Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blitz in Gefahr

Blitz in Gefahr

Titel: Blitz in Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
Vom Netzwerk:
ihnen steiler, und zum erstenmal sah Alec ein wenig Wasser in der Mitte des Grabens. Entweder sickerte irgendwo eine Quelle, oder sie näherten sich dem Buckelhammock. Jetzt hieß es wachsam sein; wenn sich das Wasser kräuselte, konnte ein Alligator oder eine Schlange auf dem Grund lauern! Der Hauptmann watete aus dem Graben hinaus und kletterte die Böschung empor. Alec folgte ihm. Oben war das Sägegras so hoch, daß es ihm bis über den Kopf reichte. Allzuleicht verlor man hier die Orientierung. Ob er hier jemals wieder hinausfinden würde? Verbissen mühte sich Alec weiter.
    Der Marschboden unter seinen Füßen wurde wieder pulvertrocken; er kam schneller voran, ohne jedoch den dahinhastenden Hauptmann einzuholen. Es war zu erkennen, daß der Kanal gleich enden und auf den Hammock münden müßte.
    Tatsächlich weitete sich der Kanal ganz plötzlich, und vor ihnen ragte der Hammock majestätisch aus dem Grasmeer. Palmen und Eichen säumten wie eine Mauer das Ufer, aber darüber hob sich der gebuckelte Hügel von dem mondhellen Himmel ab.
    De Villa blieb stehen und blickte sich zum erstenmal nach Alec um, ob er ihm gefolgt war. Seine dunklen Augen blitzten. Er fuchtelte wie ein Irrer mit den Armen und wies auf die vor ihnen liegende Sumpfinsel. Eine Flut französischer oder haitianischer Wörter ergoß sich aus seinem Mund. Alec verstand sie nicht; aber das war gleichgültig, denn der Sinn des Wortschwalls ließ sich leicht begreifen: Der Hauptmann erzählte ihm, daß sie Kowis Heimstätte erreicht hatten.

Kowi

    Als Alec dem Hauptmann folgte, wurde der Boden unter seinen Füßen wieder schwammig. Er hörte das Husten eines männlichen Alligators irgendwo im Dunkeln. Eine viel größere Gefahr aber bestand darin, in ein sumpfiges Loch zu geraten, in dem er versinken würde, wenn de Villa ihm nicht zu Hilfe kam. Der Hauptmann war allerdings auf dem schlüpfrigen Pfad ganz mit sich selbst beschäftigt, klammerte sich krampfhaft an Büsche, Zweige und Wurzeln, um weiterzukommen und nicht abzugleiten. Alec tat es ihm nach; ihm war bitter elend zumute, denn daß auf diesem Weg kein Pferd entlanggelaufen sein konnte, lag auf der Hand. Der faulige Geruch, der aus dem schleimig-grünen Wasser am Fuß der Böschung aufstieg, verursachte Alec erneut Übelkeit, und er taumelte vor Müdigkeit.
    Erst nach mühseligem Kampf um jeden Meter gelangten sie abermals auf festen Boden, wo der Hauptmann wieder zu laufen begann. Gebückt wand er sich durch das Dickicht von Schlingpflanzen und Ranken. Alec rückte dichter zu ihm auf und erreichte nur wenige Meter hinter ihm den Fuß des Hammocks.
    Hier blieb der Hauptmann stehen und wandte sich nach seinem Begleiter um. Er sah jetzt mehr wie ein Indianer aus, die negroiden Züge traten zurück. Alec sagte traurig: »Hier kann mein Pferd unmöglich entlanggekommen sein.«
    »Falls es nicht längst umgekehrt ist, werden wir es am anderen Ende des Hammocks finden«, flüsterte der Hauptmann. »Dort befindet sich eine Quelle, von der alle Kanäle ausgehen.« Nach diesen Worten lief er weiter. Sie wanden sich noch eine Strecke durch dichtes Unterholz, bis sie eine Lichtung erreichten, deren Hintergrund der bucklige Hügelrücken bildete.
    Alec wußte, daß es im Sumpfgebiet keine natürlichen Hügel gab, sondern daß Menschen sie erschaffen hatten. Der vor ihnen liegende Hammock war ein uralter indianischer Begräbnisplatz, über fünfzehn Meter hoch und mit hohem Gras und Zwergpalmen bewachsen. Sein Untergrund bestand aus Gebeinen toter Indianer und ihrer Feinde. Die unzugängliche Insel hatte den Indianern ein sicheres Versteck vor Verfolgern geboten. Alec wollte nicht daran denken, was er nun dort vorfinden mochte. Der Hauptman ging am Fuße des unheimlichen Hügels voran; plötzlich blieb er stehen, packte Alecs Arm und flüsterte eindringlich: »Keinen Laut jetzt!«
    Alec hörte einen kaum wahrnehmbaren Ton in unmittelbarer Nähe. Er drehte sich schnell um und sah einen großen, grauen Schatten zwischen sich und dem Gebüsch unten am Wasserrand vorüberhuschen. Das Wesen löste sich in der schwarzen Finsternis so schnell auf, daß Alec nicht erkennen konnte, was es war — oder ob ihm seine Phantasie einen Streich gespielt hatte. Er sah den Hauptmann fragend an, erhielt jedoch keine Erklärung. Statt dessen rannte de Villa wieder los.
    Alec folgte ihm; was blieb ihm an diesem verhexten Ort sonst übrig? Einmal glitt er aus und fiel auf die Knie, raffte sich aber schnell auf, um den

Weitere Kostenlose Bücher