Blitz und Vulkan
Monaten Einladungen an die Besitzer der schnellsten Pferde in allen Ländern der Erde verschickt, und die Liste verzeichnet diejenigen, welche die Einladung angenommen haben. Soweit die Pferde aus dem Ausland kommen, werden sie alle im nächsten Monat in den Staaten eintreffen.“
„Ich weiß über das Rennen Bescheid“, warf Alec ein. „Vulkan ist ebenfalls zur Teilnahme aufgefordert worden, und wir haben das Meldegeld gleich nach dem Kentucky-Derby eingeschickt.“
„Ganz recht“, bestätigte Neville. „Er steht auf der Liste. Willst du wissen, auf welche Gegner er stoßen wird?“
„Natürlich, gern.“
„Gut. Also da ist Phar Fly, das australische Wunderpferd; dann Cavaliere, der im Mai das italienische Derby gewonnen hat. Indien schickt Kashmir, den Vorjahressieger im Epsom-Derby in England. Auch der diesjährige Gewinner des Epsom-Derbys kommt her, es ist Sea King, ein rein englisch gezogener Vollblüter, den man in England so hoch einschätzt wie bei uns Vulkan. Aus Frankreich kommt Avenger, der dieses Jahr sowohl das irische als auch das französische Derby gewonnen hat. Argentinien wird uns El Dorado schicken, der in Südamerika alle Pferde geschlagen hat, die gegen ihn angetreten sind...“
„Schön und gut, Jim. Aber was hat dieses Rennen mit Blitz zu tun?“ unterbrach Alec die Aufzählung.
„Sehr viel“, erwiderte Neville, indem er Alec in die Augen sah. „Sein Name steht nämlich ebenfalls in der Liste! Er ist von seinem damaligen Besitzer, Scheich Abu aus Arabien, vor sechs Monaten gemeldet worden.“ Alles Blut wich aus Alecs Gesicht; betäubt und keines Wortes mächtig stand er da.
„Scheich Abu hat Blitz in diesem großen internationalen Rennen laufen lassen wollen, Alec! Aller Wahrscheinlichkeit nach würde er dich gebeten haben, ihn zu reiten.“
Alec wandte sich ab und starrte aufs Feld hinaus, zu Blitz hinüber.
„Du erinnerst dich sicher“, nahm Neville wieder das Wort, „daß Scheich Abu uns nach Vulkans Sieg in seinem ersten großen Rennen, dem der Scheich ja beiwohnte, versprach, Blitz wieder nach Amerika zu bringen. Hier ist der Beweis, daß er sein Versprechen halten wollte.“ Neville machte eine Pause und fuhr dann mit Nachdruck fort: „Wenn diese Liste morgen nach dem Bericht über dich und Blitz veröffentlicht wird, erwartet die Öffentlichkeit selbstverständlich von dir, daß du Blitz’ Meldung im Rennen um den Internationalen Pokal aufrechterhältst. Man wird der Meinung sein, daß du es einfach allen Sportenthusiasten schuldig bist.“
Jetzt fand Alec die Sprache wieder. „Den Sportfreunden nicht, Jim“, sagte er gefaßt, „aber Scheich Abu!“ Er sah Neville an und fuhr fort: „Da Scheich Abu Blitz für dieses Rennen genannt hat, besteht für mich kein Zweifel darüber, daß er wissen wollte, wer schneller ist: Blitz oder Vulkan. Eigentlich hätte ich mir denken können, daß er diesen Wunsch hegte. Aber wird der Rennverband zulassen, daß ich Blitz reite? Er gehört doch jetzt mir.“
„Da Scheich Abu Blitz für das Rennen gemeldet und noch selbst das Meldegeld bezahlt hat, bin ich sicher, daß der Rennverband ihn als Besitzer gelten lassen und gestatten wird, daß du ihn reitest, obwohl er inzwischen in deinen Besitz übergegangen ist. Jedenfalls werde ich mich dafür in meiner Zeitung einsetzen. Wirst du ihn dann laufen lassen?“
„Habe ich nun noch die Wahl? Scheich Abu wünschte, daß er an dem Rennen um den Internationalen Pokal teilnimmt. Also muß ich mich fügen, ohne Rücksicht auf meine Gefühle. Es ist das wenigste, was ich im Andenken an meinen großen alten Freund tun kann.“
Aufruhr um Blitz
Am frühen Nachmittag des nächsten Tages saß Alec in seinem Zimmer am offenen Fenster. Die Szene, die sich draußen auf der sonst so stillen, abgelegenen Vorortstraße abspielte, war völlig verschieden von allem, was er bis jetzt von diesem Platz aus zu sehen gewohnt war. Denn den ganzen Maschendrahtzaun entlang auf der Straße und bis in den Seitenweg hinein hatten sich Hunderte von Menschen angesammelt, die darauf warteten, Blitz zu sehen. Vom frühen Morgen an waren sie herbeigeströmt, und Alec hatte immer jeweils zwei Personen zum Stall geführt und ihnen gestattet, einen Blick auf Blitz zu werfen. Jetzt, während er sich ausruhte, stand sein Vater neben dem verschlossenen Tor und erklärte der Menge, daß Blitz zu erregbar wäre, um aufs Feld hinausgelassen zu werden, damit alle ihn sehen könnten, und daß Alec vorerst zu müde
Weitere Kostenlose Bücher