Blitz und Pam
ihr ermüdetes Pferd im Rhythmus zu halten.
Das Pferd mit der gelben Kappe war mittlerweile in Führung gegangen, und sein Jockey stieß und drängte es, um sich eine Länge vor dem Pferd neben ihm halten zu können. Beide Pferde strengten sich gewaltig an, und schließlich schwenkten sie gegen den Zaun, direkt vor Beckys Pferd.
Alec verfolgte sie mit dem Feldstecher. Becky war geschlagen und wußte das wohl auch. Es hatte keinen Sinn mehr, daß sie ihr Pferd weiter peitschte. Und doch — unter einem weiteren furchtbar harten Schlag sprang es noch einmal vor. Aber wohin? Am Zaun hatte es keinen Platz, denn die zwei führenden Pferde ließen ihm keine Lücke. Als der nächste Hieb auf seine Haut niedersauste, sprang es weg — zu Black Sand hinüber!
Alec sah, wie Pam sich von Beckys Pferd freizuhalten suchte. Als Becky so hart an ihnen ihrem Pferd die Hacken in die Seiten schlug und mit ganzer Kraft auf sie einhieb, wurden Black Sands Schritte uneben.
Zum ersten Mal in diesem Rennen lief es Alec kalt über den Rücken hinunter vor Angst. Becky würde in ihrer verbissenen Entschlossenheit, ihr Pferd vorwärts zu bringen, vor nichts zurückschrecken. Sie hatte ihre Peitsche von der linken in die rechte Hand hinübergewechselt, um ihr Pferd auszugleichen und es zwischen den andern hindurchzusprengen.
Pam riß Black Sand brüsk zurück, als Beckys Peitsche durch die Luft pfiff. Ob sie Black Sands Beine berührte oder nicht — das hatte Alec nicht sehen können. Es mochte sein, daß sie dem — Hengst nur einen unbändigen Schrecken eingejagt hatte. Jedenfalls machte Black Sand plötzlich zwei große, schnelle Sprünge nach außen. Pam versuchte verzweifelt, ihn zurückzuhalten, doch er ging durch und raste wie toll quer über die Bahn. Alec blickte blitzschnell zum Außenzaun — es war ihm klar, daß der Hengst mit voller Wucht hineinrennen würde. »Nein!« schrie er außer sich.
Black Sands fliegender Körper prallte gegen den Zaun, und Pam wurde hoch in die Luft katapultiert.
Alec war über den Zaun gesprungen und rannte auf der Bahn gegen den hinteren Bogen, als das Feld der Pferde vorbeiflitzte. Kaum war die Bahn frei, kam ein Sanitätswagen vom Innentor her gefahren. Alec hielt ihn an und sprang auf den vorderen Sitz.
Als sie mit dem Wagen zur Unfallstelle kamen, hatte sich bereits eine Gruppe von Leuten darum geschart. Black Sand war tot, sein Genick gebrochen und verdreht. Mit totenblassem Gesicht kniete Alec neben der reglosen, seidengekleideten Gestalt nieder: Pam. Auf seiner Stirn stand kalter Schweiß, und sein Körper zitterte völlig unbeherrschbar.
Pams Augen waren geöffnet, doch glasig. Sie versuchte sich auf einen Ellbogen aufzustützen; Alec aber hielt sie davon ab. »Bleib liegen, Pam«, sagte er mit sanfter Eindringlichkeit. »Du bist schwer gestürzt.« Er machte den Ambulanzhelfern Platz, die Pam alsbald den Helm vom Kopfe nahmen. Das Sonnenlicht fiel grell auf ihr Haar. Ihr Gesicht war mit Schmutz überzogen, durch den sich kleine Rinnsale von Blut ihren Weg bahnten. Alec überkam ein Gefühl der Zärtlichkeit, der Dankbarkeit dafür, daß Pam lebte. Ihre Augen suchten Black Sand, und Alec spürte, daß er keine Wahl hatte — er mußte es ihr sagen. Es durfte keine Ausflüchte, keine Verheimlichung geben. So würde sie es wollen.
»Der Hengst ist tot«, sagte er, und er vermochte das Beben in seiner Stimme nicht zu unterdrücken.
Sie sagte nichts, und ihr Schweigen versetzte Alec in Angst. Er berührte ihr Gesicht.
»Pam, bitte... Er hat nicht gelitten. Er wußte gar nicht, was geschah.« Alec fuhr ihr mit der Hand über die Stirn. Ihr ganzes Gesicht war kalt.
Dann plötzlich suchten ihre Hände die seinen und umklammerten sie. Er beugte sich zu ihr hinunter, und sie vergrub den Kopf in seiner Brust. »Ich weiß«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Du brauchst es mir nicht zu sagen.«
Alec begriff, daß sie es im selben Moment gewußt hatte, als der Hengst starb, denn sie war mit Black Sand eins gewesen.
EINUNDZWANZIGSTES KAPITEL
Ein Platz im unteren Weidland
Während Pam die Nacht im Krankenhaus in Jackson Heights, unweit der Rennbahn, verbrachte, fuhr Alec den toten Black Sand zur Hopeful-Farm. Dort begrub er ihn in den frühen Morgenstunden mit der Hilfe anderer im unteren Weidland, wo der Hengst so manche Stunde mit Pam verbracht hatte.
Alec versuchte, sich diese Beerdigung nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen. Schließlich, so ermahnte er sich selbst zur Beherrschung,
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