Blitz in Gefahr
»Zeichen« zu sehen geglaubt? Alec wurde von dem Bangen erfaßt, daß jetzt die größte Gefahr von de Villa und seinem Glauben an übernatürliche Dinge drohte, der sie beide in Panik versetzen könnte.
Er schob seine Bedenken beiseite, als die schwarze Gestalt mit unsicheren Schritten auf ihn zuschritt. Der Hauptmann kam, um ihm zu helfen und wiedergutzumachen, was er angerichtet hatte. De Villas Augen richteten sich blicklos auf ihn Sein Gesicht war nicht mehr energisch und voller Leben, sondern es wirkte wie ausgebrannt. Er hatte seine Glieder offenbar noch in der Gewalt, aber seinen Geist nicht mehr, stellte Alec fest. Der Entschluß, in den Sumpf zu gehen, rührte vielleicht von der Erkenntnis her, daß er seinem Verhängnis erbarmungslos ausgeliefert war. Er wirkte wie ein vom Tode Gezeichneter.
Ein Schauder überrieselte Alec. »Ich kann von hier aus allein nicht mehr weiter und bin froh, daß Sie doch noch gekommen sind. Können Sie feststellen, in welchem der vielen Kanäle mein Pferd weitergelaufen ist?«
Der Hauptmann lächelte verloren. »Diese Kanäle führen alle zu demselben Ort«, murmelte er wie zu sich selbst.
Alec dünkte sein Lächeln noch schlimmer als das versteinerte Gesicht vorher. Er wollte Ordnung und Methode in seine Suche nach Blitz bringen und fragte nüchtern: »Wohin also? Wo ist der Ort?«
»Es ist der Buckelhammock, wo Kowi wohnt.« Die Antwort kam in demselben Ton. Alec spürte, daß der Sprecher vor Furcht gelähmt war.
Alec ging auf den nächsten Graben zu, stockte aber, als er de Villa schreien hörte: »Nein, den kürzesten Weg — den kürzesten Weg!« Wie ein Automat wiederholte er immerzu: »Den kürzesten Weg!«
Alec machte kehrt und sah, wie der Hauptmann auf den ausgetrockneten Kanal am andern Ende der Mulde zueilte. Diesen Kanal hätte Alec niemals gewählt, doch er folgte ihm widerspruchslos. Da sich de Villa im Sumpf auskannte, würde er sich trotz seiner Verstörtheit auch jetzt zurechtfinden.
Der üble Geruch verrottender Pflanzen stieg Alec in die Nase, als er hinter dem Hauptmann immer tiefer in das ausgedörrte gelbe Sägegras ging. Er versuchte, ganz flach zu atmen, weil er Übelkeit fühlte. Von weit her kam jetzt der Schrei eines Vogels. Alec lauschte: der merkwürdige Laut näherte sich. Alec blickte zum Himmel auf, aber keine Spur eines Vogels war zu entdecken. Der eindringliche, monotone Schrei hörte jedoch nicht auf. Plötzlich schien er unmittelbar über ihnen zu ertönen.
Alec blieb wie angewurzelt stehen, und der Hauptmann schien gleichfalls auf der Stelle festgefroren zu sein. Wie versteinert starrte er in die Luft.
Der Ton schwoll an, klang, als ob er aus allen Richtungen käme. Der seltsame Vogel schien die Absicht zu haben, den ganzen Sumpf in Aufruhr zu bringen. Alec fühlte das Entsetzen wie eine Welle über sich zusammenschlagen. Er hatte das Gefühl, am Rande eines Nervenzusammenbruchs zu stehen, und kämpfte verzweifelt um Fassung.
Der Urheber des markerschütternden Schreies konnte irgendein Nachtvogel sein, sagte sich Alec. Somit bestand kein Grund, sich zu ängstigen und sich von der Geistergläubigkeit des Hauptmanns beeinflussen zu lassen. Doch als ihm der Schrei unaufhörlich in die Ohren gellte, der so sehr an die spukhaften Pfeiftöne in de Villas Musik erinnerte, drehte sich ihm der Magen um vor steigendem Entsetzen. Was war noch Wirklichkeit, was Einbildung? Wer konnte es auseinanderhalten in dieser gespenstischen nächtlichen Landschaft?
So unvermittelt, wie er begonnen hatte, endete der Schrei. Alec sah den Hauptmann benommen an. De Villa stand mit geschlossenen Augen da und wimmerte vor sich hin. Es blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten, bis er sich von seinem Schock erholt hatte und imstande war, den Weg fortzusetzen.
Unvermittelt fing er denn auch nach geraumer Weile an zu laufen, und zwar so schnell, daß Alec ihm kaum zu folgen vermochte. Er stürmte in dem ausgetrockneten Graben vorwärts, fiel hin, raffte sich auf, rannte weiter. Auch Alec stolperte wiederholt, schnitt sich an den scharfen Halmen, rannte aber stets wieder eilig hinter dem Hauptmann her, um ihn ja nicht zu verlieren.
So still und reglos die Nacht von nun an war, hatte Alec doch das Gefühl, mit de Villa nicht mehr allein zu sein. Zu beiden Seiten schienen sich nebelhafte Gestalten zu bewegen. Nichts als Büsche und Gräser, versuchte er sich zu beruhigen, konzentriere dich auf das, was getan werden muß!
Jetzt wurde die Böschung neben
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