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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Raums schienen ihn einzukesseln, und die Luft erschien ihm
stickig.
Er setzte sich auf einen Stuhl und versuchte, sich zu beruhigen.
In Gedanken ging er noch einmal seine Taten durch, dachte
zuerst an Shawnelle Davis, dann an Joyce Cottrell. Er war
vorsichtig gewesen, so vorsichtig wie nur möglich. Aber wenn
man nun Fingerabdrücke von ihm gefunden hatte?
Er war sehr behutsam in Cottrells Haus vorgegangen und
hatte nichts angefaßt. Oder etwa doch? O Gott, er konnte sich
nicht mehr erinnern – aber er mußte sich erinnern!
Seine Haut begann zu jucken, und er konnte nicht mehr
sitzen. Er ging wieder zum Fenster und schaute hinaus.
Auf der Straßenseite gegenüber stand ein Mann! Ein Mann,
der ihn ansah! Der ihn anstarrte, als würde er ihn kennen!
Als der Fremde über die Straße auf sein Haus zuging, trat er
vom Fenster zurück.
Die Schlinge, die er beim Anruf seiner Mutter um seine
Brust gespürt hatte, zog sich noch enger zu. Ströme kalten
Schweißes rannen ihm den Rücken hinunter, tropften ihm aus
den Achselhöhlen.
Die Übelkeit im Magen war wieder da, seine Eingeweide
schmerzten, und er spürte, daß er Durchfall bekam. Er
krümmte sich und lief ins Badezimmer, als es an der Tür
klopfte. Er erstarrte.
Bilder blitzten in ihm auf, Szenen, die er im Fernsehen
gesehen hatte.
Würden sie die Tür eintreten?
Würden sie ihn durch die Tür erschießen?
Als er sich vorstellte, wie eine Kugel aus einer 45er die Tür
durchschlug, in sein Fleisch eindrang und seine Gedärme zerriß, gab er ein ersticktes Wimmern von sich. Beim Gedanken
an die Schmerzen begann er zu wanken und taumelte zur Tür.
Besser, er öffnete sie freiwillig, bevor sie sie eintraten.
Er machte die Tür auf und sah dem Mann ins Gesicht, der
ihn vor kurzem noch von der Straße aus angesehen hatte. Ein
freundliches Gesicht mit ebenmäßigen Zügen.
Nicht das Gesicht eines Bullen.
Er öffnete die Lippen, wollte etwas sagen, doch er brachte
nichts heraus.
Der Fremde blickte ihn an; seine Augen bohrten sich in ihn,
und plötzlich hatte er das Gefühl, ihn von irgendwoher zu
kennen, ihn irgendwo schon einmal gesehen zu haben… Die
Augenblicke schlichen in tödlicher Stille vorüber, während der
Schlächter den Fremden ansah, der vor seiner Tür stand. Dann
wußte er Bescheid. Es war der Mann von Anne Jeffers! Er
hatte ihn vorgestern gesehen, als er Joyce Cottrells Haus
auskundschaftet hatte. Aber Jeffers hatte ihn nicht gesehen – da
war er sich ganz sicher!
Dann veränderte sich etwas im Gesicht von Jeffers, und der
Mann keuchte, als er plötzlich die Augen, in die er schaute,
wiedererkannte.
Es waren die Augen seines Bruders!
Aber das war völlig verrückt – Jeffers sah überhaupt nicht
wie sein Bruder aus! Ganz davon abgesehen, war der ja tot!
Dann begann Glen Jeffers zu sprechen, und die Angst des
Mannes erreichte ihren Höhepunkt. »Hallo, kleiner Mann«,
hörte er die Stimme seines Bruders sagen, und er redete ihn so
an, wie er es sein ganzes Leben lang gehaßt hatte. »Du bist
böse gewesen, kleiner Mann, und ich bin gekommen, um dich
zu bestrafen.«
Sein Verstand ließ ihn im Stich, dann brach er völlig
zusammen. Das war doch unmöglich! Dieser Mann konnte auf
gar keinen Fall sein Bruder sein – er hatte nicht dasselbe Alter,
nicht dasselbe Gesicht, nicht dieselbe Größe.
Aber es war sein Bruder!
Es war die Stimme seines Bruders und es waren seine
Augen, die soviel Kälte ausstrahlten.
Und die Worte waren ebenfalls seine.
Rory Kraven duckte sich vor Angst, nahm Reißaus vor seinem älteren Bruder, der gar nicht hier sein durfte.
Richard Kraven – der Experimentator – betrat die schäbige
Wohnung seines kleinen Bruders und schloß die Tür hinter
sich.
46. Kapitel
    Edna Kraven hatte das Telefon zwanzigmal klingeln lassen,
bevor sie endlich auflegte. Wenn Rory wieder mal schlechte
Laune hatte, nahm er so lange nicht den Hörer ab, bis ihm klar
wurde, daß sie nicht aufgeben würde. Aber das war jetzt schon
das fünfte Mal gewesen, daß sie bei ihm angerufen hatte, und
allmählich begann sie sich Sorgen zu machen. Schließlich hatte
er ihr beim letzten Gespräch ja gesagt, daß er krank sei.
Allerdings hatte er gar nicht so schlecht geklungen, doch das
wollte nichts heißen, denn schließlich war Rory – ganz im
Gegensatz zu Richard – schon als Kind ein Simulant gewesen.
Dennoch hielt sie es für möglich, daß sich sein Zustand
inzwischen verschlimmert hatte.
    Entweder war das der

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