Blitz und Pam
Rennen zu laufen, muß man auch gut reiten können. <«
»Ich glaubte, du habest ihn nicht gehört«, gab Alec zurück. »Jedenfalls hast du weder ihm noch den Reportern viel Beachtung geschenkt.«
»Ich hab’ ihn gehört«, sagte Henry mit Nachdruck. »Und ich gebe ihm recht.«
Alec fühlte, wie sein Hemd plötzlich an seinem Körper klebte. »Da sieh mal einer an«, sagte er mit gespielter Leichtigkeit, »Henry gibt Mel Miller recht!« Das Ganze wurde immer lächerlicher, fand Alec. Da hatten sie nun schon wieder eine Auseinandersetzung, und diesmal auch noch vor Pam.
»Sei nicht sarkastisch!« sagte Henry. »Ich versuche nur, eine Lösung zu finden. Du hast zuviel anderes im Kopf, um ein Rennen so zu laufen, wie sich’s gehört.«
»Alec hat sein gutes Recht, sich selbst zu sein, und nicht das, was Sie wollen, daß er sei«, fiel Pam ein.
Henry schnaubte und fuhr herum. »Sie mit ihren Idealen, zum Kuckuck!« platzte er in einem wahren Zornesausbruch heraus. »Ihr Jungen könnt aus dieser Welt machen, was ihr wollt, wenn ich nicht mehr hier bin. Mir geht es um die Welt, der Alec jedesmal gegenübersteht, wenn er ein Pferd besteigt und sich gegen Männer behaupten muß, die ebenso darauf aus sind zu gewinnen wie er.
Das ist keine rosenrote Welt dort draußen. Sie kann töten. Und ich meine töten, nicht verletzen oder verstümmeln. Was Mario Santos heute zugestoßen ist, kann als Beispiel dienen. Nur ein paar wenige Zentimeter mehr, und es wäre um ihn geschehen. Und Alec könnte es morgen oder übermorgen genauso ergehen — so, wie er jetzt reitet. Wie kann ich das verhindern?«
Alec kam von der Tür wieder zurück und stellte sich neben Pam. »Du dramatisierst das alles, Henry«, sagte er.
»Ach, wirklich? Tu ich das?« Der Trainer sah Alec herausfordernd an. »Woran hast du denn heute gedacht, als Mario und Becky dich schon beim Start schlugen? An Pam? An Jockeymädchen? Oder an was sonst?«
»Es war gar nicht das«, verteidigte sich Alec. »Die beiden sind einfach schneller vom Start abgekommen als ich, sonst nichts.« Doch um Henry Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, dachte er an ein anderes Rennen, bei dem er an Pam gedacht hatte und deswegen zu langsam gestartet war.
»Es hat dich das Rennen gekostet«, beharrte Henry. »Wenn du als erster aus dem Start gekommen wärst, hättest du den Unfall vermieden.«
»Sie können Alec nicht dafür verantwortlich machen, daß ein Pferd vor ihm strauchelt«, warf Pam ein.
Henry wandte sich ihr zu. »Das nicht, nein — aber ich kann ihn dafür verantwortlich machen, daß er sich in einer schlechten Position befand, wenn er es durchaus hätte vermeiden können. Sogar ein Mädchen hätte es besser gemacht.«
»Irgendein Mädchen?« wollte Pam wissen.
Henry sah Pam einen Augenblick forschend an; er fragte sich, ob sie wirklich das meinte, was er vermutete. »Sogar Sie «, kam es endlich über seine Lippen.
»Das hab' ich nicht gemeint«, sagte sie. »Es nahm mich nur wunder, weshalb Sie das Reiten der Reiter innen schlechtem Reiten gleichsetzen. Soll das heißen, daß nur Männer gut reiten?«
»Im Rennsport ja«, entgegnete Henry. »Mädchen haben da nichts zu suchen.«
»So ein Unsinn!« meinte Pam. »Wenn das das ist, was sie tun wollen! Sogar ich habe Rennen bestritten und bin auch gegen Männer angetreten.«
»Wo das?«
»Vorwiegend auf Messen und Kurzrennen in Virginia.«
Henry kicherte. »Das ist eine andere Welt — nicht die, von der ich spreche.« Plötzlich schwieg er und heftete den Blick lange auf Pams Gesicht. Dann wandte er sich zu Alec. »Wie wär’s, Alec«, meinte er, »wenn wir sie herausfinden ließen, wie es wirklich ist? — Vielleicht würde das einiges zwischen uns dreien ins reine bringen helfen. Was, wenn ich sie Black Sand starten lasse? Du sagtest doch, er laufe mit dir nicht so wie mit ihr.«
Alec war ob Henrys Vorschlag völlig verblüfft. Er war sich bewußt, daß der Trainer sowohl ihn wie Pam dazu herausfordern wollte, sich dem zu stellen, was er als die harte Wirklichkeit des Rennsports betrachtete. »Wir würden ein leichtes Rennen wählen — ein billiges«, fuhr Henry fort. »Nicht viel mehr als ein Schulungsrennen. Sie hätte nichts anders zu tun als das, was sie bereits auf der Farm getan hat, nur wäre es dann in Gesellschaft anderer. Was meinst du, Alec?«
Alec war sich im klaren, daß kein Rennen je ein leichtes Rennen war, und er war um Pams Sicherheit besorgt. Aber es würde ihr die Möglichkeit geben,
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