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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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aufgeregt sind. Und ich kann
Ihnen auch nicht sagen, daß es keinen Grund dafür gibt. Aber
Sie sollten trotzdem etwas essen, wie ich auch, und dabei können wir uns dann unterhalten.«
    Daraufhin war sie ihm vom Campingplatz die Straße hinauf
bis zu dem Wasserfall nachgefahren. Doch dann hatte sie
keinen Bissen hinuntergebracht, und inzwischen war ihr auch
jegliche Lust auf das Essen vergangen. Mißmutig schob sie den
Teller weg. »Edna Kraven«, seufzte sie. Das Bild einer
korpulenten Frau, deren Haar so aussah, als hätte sie es mit
Schuhcreme gefärbt und die immer etwas trug, das ihr nicht
ganz paßte, tauchte vor ihr auf. Und damit auch die unerfreuliche Erinnerung an die Feindseligkeit dieser Frau ihr
gegenüber. Bei keinem einzigen Interview hatte sie zumindest
einräumen wollen, daß ihr ältester Sohn ein Serienmörder
gewesen sein könnte. Edna hatte sich bis zu ihrem letzten
Atemzug ihren Glauben an Richard Kravens Unschuld bewahrt
– so wie sie umgekehrt auch nie einen Hehl aus ihrer
Geringschätzung gegenüber ihrem jüngsten Sohn gemacht
hatte.
    Noch jetzt, während Anne zusammen mit Mark Blakemoore
im Speiseraum des Salish Lodge saß, erinnerte sie sich an
Ednas höhnisches Gelächter, als sie gehört hatte, Rory Kraven
habe sowohl Shawnelle Davis als auch Joyce Cottrell auf dem
Gewissen. »Das ist absolut lächerlich. Rory brachte es nicht
einmal fertig, mit einer Frau zu reden, geschweige denn eine
umzubringen. Mein Richard dagegen, der war ein Frauenheld,
auch wenn ihm natürlich keine recht war. Aber Rory? Da muß
ich lachen. Ich war zwar seine Mutter, aber offen gesagt: Rory
war ein Nichts. Wenn eine der beiden Frauen ihn auch nur
angehustet hätte, wäre er sofort abgehauen.«
    Sie hatte noch eine ganze Menge mehr erzählt, aber Anne
hatte innerlich abgeschaltet. Nicht nur, weil sie das meiste
ohnehin schon dutzendfach gehört hatte, sondern weil sie im
Laufe der Zeit einfach müde geworden war, Edna Kravens
Sicht der Dinge erklärt zu bekommen. Anne glaubte fest daran,
daß die meisten Probleme ihrer Söhne durch ihren Einfluß
entstanden waren. Und hätte sie es nicht besser gewußt, beide
Söhne Ednas hätten in ihrer eigenen Liste der Mordverdächtigen ganz weit oben gestanden. Aber jetzt, wo beide
Söhne tot waren… »Mein Gott!« sie atmete tief, als ihr eine
Idee kam. »Mark! Wenn sie nun gewußt hat, wer Rorys Mörder
war!«
    »Ich schätze, kurz vor ihrem Ende hat sie es ganz bestimmt
gewußt«, entgegnete Mark trocken.
Anne sah ihn groß an. »Sehr witzig.«
»Polizistenhumor«, antwortete Blakemoor. »Der ist notgedrungen immer schwarz. Hängt wohl mit dem Beruf zusammen.« Auch er schob jetzt seinen Teller beiseite. Während der
letzten Stunde hatte er zu analysieren versucht, was in ihm
vorgegangen war, als er zum ersten Mal den Brief gelesen hatte, der heute bei Anne eingegangen war. Eigentlich hätte es
ihm spielend leicht fallen müssen, ihn mit dem Abstand zu
betrachten, der ihm im Laufe der langen Jahre in der Mordkommission zur Routine geworden war. Er hätte den Brief als
schlichtes Beweisstück, als den Teil eines Puzzles, einordnen
müssen.
Statt dessen hatte er ihn wütend gemacht. Am liebsten hätte
er das Schwein, das ihn geschrieben hatte, gepackt, gegen die
nächste Wand geschleudert und ihm die Seele aus dem Leib
geprügelt.
So ist es also um meine Objektivität bestellt, dachte er sarkastisch, während er gegen seine Wut ankämpfte, die beim
Lesen des Briefes in ihm hochstieg. Den ganzen Morgen über
hatte ihn diese Geschichte verfolgt, und mittlerweile war er auf
eine Weise beunruhigt, die weit über die berufliche Fürsorge
für ein mögliches Opfer hinausging. Aber als er wieder zu
reden begann, gab er sich redlich Mühe, seiner Stimme
wenigstens ein kleines bißchen beruflichen Anstrich zu verleihen. »Anne, kennen Sie einen Ort, an dem Sie Ihre Kinder
unterbringen können, bis alles vorbei ist?«
Anne wandte ihren Blick bewußt von ihm ab. Derselbe
Gedanke war ihr auch schon gekommen. Sie hatte sich bereits
vorgenommen, mit Glen darüber zu reden, ob sie nicht vorübergehend ausziehen sollten. Mark Blakemoor hatte Glen
jedoch mit keiner Silbe erwähnt. Und sie war sich auch nicht
ganz sicher, warum. Sie entschied sich dazu, ganz offen danach
zu fragen und fixierte ihr Gegenüber. »Die Kinder und ich…
Und was ist mit Glen?«
Jetzt wich der Polizist ihrem Blick aus, wenn auch nur für
einen Moment. »Was

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