Blitz und Vulkan
was ich meine. Ich will Blitz einfach für mich behalten. Ich will ihn pflegen und ständig in seiner Nähe sein. Er soll ausschließlich mir gehören und keinem anderen, auch nicht dem Sport oder der Öffentlichkeit, gleichviel, wie Sie es nennen wollen! Vielleicht schelten Sie mich selbstsüchtig, und das bin ich ja wohl auch. Aber ich fühle nun einmal so! Einen Rennchampion als Haustier zu halten, ist unmöglich. Das hat Henry mir oft genug gesagt..., und ich weiß heute, daß er recht hat. Er gehört der Allgemeinheit, deren Forderungen er erfüllen muß. Das liegt in der Natur der Sache; dagegen läßt sich nichts tun. Darum soll Blitz nicht auf die Rennbahn, denn ich will ihn auf keinen Fall verlieren, wie ich Vulkan verloren habe.“
„Demnach ist das der Grund, weshalb du ihn als Deckhengst auf die Farm bringen willst?“
Alec nickte. „Das und weil ich mehr Pferde um mich haben will, Jim! Seine Kinder! So möchte ich mir mein Leben aufbauen...“
„Klar, das verstehe ich“, sagte Jim sanft. „Ich würde vielleicht im gleichen Fall ebenso handeln. Aber schließlich kannst du doch diesen Weg gehen, und Blitz trotzdem vorher noch ein einziges Mal auf die Rennbahn bringen. Vielerlei Gründe sprechen dafür, und ich möchte dir ernsthaft dazu raten — als Freund, also nicht als Reporter, der auf eine Story aus ist.“
Alec sah Jim forschend an: „Und wozu sollte es gut sein, Jim, wenn ich ihn noch einmal auf die Bahn brächte?“
„Für sehr vieles wäre es gut! Erstens würde es die verständliche Sehnsucht vieler Menschen stillen, die ihn gern noch einmal laufen sehen möchten, und zweitens die Neugier der vielen anderen, die nur von Blitz reden hörten und doch nicht recht glauben, daß es ein solches Wunderpferd gibt. Natürlich würdest du unmißverständlich klarmachen, daß es sich unwiderruflich um sein letztes Rennen handelt, bevor er ins Gestüt geht. Damit wird sich jeder abfinden und dankbar sein, daß ihm wenigstens noch einmal die Chance geboten wird, Blitz laufen zu sehen. Die menschliche Natur ist nun einmal so, Alec! Ob Blitz siegt oder verliert — du bist der Gewinner — danach lassen sie dich dann in Frieden.“
„Halten Sie es tatsächlich für möglich, daß Vulkan ihn schlagen könnte?“
„Ja, Alec!“
Der Junge sah wieder aufs Feld hinaus, während Neville fortfuhr: „Du solltest außerdem noch etwas anderes bedenken, was sehr wichtig für dich ist, wenn du dich fortan auf die Zucht verlegen willst: daß du nämlich darauf aus sein mußt, daß auch andere Züchter ihre Stuten zu Blitz zum Belegen bringen. Wenn du ihn noch einmal auf die Rennbahn läßt, gibst du allen Rennstallbesitzern die Möglichkeit, ihn in seiner bestechenden Manier laufen zu sehen. Ist dann der Zeitpunkt gekommen, von dem ab du auch die Stuten anderer Besitzer durch Blitz decken lassen willst, so kannst du eine hohe Decktaxe fordern. An solche Dinge mußt du denken, Alec, denn sie bedeuten in dem Beruf, den du dir erwählt hast, für dich Brot und Butter und Vorwärtskommen.“
Der Hengst kam jetzt wieder übers Feld zurück auf sie zu, und Alec schlüpfte zwischen den Latten hindurch, um ihm entgegenzugehen. Er fuhr ihm mit der Hand über den Hals und hob die Mähne ein wenig, um ihn darunter zu kraulen. So stand er lange Minuten, bis er endlich Antwort gab: „Ich glaube nie und nimmer, daß Vulkan oder ein anderes Pferd an ihn heranreicht“, sagte er überzeugt.
Jim lächelte. „Um das zu beweisen, mußt du ihn laufen lassen.“
Alec schüttelte den Kopf. „Nein, Jim! Das tue ich nicht. Ich bringe ihn auf die Farm.“
Neville zuckte die Schultern und sagte: „Es ist dein Pfed, Alec. Die Entscheidung liegt bei dir.“ Er schwieg einen Augenblick und fuhr dann fort: „Aber bevor ich gehe, muß ich dir noch etwas sagen, was deinen Entschluß wahrscheinlich ändern wird. Jedenfalls glaube ich das, so wie ich dich kenne...“ Er zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Tasche. „Ich habe hier eine Aufstellung der für das ,Rennen um den Internationalen Pokal’ genannten Pferde. Ich habe es fertiggebracht, diese Liste vor allen anderen Zeitungsleuten in die Hand zu bekommen — jedoch nur 24 Stunden vor ihnen. Morgen werden alle Redaktionen die Liste haben.“ Jim entfaltete das Blatt. „Du weißt, Alec, daß es kein Rennen gibt, das sich mit diesem vergleichen läßt. Seit mehr als Jahresfrist ist man mit den Vorbereitungen dafür beschäftigt. Der Rennverband hat vor vielen
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