Blitz schickt seinen Sohn
»jetzt wirst du dich allmählich daran gewöhnen müssen, daß andre Pferde und Menschen um dich herum sind... aber ich bin sicher, du wirst es lernen!«
Henry öffnete die Tür und zog den Laufsteg heraus. Dann kam er herein, um Napoleon zuerst hinauszuführen. Vulkan beobachtete Henry, wie er zu dem Grauen trat. Alec fühlte, daß der Hengst zitterte. Henry dirigierte Napoleon rückwärts hinaus. Vulkan schnaubte plötzlich, riß Alec den Halfter aus den Händen, wollte nach der Seite ausweichen und krachte mit voller Gewalt gegen die Seitenwand des Wagens, bevor Alec ihn wieder zu packen bekam. Alec erkannte sogleich, was die plötzliche Erregung des Pferdes verursacht hatte: Henry hatte seine schwere Lederpeitsche unter den Arm geklemmt!
»Tu die Peitsche weg!« sagte er kurz, während er das Pferd zu beschwichtigen versuchte. Henry warf die Peitsche hinaus. »Natürlich«, erwiderte er, »er erinnert sich an sie; ich hatte es ganz vergessen!« Seine Stimme wurde leise. Alec konnte ihn kaum verstehen, als er weitersprach: »Ich habe sie mitgenommen, weil sie mir immer Glück gebracht hat.«
Nachdem sich Vulkan beruhigt hatte, führte Alec ihn aus dem Wagen und durch das Tor im Zaun auf die Bahn. Der Hengst spitzte die Ohren und kümmerte sich nicht mehr um Napoleon, als er die weite Fläche vor sich liegen sah. Tänzelnd ließ er sich den Sattel auflegen. Während Henry die Gurte anzog, legte Vulkan die Ohren zurück und schüttelte den Kopf, beruhigte sich aber sogleich, als Alec auf ihn einsprach und ihm das Zaumzeug anlegte. Sobald Alec fertig war, spitzte Vulkan die Ohren, sah Alec an und dann die Rennbahn.
»So, jetzt sind wir soweit, Alec«, sagte Henry. »Nun hör genau zu, was du zu tun hast!«
Alec prägte sich ein, was ihm ans Herz gelegt wurde, dann trat er an Vulkans linke Seite, und Henry half ihm in den Sattel. Er steckte die Füße in die Steigbügel und preßte die Knie hoch an Vulkans Widerrist. Nachdem er die Zügel gefaßt hatte, saß er einen Augenblick still, und auch das Pferd stand zum erstenmal bewegungslos.
Ein Stück weit weg hielt Tony seinen geduldigen Nappy am Halfter und beobachtete sie. Henry ergriff Vulkans Zügel, um ihn auf die Bahn zu führen. Der Hengst sah ihn mit mißtrauischen Blicken an, folgte ihm aber durch den Eingang.
»Nun befolge alles, was ich dir eingeschärft habe, so gut du kannst!« sagte Henry, zu dem jungen Reiter aufschauend. »Halte Vulkan um jeden Preis am Innenzaun, auch wenn du es erzwingen mußt!« Damit trat er zurück, und Alec war mit seinem Pferd allein.
Er streichelte es und sprach zu ihm; dann sah er zu den leeren Zuschauertribünen hinüber, zu dem Richterturm am Ziel und zuletzt über die weite Fläche der Rennbahn hin. Auf diesen Augenblick hatte er lange gewartet! Jetzt begann ein neuer Abschnitt in Vulkans Leben und in seinem Leben ebenfalls. Es war ein entscheidender Schritt auf das Ziel all seiner Mühen und seiner Sehnsucht zu: dem Tag des Rennens unter den Blicken von Tausenden Zuschauern und Fachleuten! Auf diesem harten Boden hier unter seinen Hufen würde Vulkan beweisen müssen, ob er seines großen Vaters würdiger Sohn war!
Vulkan tänzelte leicht die Gerade hinunter, als Alec die Zügel lockerte; er gab ihm jedoch den Kopf nicht frei, so begierig das Pferd war, zu laufen, denn Henry wünschte, daß er mit Vulkan heute nur in langsamem Tempo arbeitete, mit Ausnahme eines kurzen 200-Meter-Galopps. Und sogar dabei sollte er ihn noch zurückhalten.
»Nicht schneller als 15 Sekunden für die 200 Meter, Alec, das merke dir!« hatte ihm Henry eingeprägt. »Wir wollen sehen, wie er sich auf einer so kurzen Strecke macht, bevor wir ihn schneller und länger arbeiten lassen. Ich weiß, daß es nicht leicht ist bei seinem Temperament, ihn zurückzuhalten; aber versuche es! Versuche es, so gut du kannst, es wird sich später bezahlt machen! Wir haben Zeit genug, bedenke das!«
Vulkan schüttelte immer wieder ungeduldig den Kopf und legte sich aufs Gebiß, als Alec ihn im Trab über die Bahn gehen ließ. Als sie wieder bei ihrem Ausgangspunkt ankamen, schmerzten Alec Arme und Hände von dem beständigen Zurückhalten der Zügel.
»Mach noch eine Runde!« rief Henry, »und laß ihn am Ende bis hier 200 Meter galoppieren! Vergiß aber nicht, ihn zurückzuhalten! Laß ihn die 200 Meter in 15 Sekunden machen, aber nicht schneller!« Henry schwang eine Stoppuhr in der Hand.
Alec wendete sein Pferd und ritt zurück, an den Tribünen
Weitere Kostenlose Bücher