ein. Die Menschen sprangen zur Seite, pressten sich gegen die Mauern der Häuser und schickten uns üble Flüche hinterher. Ein Brothändler konnte sich nur noch mit knapper Not in Sicherheit bringen, sein Bauchladen landete allerdings auf dem Pflaster und ging zu Bruch.
    Irgendein Narr kam sogar auf die Idee, mein Pferd beim Zügel zu packen. Doch auch er hielt mich nicht auf: Ich nahm nur noch ein im Schrei verzerrtes Gesicht wahr, ehe mein Tier den Mann in vollem Galopp unter sich begrub.
    Selbst schuld.
    Als ich mich nach dem Kerl umdrehte, sah ich, dass er den Zusammenstoß überstanden hatte und nun doch so klug war, zur Seite zu kriechen, denn schon preschten Luk und Ga-nor heran.
    »Guck nach vorn!«,
verlangte Lahen.
    Mit unserem wahnsinnigen Ritt hatten wir die Aufmerksamkeit von drei Wachtposten auf uns gelenkt. Einer von ihnen legte besonderen Eifer an den Tag und versuchte, mich mit seiner Armbrust aus dem Sattel zu stoßen. Das Holz und ich, wir verfehlten uns nur um einen Zoll. Nachdem ich an ihm vorbei war, blickte ich mich besorgt nach Lahen um. Doch die knallte dem Soldaten gerade erbarmungslos die Peitsche ins Gesicht. Das dämpfte umgehend die Entschlossenheit aller drei Posten, und sie ließen von uns ab.
    Wir hatten noch einmal Glück gehabt.

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